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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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größte und am weitesten südlich gelegene war Ostri Bygd. Nicht weit davon entfernt lag Mid Bygd. Ein gutes Stück weiter nördlich, ungeachtet ihres Namens, befand sich eine spätere westliche Siedlung, genannt Vestri Bygd. Die Erzählungen von etwas Bedrohlichem bezogen sich auf diese.
    Tauno und Eyjan schwammen darauf zu. Der Sommer neigte sich bereits dem Herbst entgegen.

 
7
     
    Ein Umiak fuhr, das Land an Steuerbord, inmitten eines Schwarms von Kajaks dahin. Die Kinder des Wassermanns tauchten eine halbe Meile davon entfernt auf, leerten ihre Lungen und blieben, wo sie waren, um sich aus dieser sicheren Entfernung die Sache genau anzusehen. Haie, Mörderwale, Stürme, Riffe und Springfluten hatten Schwachherzigkeit aus ihrer Blutlinie ausgemerzt, hatten sie aber auch Vorsicht gelehrt.
    „Nach dem, was die Delphine sagten, ist das … Ding … in dieser Gegend den weißen Menschen feindlich“, erinnerte Tauno. „Wenn es also nicht einfach daran liegt, daß sich unsere Leute gegen irgendeinen Angriff zu verteidigen hatten, muß es das Werk der Inuit sein. Ich möchte nicht gern eine Harpune in den Körper bekommen, weil man mich für einen weißen Mann hält.“
    „Ach, Unsinn!“ antwortete Eyjan. „Ich habe nie ein freundlicheres Volk gesehen als das, bei dem wir zu Gast waren.“
    „Ein anderes Volk dieser Rasse, meine Schwester. Und ich habe Geschichten gehört, daß hin und wieder ein Mord geschieht.“
    „Aber auf jeden Fall werden sie doch merken, daß wir keine Landbewohner sind. Mit einem Angriff brauchen wir nicht zu rechnen; geben wir lieber acht, daß wir sie nicht verscheuchen. Wir wollen langsam auf sie zuschwimmen und dabei unsere fröhlichsten Gesichter zeigen.“
    „Und uns zum Tauchen bereithalten. Also los.“
    Luftatmend schlugen sie einen Weg ein, auf dem sie den Konvoi abfangen konnten. Sie fühlten die Kälte des Wassers, aber nicht als Ziehen und Beißen, wie Sterbliche sie empfunden hätten. Für sie glitt das Wasser liebkosend über jeden Muskel, schürte die Wärme in ihren Körpern an, schmeckte nicht nur nach Salz, sondern auch nach zahllosen unstofflichen Dingen, nach Leben und Tiefen und Entfernungen. Die kabbeligen Wellen schaukelten sie – Weißmützen in tausend Schattierungen von Blau-Schwarz und darüber ein Schimmer von Grün. Das Meer rauschte und gurgelte; weit weg an der Küste donnerte es. Unter einem silbergrauen Himmel trieb ein Westwind Wolken wie Rauch vor sich her. Möwen füllten die Lüfte mit Schwingen und Schreien. Zur Rechten erhob sich das Land steil mit dunkelnden Klippen, dazwischen waren in geschützten Tälern herbstgelbe Felder zu sehen. Auf Berggipfeln lag Schnee, und dahinter breitete sich ein eintöniges Glänzen aus, das von Inland-Eis sprach.
    Die Geschwister richteten ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Boote. Die Leute, die darin saßen, mußten auf der Jagd gewesen und nun nach Hause unterwegs sein; kein Inuit wohnte so weit südlich wie die Norweger. Der Umiak war ein großes Kanu, Leder über einem Rahmen aus Walknochen und Treibholz, von zwanzig Frauen gepaddelt. Zwanzig Kajaks begleiteten ihn, in jedem ein Mann. Die ganze Schar war lustig; ihre Rufe und ihr Gelächter übertönten das Schreien der Möwen und das Klatschen der Wellen. Tauno und Eyjan sahen, wie ein junger Bursche längsseits des großen Bootes ging und mit einer Frau sprach. Sie mußte seine Mutter sein, die ihr jüngstes Kind nährte, denn sie ließ das Paddel los, hob ihre Jacke und ließ ihn schnell einmal an ihrer Brust trinken.
    Ein anderer Mann entdeckte die Schwimmer. Geschrei erhob sich. Wie Schwertklingen sausten die Kajaks auf sie zu.
    „Bleib hinter mir, Eyjan“, sagte Tauno. „Halte deinen Speer unter der Oberfläche, bereit, ihn zu benützen.“ Er selbst trat Wasser und hob wiederholt die Hände, um zu zeigen, daß sie leer waren. Seine Sehnen spannten sich.
    Das Wasser schäumte, als der erste Kajak vor ihm anhielt. Der Mann darin hätte beinahe selbst ein Wassermann sein können oder vielmehr ein See-Zentaur, so sehr gehörten er und sein Fahrzeug zusammen. Die Haut, die es bedeckte, lag um seine mit Seehundfell bekleidete Mitte; er konnte mit dem Boot umschlagen, sich wieder aufrichten und dabei keinen Tropfen Wasser in die Stiefel bekommen. Ein Paddel schickte ihn über die Wellen wie einen dahingleitenden Kormoran. Eine Harpune lag griffbereit vor ihm; die luftgefüllte Blase tanzte.
    Mehrere Herzschläge lang betrachteten er und die

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