Kinder des Sturms
richtiger Charmeur. Nehmt Platz und sagt mir, was ihr trinken möchtet. Ich muss noch eine überfällige Bestellung von der Bar abholen.«
»Ich hätte gerne einen Gin Tonic«, erklärte ihr Nigel.
»Mit Eis und Zitrone?«
»Ja, sehr gern.«
»Und ich nehme ein großes Harp.«
»Kommt sofort. Falls ihr noch Appetit habt – der Eintopf ist besonders zu empfehlen.«
»Selbst wenn man keinen Hunger hat«, murmelte Jude, während Darcy sich durch das Gedränge an die Theke schob.
»Dann sind Sie also die amerikanische Schriftstellerin, die den Besitzer dieses Pubs geheiratet hat.« Nigel setzte sich in seinem schicken schwarzen Sweatshirt, seiner teuren Jacke und der sportlich eleganten Hose auf einen der niedrigen Hocker.
Er sah aus, dachte Jude, wie ein Bohemien auf einer ländlichen Tanzveranstaltung.
»Ich kam aus Amerika hierher und fand heraus, dass ich eine Schrifststellerin bin. Und Sie sind aus England?«, fragte sie wegen seines Akzents.
»London. Ich bin dort geboren und auch aufgewachsen. Trev hatte Recht mit seiner Beschreibung von der Kneipe«, fügte er, während er sich noch einmal umsah, gut gelaunt hinzu. »Wirklich authentisch, wie gemacht als Kulisse für irgendwelche Filme. Nahezu perfekt.«
»Das finden wir auch.«
»Nigel hat es nicht herablassend gemeint.« Trevor schob sich neben Jude auf die schmale Bank. »Er ist einfach ein Ekel.«
»Das war ein Kompliment. Englische Pubs, vor allem in London, sind immer etwas kühler als die, die man in Irland
findet. Und bisher habe ich dort nur selten Bedienungen gesehen, die aussehen wie Filmstars.«
Er drehte sich auf seinem Hocker um und warf erneut einen Blick auf Darcy. »Ich glaube, ich habe mich verliebt.«
»Wirklich ein vollkommenes Ekel. Sie essen ja gar nichts«, wandte sich Trevor an Jude. »Hat das, was Darcy über den Eintopf gesagt hat, vielleicht nicht gestimmt?«
»Doch.« Schuldbewusst tauchte Jude den Löffel in die Suppe. »Er ist wirklich köstlich. Es ist nur so, dass ich einfach keinen Hunger habe. Ich habe erst vorhin... mm.«
»Etwas anderes gegessen?« Als sie errötete, lachte Trevor fröhlich auf. »Meine Schwester hat bei jedem der drei Kinder bereits zum Frühstück bergeweise Feigentörtchen verdrückt.«
»Schokoladeneis, zum Tee. Kiloweise.« Jude blickte vorsichtig in Richtung ihres Mannes. »Ich habe es ihm bisher noch nicht gestanden, und deshalb hat Aidan ständig die Befürchtung, ich könnte verhungern.« Sie legte eine Hand auf ihren Bauch. »Dabei ist das wohl die geringste Gefahr.«
»Hier hätten wir den Gin Tonic und das Harp.« Darcy stellte die beiden Gläser auf den Tisch. »Und, wie steht es mit dem Essen?«
»Wir nehmen den Eintopf«, erklärte Trevor, ehe Nigel selbst etwas bestellen konnte. »Wirst du nachher noch etwas singen?«
»Mal sehen.« Mit einem herausfordernden Zwinkern wandte sie sich ab und schlenderte gelassen zurück an die Bar.
»Vielleicht hätte ich ja zumindest gern mal einen Blick auf die Karte geworfen«, beschwerte sich Nigel.
»Du wirst schön brav dem armen Wesen helfen, mit dem du hier am Tisch sitzt. Wir essen das Gleiche, und auf diese Weise können wir ihr einen Teil von ihrer Portion abnehmen, ohne dass jemand etwas davon merkt.«
»Dafür bin ich Ihnen ewig dankbar«, erklärte Jude mit Inbrunst und schob Trevor schon mal den Brotkorb hin.
Das Essen stand kaum auf ihrem Tisch, als die Musik begann. Zunächst nur eine Fiedel und eine kleine Pfeife an einem der vorderen, dicht besetzten Tische, der mit Gläsern, Aschenbechern und Zigarettenschachteln übersät war.
Die Gespräche der anderen Gäste verstummten zwar nicht, aber sie wurden leiser. Es war Darcy, merkte Trevor, die an dem Tisch bediente und die die leeren Gläser und die vollen Aschenbecher gegen frische tauschte. Ein alter Mann mit einer Quetschkommode klopfte ihr so auf den Hintern, wie ein Erwachsener es für gewöhnlich bei einem Baby tut, ehe er die Finger auf die Tasten legte und die Melodie der anderen beiden aufnahm.
»Das mit der Fiedel ist Brian Fitzgerald«, erklärte Jude ihren beiden Begleitern. »Irgendwie sind wir miteinander verwandt. Auf der Pfeife spielt der junge Connor und auf dem Akkordeon der alte Matt Magee, sicher irgendein Vetter von Ihnen, Trevor. Die junge Frau mit der Gitarre ist Patty Riley, und die andere Frau, die zweite Fiedlerin, kenne ich nicht. Sie ist also ganz sicher nicht von hier.«
Nigel nickte und tauchte seinen Löffel in die Suppe. »Kommen oft
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