Kinder des Wassermanns
inspirierten Bogomils ...«
»Genug!« Iwan riß sich los. »Ich habe Vater Tomislav aus guten Gründen gebeten, herzukommen und sich diese Wesen anzusehen. Muß ich sie Euch wiederholen? Ich kenne ihn von altersher als einen Mann, der auf seine Art weise ist. Auch ist er kein Ignoramus, er hat in Zadar studiert und später dem dortigen Bischof gedient. Was nun Teufelswerk und Hexenkunst betrifft, so lebt er unter Menschen, die darüber mehr wissen als wir. Er selbst wurde davon berührt, als ...«
Hier nahm Tomislavs Gesicht einen Ausdruck an, der den Krieger seine Rede abbrechen und lahm mit den Worten beenden ließ: »Habt Ihr denn etwas entdeckt?«
Der bäuerliche Priester stand einen Augenblick schweigend da und kämpfte seine Gefühle nieder, bevor er antwortete. Dann sprach er langsam und ruhig. »Es mag sein. Als Petar feststellte, daß ihr Anführer ein bißchen Latein spricht, hat er ihn völlig falsch behandelt. Der Mann ist stolz, er leidet an seinen Wunden, er ist krank aus Angst um sein Volk. Fährt man ihn an wie einen Sklaven, beschimpft man ihn wegen ihres Verhaltens, das keinem Schaden tut außer vielleicht ihnen selbst ... was meint Ihr, wie er darauf antworten wird? Selbstverständlich hat er Petar den Rücken gekehrt. Besser habt Ihr uns vertreten, Zhupan, als Ihr Euren Feldscher zu ihnen schicktet, damit er ihre Wunden behandle.«
»Doch dann habt Ihr freundlich mit dem Häuptling gesprochen«, fiel Iwan ein. »Was hat er Euch erzählt?«
»Bisher noch wenig. Ich bin jedoch überzeugt, das deutet nicht auf einen Mangel an Bereitwilligkeit hin. Sein Latein ist dürftig und hat einen schauderhaften Akzent.« Tomislav lachte vor sich hin. »Ich gestehe, mein eigenes hat Rost angesetzt, was die Sache nicht gerade förderte. Außerdem ist der eine für den anderen ein völlig fremdes Wesen. Wieviel kann da in ein paar Stunden erklärt werden?
Er teilte mir mit, sie seien nicht als Feinde, sondern auf der Suche nach einer neuen Heimat hergekommen, die sie unter dem Wasser finden wollen.«
Diese Nachricht rief weniger Überraschung hervor, als man hätte meinen können, denn das Aussehen des Seevolks hatte sofort zu Spekulationen geführt. »Sie wurden aus ihrem Wohnsitz im fernen Norden vertrieben. Ich konnte nicht erfahren, wie oder warum. Er gibt zu, daß sie keine Christen sind, doch was sie statt dessen sind, ist für mich immer noch ein Geheimnis. Er versprach, wenn wir sie gehen ließen, würden sie das Wasser aufsuchen und niemals zurückkehren.«
»Lügen sind billig«, bemerkte Petar.
»Glaubt Ihr, er hat die Wahrheit gesprochen?« fragte Iwan. Tomislav nickte. »Das glaube ich. Natürlich kann ich es nicht auf meinen Eid nehmen.« -
»Habt Ihr irgendeine Vorstellung von ihrer Natur?«
Tomislav bedachte den Himmel draußen mit einem Stirnrunzeln. »Hm-m-m ... vielleicht eine oder zwei Ahnungen. Sie stützen sich auf gewisse Dinge, die meine Herde weiß oder glaubt, auf das, was ich gelesen oder anderswo gehört habe, und auf meine eigene ... meine eigene Erfahrung. Höchstwahrscheinlich irre ich mich.«
»Gehören sie der sterblichen Welt an?«
»Sie können getötet werden, ebenso wie wir.«
»Danach habe ich nicht gefragt, Tomislav.«
Der Priester seufzte. »Ich vermute, daß sie nicht aus Adams Samen stammen.« Hastig setzte er hinzu: »Das bedeutet nicht, sie seien böse. Denkt an die Leschi, Domovoi, Poleviki und ähnliche harmlose Geister – nun, manchmal sind sie ein bißchen boshaft, aber manchmal erweisen sie sich armen Menschen auch als gute Freunde ...«
»Doch andererseits«, sagte Petar, »denkt an die Viljai.«
»Seid ruhig!« rief Iwan in aufflammendem Zorn. »Ich will Euer Unheilkrächzen nicht mehr hören, verstanden? Ich kann auch den Bischof bitten, mir einen anderen Beichtvater zu schicken.«
Er wandte sich wieder Tomislav zu. »Es tut mir leid, alter Freund.«
»Ich ... bin nicht ... so zart besaitet«, brachte der Priester aus dem Wald mühsam hervor. »Es scheint zu stimmen, daß sich in den letzten Jahren eine Vilja in meiner Nachbarschaft bemerkbar gemacht hat. Gott verzeihe den Lästermäulern.«
Er straffte die Schultern. »Meiner Meinung nach täten wir am besten daran – sowohl um unseretwillen als auch im Angesicht Gottes – , diese Leute gehenzulassen. Laßt sie zurück ans Meer bringen, unter Bewachung, wenn Ihr wollt, aber schafft sie weg und sagt ihnen Lebewohl.«
»Das wage ich nicht, es sei denn, ich erhalte von einem Höheren den
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