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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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waren frei in Liri. Sollen wir zahme Tiere werden, ganz gleich, wie freundlich unsere Besitzer sind?“
    „Oh, Ihr würdet niemals Leibeigene sein, wenn es das ist, was Euch beunruhigt. Eure Fertigkeiten sind zu wertvoll.“ Tomislav hielt inne. „Doch besser wäre es, Ihr würdet Christen.“ Der Eifer flammte in ihm auf; plötzlich war sein Gesicht nicht mehr unscheinbar. „Vanimen, laßt Euch taufen! Dann gibt Gott Euch eine Seele, die in der Glorie Seiner Gegenwart die Sterne überlebt.“
    Der Wassermann schüttelte den Kopf. „Nein, guter Freund. Im Laufe der Jahrhunderte bin ich dreimal Zeuge geworden, welches Geschick jene von unserm Volk ereilte, die es taten.“
    „Und …?“ fragte der Priester nach einem Augenblick des Schweigens.
    „Ich vermute, sie erhielten, wonach sie verlangten, die Unsterblichkeit im Himmel. Aber hier auf der Erde vergaßen sie das Leben, das sie gelebt hatten. Alles, was ihr Selbst ausmachte, verging – Träume, Freuden, Reisen. Übrig blieben demütige Unterlinge, deren Füße mißgestaltet waren.“ Der Meereskönig seufzte. „Tomislav, so schrecklich ist mir der Gedanke daran, nach dem Tod auf immer ausgelöscht zu werden, nicht. Meine Leute empfinden ebenso.“
    Der Mann stand unverzagt; sein grauer Bart bewegte sich leicht im ersten Wehen eines aufkommenden Windes. „Vanimen“, drängte er, „ich habe über diese Dinge nachgedacht, angestrengt nachgedacht …“ – für einen Augenblick verzerrte sich sein Mund – „… und mich dünkt, daß Gott nichts vergebens geschaffen hat. Nichts, was von Ihm ist, wird vergehen. Ja, das mag Häresie von mir sein. Trotzdem kann ich hoffen, daß Euch am Jüngsten Tag das gegeben wird, was Ihr jetzt verschmäht.“
    „Ihr mögt recht haben oder auch nicht“, entgegnete Vanimen. „Wenn es so ist, schätze ich es trotzdem gering. Ich, der ich Narwale unter dem nördlichen Eis gejagt und Buhlen gehabt habe, die wie Nordlichter waren …“ – seine Stimme wurde leiser – „… ich, der ich mit Agnete gelebt habe …“ Er zog seine Hand weg. „Nein, das alles werde ich nicht für Eure blasse Ewigkeit eintauschen.“
    „Aber Ihr versteht nicht“, entgegnete Vater Tomislav. „Oh, ich habe Legenden gelesen; ich weiß, was normalerweise geschieht, wenn Feenvolk in die Christenheit aufgenommen wird. Aber das braucht nicht jedes Mal so zu sein. Ich glaube, es ist einfach zu ihrem eigenen Schutz. Doch die Chroniken berichten von einigen Halbweit-Wesen, die getauft wurden und dennoch alle ihre Erinnerungen behielten.“ Er warf seine Arme um den Wassermann. „Ich werde um ein Zeichen beten, daß Euch diese Gnade gewährt wird.“

 
4
     
    Johan Kvag, Bischof von Roskilde, hatte oft in Kopenhagen zu tun, denn er war Lehnsherr der Stadt. In einem Privatzimmer des Hauses, das er dort hielt, saß er lange schweigend auf seinem Sitz, der die geschnitzten Bilder der Apostel trug, und betrachtete den jungen Mann auf einem einfachen Stuhl vor ihm. Seine gewöhnliche Kleidung und sein jütländischer Dialekt stimmten schlecht mit dem Gold, der Mutter Kirche gestiftet, überein, das den Haushofmeister des Bischofs bewogen hatte, diese Audienz zu arrangieren.
    „Ihr habt mir weniger erzählt, als Ihr könntet, mein Sohn“, sagte er schließlich.
    Niels Jonsen nickte. Auch seine Selbstbeherrschung war in Anbetracht seines Alters und Standes bemerkenswert. „Aye, Herr“, räumte er ein. „Es hätten bestimmte Personen darunter zu leiden, wenn die ganze Geschichte herauskäme. Doch ich schwöre bei Gott, daß ich Euch keine Lüge gesagt und den Schatz nicht auf unrechtmäßige Weise erworben habe.“
    „Und jetzt wollt Ihr ihn mit meinem Bistum teilen. Wenn Eure Berechnung seines Wertes richtig ist, wäre das eine Gabe, wie sie kaum ein Kaiser machen könnte.“
    „Ich würde die Verteilung Euch überlassen und auf Eure Gerechtigkeit vertrauen.“
    „Ihr habt kaum eine andere Wahl“, stellte der Bischof trocken fest. „Ohne Protektion werdet Ihr nicht am Leben bleiben und erst recht nicht reich werden.“
    „Das weiß ich wohl, hochwürdige Exzellenz.“
    Johan stützte das Kinn auf die Hand. „Und doch feilscht Ihr“, murmelte er. „Ihr vergeßt, welche Gefahr für Eure Seele in weltlichem Reichtum liegt.“
    „Mein Priester kann mich davor bewahren, wie ich hoffe“, antwortete Niels.
    „Ihr seid etwas dreist, wie?“
    „Es war nicht meine Absicht, es an Ehrerbietung fehlen zu lassen, Herr. Aber auch wenn ich sonst

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