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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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bevor es für immer erlischt. Deshalb kann ich glauben, daß es eine Gnade für ihn ist, und auch für mich. Ich werde eins sein mit den Wassern.«
    Ingeborg weinte ganz leise unter den Sternen. Er wagte es nicht, sie zu berühren.
    »Ich bin unfruchtbar«, würgte sie hervor.
    Er nickte. »Ich weiß genau, daß du es nicht bist, die meinen Untergang herbeiführt. Dein eigenes Geschick ...« Er schloß fest den Mund. Nach einem Augenblick setzte er hinzu: »Du wirst müde sein nach allem, was du erlitten hast. Komm, ich bringe dich nach unten, damit du schlafen kannst.«
     
    Es war noch dunkel, als das Stundenglas den Beginn einer neuen Wache anzeigte, aber die Morgendämmerung war nicht mehr fern. Die Mannschaft war übereingekommen, daß des Nachts immer zwei vom Feenvolk Dienst tun sollten, und hatte einen Schichtplan ausgearbeitet. Diesmal übernahm Hauau das Steuer, und Tauno kletterte auf den Mast.
    Eyjan, die frei war, schwang sich geschmeidig durch eine Luke in den Frachtraum, wo die Schlafstellen waren. Für sie kam genug Licht von den Sternbildern, die die Öffnung einrahmte. Wäre der Lukendeckel geschlossen gewesen, hätte sie ihren Weg ertasten oder durch den Orts- und Richtungssinn einer Meerfrau finden können. Niels und Ingeborg schlummerten auf Strohsäcken Seite an Seite, er ausgestreckt, sie wie ein Kind zusammengerollt, einen Arm über die Augen gelegt. Eyjan hockte sich neben dem Jüngling nieder, strich ihm über das Haar und sagte ihm leise ins Ohr: »Komm, Schlafmütze. Jetzt sind wir dran.«
    »Oh ... oh.« Mit einem Ruck war er hellwach. Bevor er laut sprechen konnte, schloß sie seine Lippen mit den ihren.
    »Leise«, warnte sie. »Störe diese arme Frau nicht. Hier, ich führe dich.« Sie nahm seine Hand. Außer sich vor Entzücken, folgte er ihr zur Leiter und auf Deck.
    Im Westen glitzerten die Sterne, aber im Osten hatte sich ein gehörnter Mond erhoben, und der Himmel unter ihm verwandelte sich in Silber. Das Meer schimmerte noch heller. Eyjan stand vor dem schattigen Hintergrund, als glühe eine kalte Lampe in ihr. Der Wind hatte aufgefrischt, er musizierte in der Takelage und blähte das Segel. Die
Herning
krängte ein wenig. Die Wellen rauschten.
    Niels blieb stehen. »Eyjan«, rief er, »du bist zu schön, deine Schönheit verbrennt mich!«
    »Leise, leise.« Sie warf einen schnellen Blick den Mast hinauf.
    »Hier entlang, zum Vorderdeck.« Sie tanzte voraus, er stolperte hinterher.
    Unter dem Vorderdeck lagerte keine Schwärze mehr. Statt dessen hatte sich ein Zwielicht ausgebreitet, in dem er sie deutlich sehen konnte, bis sie ihren Körper an ihn drängte und er im Wirbelsturm ihrer Küsse unterging. In seinem Inneren tönten Trompeten und Trommeln, explodierten Flammen. »Zieh diese dummen Kleider aus«, befahl sie.
    Danach ruhten sie sich für die nächste Umarmung aus. »Ich liebe dich«, flüstere er in ihr duftendes Haar. »Von ganzem Herzen mit meiner Seele liebe ich dich.«
    »Still«, wehrte sie ihn ab. »Du bist ein Mensch – und getauft.« »Das kümmert mich nicht!«
    »Es wird und es muß dich kümmern.« Eyjan stützte sich auf einen Ellenbogen hoch, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Ganz leicht legte sie die freie Hand auf seine Brust. »Du hast eine unsterbliche Seele, auf die du achtgeben mußt. Die Umstände haben uns zu Schiffsgefährten gemacht, aber ich möchte nicht der Anlaß zu deinem Verderben sein, geliebter Freund.«
    In seiner Qual faßte er nach ihrem Busen und stöhnte: »Ich kann nicht von dir lassen. Nie. Und du – du wirst mich doch auch nicht verlassen wollen, nicht wahr? Sag mir, daß du es nicht tun wirst!«
    Sie beruhigte ihn mit Küssen, bis er bereit war, ihr zuzuhören. »Wir wollen uns nicht um das Morgen ängstigen, Niels. Damit verderben wir uns doch nur das Heute, das uns gehört. Reden wir nicht mehr von Liebe.« Sie lachte leise. »Reden wir von guter, ehrlicher Lust. Du bist ein sehr erregender Bursche, wußtest du das?«
    »Aber du
bedeutest
mir etwas ...«
    »Und du mir. Wir können vieles miteinander teilen, Arbeit, Gespräche, Lieder, einen Blick über See und Himmel ... wir können gute Kameraden sein ...« Wieder lachte sie, tief in der Kehle. »Doch in dieser Stunde haben wir anderes zu tun, und ich spüre, daß du ... wie wundervoll.«
    Oben im Krähennest hörte Tauno die Geräusche, die sie verursachten. Sein Mund wurde schmal. Immer wieder und wieder schlug er mit der Faust in die Handfläche.
     
    Das gute Wetter

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