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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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hielt an, und die
Herning
rumpelte schneller nach Süden, als es zu erwarten gewesen war. Wenn ihr ein Schiff begegnete, das zwischen England und Irland dahinpflügte, rief Hauau, wie ein Mensch gekleidet, in englischer Sprache hinüber, was er und Niels für die jeweilige Gelegenheit gerade am plausibelsten hielten. Da sie offensichtlich weder auf einer kriegerischen Unternehmung noch Piraten waren, genügte das. Einmal drehten sei bei und warteten, bis es Nacht geworden war, damit sie sich an einem königlichen Schiff vorbeistehlen konnten, das sich Hauau in seiner Seehundform aus der Nähe ansah. Das Schiff hätte sie der Spionage oder des Schmuggelns verdächtigen und anhalten können.
    An einem wolkigen Abend kam Tauno mit einem schönen, großen Lachs zurück. Er schwang sich die Strickleiter empor, die mittschiffs herabbaumelte, und warf den Fisch auf die Planken. »Ho, ho!« bellte der Selkie unter dem dunklen Achterdeck hervor, wo er am Ruder stand. »Willst du mir gleich ein Stück davon abschneiden?«
    Tauno nickte und brachte ihm das Stück. Im trüben Licht einer Laterne, die die zitternde Kompaßnadel beleuchtete, wirkte Hauau weniger menschlich als bei Tage. Er schnappte sich das rohe Fleisch und zerriß es gierig. Die Geschwister machten sich ebenfalls nichts aus gekochten Fischen, und Ingeborg bereitete sie nur für Niels und sich zu. Trotzdem huschte ein Ausdruck des Ekels über Taunos Gesicht, bevor er sich beherrschen konnte.
    Hauau merkte es. »Was hast du?« fragte er.
    Tauno zuckte die Schultern. »Nichts.«
    »Doch, und ich glaube, es hat etwas mit mir zu tun. Sprich es aus. Wir können es uns nicht leisten, Mißfallen an dem anderen aufsprießen zu lassen.«
    »Ich habe keine Klage gegen dich«, antwortete Tauno mürrisch. »Doch wenn du es unbedingt wissen mußt, dann will ich dir sagen, daß wir in Liri manierlichere Eßgewohnheiten haben.«
    Hauau betrachtete ihn einen Augenblick forschend, und offenbar überlegte er sich seine Worte gut.
    »Darüber würdest du dich nicht ärgern, wenn es nicht dem Zweck diente, deine Gedanken von etwas anderem abzulenken, das dich schmerzt. Was ist los, Junge?«
    »Nichts, habe ich dir gesagt!« fauchte Tauno und wandte sich zum Gehen.
    »Warte!« rief der Selkie. Tauno blieb stehen.
    »Ist es das, daß es kein Mädchen für dich gibt, wo doch Niels und ich eines haben?« überlegte Hauau. »Ich glaube, Ingeborg würde dich mit Freude in die Arme schließen, und ich mißgönne dir das Vergnügen bestimmt nicht.«
    »Du glaubst doch nicht, daß
sie ...«
Tauno brach ab. Dieses Mal ging er wirklich.
    Draußen verdichtete sich die Dämmerung. Eine undeutliche Gestalt glitt ein Wanttau herunter und landete mit einem Plumps auf dem Deck. Tauno trat näher. Niels mußte seine Augen anstrengen, um etwas zu sehen, aber der Sohn des Wassermanns erkannte sofort, daß der andere verwirrt war.
    »Was hast du da oben gemacht?« fragte er.
    »Ich ... nun, Eyjan hat doch Wache im Krähennest«, erwiderte Niels mit einer Stimme, die ein klein wenig zitterte. »Wir haben uns miteinander unterhalten, bis sie mir riet, ich solle lieber hinabklettern, solange ich noch sehen könne.«
    Tauno nickte. »Ja, du läßt dir keine Gelegenheit entgehen, in ihrer Gesellschaft zu sein, wie?«
    Er starrte ins Leere. Niels faßte ihn am Handgelenk. »Tauno ... ich bitte dich, hör mich an.«
    Der Prinz von Liri dreht sich zu ihm um. »Nun?« fragte er nach langem Schweigen.
    Niels schluckte. »Du bist hochmütig geworden. Kalt gegen mich – ich glaube, gegen alle, aber besonders gegen mich. Warum? Habe ich dir irgend etwas zuleide getan? Um nichts in der Welt möchte ich das, Tauno.«
    »Wie kommst du zu der Annahme, du könntest mir etwas zuleide tun, Landmann?«
    »Nun, deine Schwester ... deine Schwester und ich ...«
    »Pah! Sie ist ein freies Wesen. Ich bin kein solcher Narr, daß ich sie bevormunden möchte.«
    Niels streckte die Hand durch die Düsternis, die ihn von Tauno trennte. »Ich liebe sie«, bekannte er.
    »Wie kannst du das? Wir sind seelenlos, sie und ich, hast du das vergessen?«
    »Ihr könnt es nicht sein! Sie ist ... so wunderbar, so wunderbar. Ich möchte sie heiraten ... wenn nicht vor den Menschen, dann vor Gott ... sie beschützen, sie verehren, bis der Tod zu mir kommt. Tauno, ich wäre ihr ein guter Mann. Ich würde gut für sie sorgen – und für die Kinder. Mein Anteil an dem Gold – ich weiß, wie ich es fruchtbar machen kann ... Willst du mit ihr

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