Kinder
nicht nur ihre Zensuren
verbessert und eine zielgerichtetere Arbeitsweise entwickelt – sondern sie
hatten sich auch biegen und schmieden lassen wie edles Metall, und nun waren
sie in gewisser Hinsicht neue Menschen, neu geformt von Franz und Rosemarie Moeller.
Sie hatten in den vergangenen Wochen immer wieder kleine Experimente
gestartet und die Schüler insgeheim getestet – die meisten von ihnen waren sehr
bereitwillig und in dieser Hinsicht schon viel weiter als für diesen Zeitpunkt
erhofft. Und das gedachten sie der ganzen Schule eindrücklich vorzuführen.
Franz Moeller nahm noch einmal den Schuljahreskalender zur Hand: Es
war nicht mehr allzu lange hin bis zum Sommerfest des Gymnasiums. Einen
besseren Rahmen konnte es für die Demonstration gar nicht geben.
Als es an der Tür klingelte, saßen Rainer und Annette
Pietsch gerade neben Sarahs Bett. Sie hatten ihr Kekse und Kakao gebracht, wie
sie es als kleines Mädchen gemocht hatte – und hofften, ihr damit ein Stück
Geborgenheit zu vermitteln. Ohnehin liefen sie seit Sarahs Rückkehr aus dem
Krankenhaus wie auf rohen Eiern durchs Haus, um für ihre Tochter die Tage nach
dem Überfall möglichst ruhig und erholsam zu gestalten.
Rainer Pietsch ging nach unten, vor der Tür stand einer der beiden
Kripobeamten, die ihn nach der versuchten Vergewaltigung befragt hatten.
»Herr Kersting, richtig?«, fragte er und bat den Mann herein.
»Ja, ich bin Roland Kersting, der Kollege arbeitet schon wieder an
einem anderen Fall. Haben Sie einen Moment?«
Die beiden setzten sich im Esszimmer an den Tisch. Lukas kam die
Treppe herunter, holte sich aus der Küche etwas zu trinken und sah neugierig zu
dem fremden Mann hinüber.
Kersting nickte ihm freundlich zu, wartete aber mit seiner ersten
Frage, bis der Junge wieder nach oben gegangen und die Tür seines Zimmers ins
Schloss gefallen war.
»Hat der Arzt Ihnen schon die Laborergebnisse mitgeteilt?«
»Nein, bisher noch nicht. Ist denn schon alles ausgewertet?«
»Ja, inzwischen schon. Was wissen Sie denn bisher?«
Rainer Pietsch wunderte sich ein wenig über die Frage, aber dann gab
er eine kurze Zusammenfassung.
»Gilt das alles noch?«, fragte er dann.
»Ja, Sarah wurde nicht vergewaltigt. Sie hat sich nichts gebrochen
und auch sonst keine bleibenden Schäden davongetragen – keine körperlichen
Schäden, meine ich natürlich.«
Er musterte Rainer Pietsch kurz.
»Wie geht es Ihrer Tochter inzwischen?«
»Körperlich gut, aber sie ist immer noch völlig fertig und starrt
unentwegt an die Decke.«
Kersting nickte und sah Rainer Pietsch nachdenklich an.
»Ist Ihre Frau auch da?«
»Ja, oben bei Sarah.«
»Könnten Sie sie vielleicht kurz zu uns herunterbitten? Ich würde es
vorziehen, Ihnen beiden die Laborergebnisse gemeinsam zu erläutern.«
Rainer Pietsch stutzte, dann ging er nach oben und kehrte gleich
darauf mit seiner Frau wieder zurück. Kersting stand auf, begrüßte sie höflich.
»Ich wollte Ihnen beiden von den Laborergebnissen berichten. Sie
bekommen das alles noch schriftlich, aber so geht es erst einmal schneller.«
Als alle wieder saßen, sahen Rainer und Annette Pietsch den
Kripobeamten gespannt an.
»Nun, wie Sie schon wissen: Sarah wurde nicht vergewaltigt. Sie
hatte offenbar auch … äh … sonst noch keinen Geschlechtsverkehr«
Rainer Pietsch hob die Augenbrauen. »Geschlechtsverkehr« – wie das
im Zusammenhang mit seiner Tochter für ihn klang … Er hatte bereits
mitbekommen, dass Sarah kein kleines Mädchen mehr war, aber als Vater sträubte
er sich dennoch, sie schon als Frau zu sehen – mit allem, was dazugehörte.
»Herr Kersting, wir wissen ja bereits, dass Sarah nicht vergewaltigt
wurde, und darüber sind wir natürlich froh. Aber was hat sich nun im Labor
darüber hinaus ergeben?«, fragte er schließlich, schon ein wenig gereizt. »Sie
wollten uns beiden doch noch etwas Wichtiges mitteilen, oder habe ich mich da
verhört?«
»Wir haben Genspuren an Sarahs Körper gefunden, auch wenn sie nach
dem Überfall versucht hat, sich mit Spucke und der bloßen Hand überall zu …
na ja: ›reinigen‹. An den Kleidern haben wir DNA isoliert, die wir noch nicht zuordnen können. An den Brüsten, an den
Handgelenken, am Po und zwischen den Beinen haben wir eine andere DNA gefunden, es scheint überall dieselbe zu sein.«
Kersting verstummte und sah Rainer Pietsch lange an.
»Ja? Und was ist nun?«, fragte der und sah den Beamten fragend an.
»Die DNA weist große
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