Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten
beispielsweise sagen: «Das hätte ich auch sehr gern gehabt, als ich klein war.» So fühlen sich Kinder verstanden und wertgeschätzt. Sie bekommen die Sache an sich vielleicht nicht, aber dafür etwas auf immaterieller Ebene. Das nimmt Druck weg, und man kann darüber ins Gespräch kommen, ob das Stofftier wirklich sein muss oder ob man noch warten kann.
Weniger günstig sind Erklärungen wie, «dafür haben wir kein Geld» oder «das kann ich mir nicht leisten». Unbewusst setzt sich bei Kindern der Gedanke fest, ‹hier herrscht Mangel, wir sind arm dran›. Das verstärkt in aller Regel nur den Zwang zum Konsumieren. Jüngere Kinder können auch noch nicht beurteilen, ob sich dieser Mangel auf alle Lebensbereiche bezieht oder nur auf den finanziellen. Sie denken dann, dass ihre gesamte Lebenssituation gefährdet ist, und bekommen Angst. Besser sind Formulierungen wie «das möchte ich zu diesem Preis nicht kaufen». Dann liegt die Eigenschaft bei dem Gegenstand, nicht bei den Eltern bzw. deren Portemonnaie. Ältere Kinder können sich solche selbstbewussten Formulierungen‹leihen› und sich damit besser in der Peer Group behaupten.
Zu gewissen Dingen wird man auch Ja sagen, selbst wenn sie einem weniger zusagen. Wenn ein Zehnjähriger dringend metallic glänzende Turnschuhe braucht, die alle in seiner Clique haben, kann man erklären: «Mein Geschmack ist das nicht, aber als ich jung war, fanden meine Eltern meine Schuhe auch nicht toll. Das muss jetzt wohl sein. Wie viel kannst du beisteuern?»
Nicht selten steckt hinter einem Wunsch etwas ganz anderes als das, was man auf den ersten Blick meint. Häufig und typisch: Das Kind möchte einen eigenen Fernseher in seinem Zimmer. Spontan ist man versucht zu sagen: «Kommt nicht in Frage!» Doch damit ist die Sache in aller Regel nicht vom Tisch. Vielmehr wird das Kind weiterhin nerven, das Thema Fernsehen wird mehr Bedeutung bekommen, als einem lieb ist, und eines Tages wird man womöglich kapitulieren und ihm das Ding ins Kinderzimmer stellen. Damit das nicht passiert, kann man sagen: «Du möchtest einen eigenen Fernseher? Wie möchtest du ihn finanzieren? Was denkst du, wie sich das auf deine Hobbys auswirkt? Deine Schlafgewohnheiten? Unser Familienleben?» Dann heißt es zuhören. Anschließend kann man die eigenen Bedenken vortragen, über den Etat sprechen, den man für Geschenke vorgesehen hat, und nicht gleich ja oder nein sagen, sondern: «Das Thema ist wichtig, ich muss darüber nachdenken. Wir sprechen wieder darüber.»
Es geht nicht darum, die Sache so lange hinauszuzögern, bis ein Kind entnervt aufgibt, sondern den wahren Motiven auf die Spur zu kommen. Vielleicht möchte das Kind eigentlich nur mehr Unabhängigkeit und Mitspracherecht bei der Auswahl der Fernsehsendungen, und da lassen sich bestimmt Kompromisse finden. Manchmal stellt sich auch heraus, dass ein Kind nur deshalb einen eigenen Fernseher will, weil seine Eltern jeden Abend davor sitzen, statt sich mit ihm zu beschäftigen.
Umgang mit anderen Kindern
37 Wann und wie lernen Kinder, respektvoll miteinander umzugehen?
Aus der Entwicklungspsychologie weiß man, dass es zwei Arten von Empathie gibt: eine emotionale Reaktion auf andere, die sich in den ersten sechs Lebensjahren entwickelt, und eine kooperative Reaktion, die festlegt, bis zu welchem Grad ein Kind den Standpunkt oder die Perspektive von jemand anderem einnehmen kann. Die meisten Kinder sind dazu mit vier, fünf Jahren in der Lage. In diesem Alter beginnen sie zu verstehen, dass es unfair ist, jemanden beispielsweise wegen seines Aussehens zu hänseln. «Weil er ja nichts dafür kann».
Auch wenn Kinder in ihrer Empathiefähigkeit unterschiedlich veranlagt sind, können alle den einfühlsamen und respektvollen Umgang mit anderen lernen – von ihren Eltern. Wenn ein Kind nicht spürt, dass für seine Eltern Respekt gegenüber anderen Menschen selbstverständlich ist, können diese hundertmal mahnen, dass man nicht «Fettsack» sagen darf, es wird das trotzdem immer wieder tun.
Für den respektvollen, freundlichen, toleranten sprachlichen Umgang gibt es ein paar einfache Regeln:
Keine Verallgemeinerungen. «Die» Moslems, «die» Juden, «die» Polen gibt es ebenso wenig wie «die» Homosexuellen, «die» Behinderten oder «die» Männer. Man sollte sich auch nicht anmaßen, über «die» Bescheid zu wissen, nur weil man eine schlechte Erfahrung gemacht hat. Natürlich darf man sich kritisch äußern. Toleranz heißt
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