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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Wenn dem so war, würde Bengtas Vater es bestimmt wissen, denn er sei der mächtigste Mann in der Siedlung.
    Tauno und Eyjan konnte der Ausdruck des Entsetzens nicht entgehen, mit dem der Name Haakon Arnorssohn ausgesprochen wurde. Seine eigene Tochter zuckte zusammen, und ihre Stimme wurde hart.
    Wie dem auch sein mochte … „Nun, wir müssen ihn aufsuchen“, murmelte Eyjan. „Sollen wir ihm eine Botschaft von dir überbringen, Bengta?“
    Die junge Frau verlor ihre Selbstbeherrschung. Tränen stürzten aus ihren Augen. „Bringt ihm meinen Fluch!“ schrie sie. „Sagt ihm … sagt ihnen allen … sie sollen das Land verlassen … bevor der Tupilak sie vernichtet … den unser Angakok gegen sie gesandi hm … wegen seiner Missetaten!“
    Minik umklammerte seine Harpune. Panigpak verkroch sich tiefer in seine Pelze, als wolle er sich verstecken. Frauen und Kajaks wichen vor den beiden im Bug zurück. Kinder schienen das Unbehagen zu spüren und begannen zu schreien. „Ich glaube, am besten verschwinden wir hier“, sagte Tauno aus einem Mundwinkel. Eyjan nickte. In Zwil-lingsbögen sprangen die Kinder des Wassermanns aus dem Umiak und verschwanden im ruhelosen, bitteren Wasser.

 
8
     
    In dem Gespräch war ihnen mitgeteilt worden, wo Haakons Hof an der großen Bucht, die Vestri Bygd Schutz bot, lag. Der kurze, graue Tag war in Dämmerung übergegangen, als die Halbblutkinder ihn fanden. Im Schatten verborgen legten sie die Kleider an, die sie eingerollt auf dem Rücken mit sich getragen hatten. Die Hemden konnten kaum darüber hinwegtäuschen, was sie waren. Statt aus Tuch, das durch Feuchtigkeit schnell verrottet wäre, bestanden sie aus regenbogenfar-bener dreifacher Fischhaut und stammten noch aus Liri. Wenn auch kurz, würden sie in den Augen von Christen nicht so anstößig sein wie Nacktheit. Aus den wasserfesten Umhüllungen nahmen die Geschwister Stahlmesser. Doch legten sie ihre rostfreien Waffen aus Stein und Knochen nicht ab; ihre Speere trugen sie in der Hand.
    Danach schritten sie auf die Heimstatt zu. Scharfzähniger Wind heulte, Wellen rieben die Steine am Strand aneinander. Feenaugen erkannten in der Finsternis mehr, als ein Mensch hätte sehen können, aber der Anblick zwischen den buckligen Hügeln war überall trostlos. Die Siedlung war keine Stadt. Ihre Häuser waren über viele Meilen Öde verstreut, denn dieses Land mit seinen kurzen, trüben Sommern war geizig. Da es beim Getreide oft zu Mißernten kam, konnten sich die Bewohner für ihren Lebensunterhalt auf nichts anderes verlassen als auf das Gras, Weide und Heu für ihr Vieh. Die dünnen Stoppeln unter ihren nackten Füßen verrieten den Reisenden, wie dürftig die letzte Ernte gewesen war. Ein Weidezaun aus gebleichten Walrippen umschloß ein Feld, auf dem sich früher eine ansehnliche Zahl von Tieren befunden haben mußte. Nun waren dort nur noch ein paar abgemagerte Schafe und wenige ebenso kläglich aussehende Kühe zu finden. Ein kleiner Meeresarm endete hier, und drei Boote waren an Land gezogen. Sie waren für je sechs Mann, gut gebaut, gut für dieses Land der zahllosen, gewundenen Fjorde geeignet. Aber Tauno sah, wie alt das Holz unter dem stechend riechenden Teer war, der sie schwärzte.
    Schon ragten die Gebäude vor ihnen auf, ein Haus, eine Scheune und zwei Schuppen, die einen schmutzigen Hof umgaben. Sie waren ohne Mörtel aus Steinen errichtet, von Moos bewachsen, mit Grassoden gedeckt, kaum für den ärmsten Fischer in Dänemark geeignet. Aus einem Loch im Dach stieg der Rauch eines Torffeuers empor. Sein Schein stahl sich durch Risse in den alten, verworfenen Fensterläden. Vier Hunde sprangen laut bellend vor der Tür auf. Es waren große Tiere mit Wolfsblut, und in ihrer Magerkeit sahen sie doppelt so furchteinflößend aus. Aber als sie den Geruch der Fremden aufgenommen hatten, zogen sie die Schwänze ein und schlichen beiseite.
    Die Tür öffnete sich. Die Umrisse eines großen Mannes erschienen schwarz zwischen den Pfosten. Er hielt einen Speer in der Hand. Einige andere versammelten sich hinter ihm. „Wer kommt?“ rief er mißtrauisch.
    „Wir sind zwei“, antwortete Tauno aus der Dunkelheit. „Fürchtet euch nicht, wenn wir unheimlich aussehen. Unsere Absichten sind gut.“
    Gemurmel war zu hören, als er und Eyjan in den Feuerschein traten, Flüche, vielleicht ein schnelles Gebet. Der große Mann bekreuzigte sich. „In Jesu Namen, sagt, was ihr seid“, verlangte er, erschrocken, aber

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