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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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winkte nach neuem Wein, saß wieder stumm da, bevor er fortfuhr: „Auch ich erinnere mich noch gut an Nada. Als Zhupan reise ich viel herum im Hinterland, um mich auf dem laufenden zu halten, was die Knezi – Richter über Dörfer – und Pastoren und dergleichen Personen tun. Außerdem brachte Tomislav seine Familie hierher, wann immer er konnte, zum Beispiel an Markttagen. Wir haben keinen richtigen Marktplatz, aber die Leute treffen sich und treiben Handel miteinander. Ich glaube, teils hoffte er, die Ruhelosigkeit seiner älteren Kinder werde dadurch geringer werden.
    Oh, Nada wurde schön! Ich hörte auch, daß sie von schnellem Verstand war und ein weicheres Herz hatte, sogar gegenüber Tieren, als für einen Bauern gut ist. Gewiß habe ich sie gesehen, wenn sie lachte und übermütig war. Aber schon damals, und so selten wir uns begegneten, sah ich sie auch in sich zurückgezogen, schweigend, traurig, und das aus keiner erkenntlichen Ursache.
    Ich vermute, das ist der Grund, warum sie keine Bewerber hatte, so gern die jungen Männer auch mit ihr tanzten und scherzten, wenn sie guter Stimmung war. Außerdem wäre ihre Mitgift sehr klein ausgefallen. Und sie war überschlank; wie konnte sie ein Kind nach dem anderen austragen, um einen Haushalt am Leben zu erhalten? Die Väter von heiratsfähigen Söhnen müssen über diese Dinge nachgedacht haben.“
    Iwan schluckte, setzte seinen Kelch ab, starrte auf einen geschlossenen Fensterladen, als könne er hindurchsehen und sich im Regen verlieren. „Nun kommt der Teil“, sagte er, „den zu erzählen mir schwer wird. Ich will es schnell abmachen.
    Sie war aufgeblüht, als Mihajlo, mein älterer Sohn, zu Besuch kam und sie hier in Skradin sah. Sofort begann er, ihr den Hof zu machen. Er ritt durch die Wälder zu ihrer Zadruga, und wie konnte Tomislav ihm die Gastfreundschaft verweigern? Mihajlo sorgte dafür, daß sie zu dieser oder jener Festlichkeit nach Skradin kam – oh, es ging alles nach Anstand und Sitte, aber er begehrte sie und wollte sie haben.
    Mihajlo war … ist … ein bezaubernder Bursche. Nadas zwei Brüder und eine Schwester waren aus dem Nest geflogen, und zweifellos hatte sie selbst auch etwas von einer größeren Welt da draußen gehört, einer Welt, die ihr vielleicht nicht nur die Wahl ließ, eine sich zu Tode schuftende Ehefrau oder eine Nonne zu werden … Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß Tomislav, ihr Vater, mich aufsuchte und fragte, ob Mihajlo eine Heirat im Sinn habe.
    Was konnte ich antworten? Ich kannte meinen Jungen. Wenn er heiratete, würde es des Zugewinns wegen sein; inzwischen wollte er seinen Spaß haben, und hinterher auch. Tomislav dankte mir für meine Offenheit und sagte, die beiden dürften sich nicht mehr sehen. Weil ich viel von ihm halte, stimmte ich zu. Mihajlo stritt mit mir herum, doch am Ende gab er mir sein Versprechen. So viel bedeutete sie ihm wieder nicht.“
    „Aber er ihr …“, sagte der Wassermann kaum hörbar. „Und ihr Vater … sie muß auch ihn geliebt haben. Schwermut ergriff sie, als sie auseinandergerissen wurden …“
    „Man fand sie im See treibend“, unterbrach Iwan rauh. „Es scheint, daß sie seitdem dort spukt. Doch ihr habt nichts von ihr zu fürchten, ihr Seevolk. Brauchen wir noch mehr über diese traurige kleine Geschichte zu reden?“ Er hob sein Glas. „Kommt, betrinken wir uns.“
    Tomislav kehrte am Morgen nach Hause zurück. Zuerst suchte er Va-nimen auf, um ihm Lebewohl zu sagen.
    Es war eine Morgendämmerung, die der Regen reingewaschen hatte. Die beiden standen am Rand des Waldes. Der Himmel war weiß im Osten, blau über ihnen, noch dunkel genug im Westen, daß man einen Planeten sehen konnte, der dem untergegangenen Mond nachzog. Die Bäume hatten alle die Farben von Bronze und Messing und Blut angenommen, und die abgefallenen Blätter raschelten unter den Füßen. Stoppelfelder waren von Bodennebel bedeckt. In der Ferne krähten Hähne, das einzige Geräusch in der Kälte.
    Tomislav lehnte seinen Stock gegen einen Baumstamm und ergriff Vanimens rechte Hand mit seinen beiden Händen. „Wir werden uns wiedersehen, oft“, gelobte er.
    „Das würde mich freuen“, antwortete der Wassermann. „Zumindest könnt Ihr Euch darauf verlassen, daß ich nicht aus dieser Gegend davonziehe, ohne Euch besucht zu haben.“
    Der Mann hob die Brauen. „Warum solltet Ihr überhaupt gehen? Hier werdet Ihr geliebt, Ihr und Euer ganzer Stamm.“
    „Wie ein Hund geliebt wird. Wir

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