Kinder des Sturms
war einfach nicht möglich, einen Mann, der derart in Sorge um seine schwangere Frau war, anzuraunzen, und so stapfte sie wortlos in die Küche, füllte Eintopf in eine Schale, stellte diese zusammen mit einem Korb mit Brot, einem Teller Butter, einer Flasche Wasser und einem Glas mit Eis auf ein Tablett und trug alles zu Jude an den Tisch.
»Und jetzt wird schön gegessen«, erklärte sie, als sie das Essen abstellte. »Wenn du es nicht tust, macht sich Aidan Sorgen, Shawn ist beleidigt, und ich werde ganz einfach wütend.«
»Aber ich –«
»Meine liebe Jude Frances, ich meine es ernst. Du hast die Verantwortung für meinen Neffen oder meine Nichte, und ich lasse ganz sicher nicht zu, dass du ihn oder sie einfach verhungern lässt.«
»Es ist nur so...« Sie blickte sich um und winkte Darcy näher zu sich heran. »In den letzten Tagen hatte ich diesen schrecklichen Heißhunger. Ich kann nichts dagegen tun, ich kann mich einfach nicht zurückhalten. Ich giere pausenlos nach Eiscreme«, flüsterte sie mit verschämter Stimme. »Schokoladeneis. Ich schwöre dir, ich habe diese Woche mindestens zehn Liter von dem Zeug verschlungen, sodass es in ganz Ardmore sicher nirgendwo mehr etwas davon gibt.«
Prustend fragte Darcy: »Und was soll daran schlimm sein? In deinem Zustand hast du alles Recht der Welt, zu essen, wonach dir der Sinn steht.«
»Es ist so fürchterlich klischeehaft. Ich meine, ich esse dazu keine Gurken oder so, aber trotzdem. Ich komme mir so dämlich vor, dass ich es Aidan einfach nicht erzählen konnte.«
»Wer die Schandtat begeht, muss auch für ihre Folgen gerade stehen.« Darcy schob die Schale dichter an die Schwägerin heran. »Außerdem ist das wohl kaum die rechte Art, dauerhaft ein Baby zu ernähren. Wenn du jetzt brav etwas von Shawns Eintopf löffelst und außerdem noch netterweise den Platz neben dir für den Schuft Magee freihältst, kaufe ich dir morgen eine Riesenpackung Eis.«
Leicht schmollend nahm Jude den Löffel in die Hand. »Schokolade. Und der Schuft kommt gerade durch die Tür.«
»Ach ja?« Aus Stolz und Zorn jedoch drehte sich Darcy nicht sofort um. »Wird auch allerhöchste Zeit. Was macht er gerade?« Lässig nahm sie Judes Wasserflasche und schenkte der Freundin ein.
»Er verschafft sich einen Überblick, so wie Männer es fast immer machen, wenn sie irgendwohin kommen. Ich würde sagen,
dass er nach dir sucht. Ah, jetzt hat er dich gesehen. Gott, wie er dich ansieht. Leidenschaftlich, voller Besitzerstolz und gleichzeitig ein bisschen herablassend. Er hat noch jemanden dabei, einen ziemlich eleganten, städtischen, attraktiven Typen, der gleichermaßen amüsiert wie deplatziert aussieht.«
Geistesabwesend schob sich Jude einen Löffel Eintopf in den Mund. »Sehen aus wie Freunde«, fuhr sie leise fort. »Der Typ legt gerade kumpelhaft eine Hand auf Trevors Schulter und winkt in Richtung Theke. Aber Trev schüttelt den Kopf und nickt hierher zu uns. Sein Freund scheint dich gerade zu erblicken. Jedenfalls zieht er die Brauen plötzlich bis zum Haaransatz hinauf. Es überrascht mich, dass seine Zunge noch nicht den Fußboden berührt.«
Darcy war beeindruckt. »Deine Beobachtungsgabe ist wirklich erstaunlich.«
»Sowohl Psychologen als auch Schriftsteller müssen beobachten können. Und wenn auch nicht als Psychologin, habe ich anscheinend zumindest als Schreiberin ein gewisses Talent. Ich freue mich schon auf die Musik heute Abend«, fuhr sie so laut fort, dass Darcy wusste, sie wollte, dass auch Trevor sie verstand. »Ich bin nur froh, dass ich noch einen Tisch bekommen habe, bevor es so voll wurde.«
»Andernfalls hätten wir dir einfach einen Stuhl hinter die Theke gestellt. Und jetzt iss deinen Eintopf, bevor er völlig kalt wird.«
»Ich habe wirklich keinen – oh, hallo, Trevor.«
Jetzt drehte auch Darcy sich lächelnd um. »Was hast du für ein Glück. Jude hat noch einen Tisch erwischt, den sie sicher gerne mit dir teilt. Es ist heute Abend nämlich voll.« Dann bedachte sie Trevors Begleiter mit demselben netten Lächeln und hatte das Vergnügen, reine männliche Bewunderung in seinem Blick zu sehen. »Auch Ihnen einen guten Abend.«
»Darcy Gallagher, Jude Gallagher, Nigel Kelsey. Ein guter Freund von mir.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
»Trevor hat mir gar nicht erzählt, dass ich hier geradezu mit schönen Frauen bombardiert würde.« Er hob erst Judes und dann Darcys Hand an seine Lippen.
»Trevor, dein Freund ist ja ein
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