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Kinderseelen Verstehen

Kinderseelen Verstehen

Titel: Kinderseelen Verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Krenz
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Diese Anspannung und der Anspruch, den er mit der Zeit immer stärker an sich selbst hatte, machte Anton für sein Umfeld »blind«, weil er sich so intensiv auf sich selbst konzentrierte und damit in einer ständigen Überforderungssituation lebte. Seine Wahrnehmung war auf einen Perfektionismus ausgerichtet, wollte er seine Eltern doch nicht immer wieder enttäuschen.
    → Praktische Hinweise
    Anton braucht statt der Maßregelungen Handlungserfolge und Entspannungsmöglichkeiten, um wieder einen Weitblick für sein Umfeld aufzubauen. Auf der einen Seite muss er gute, annehmbare Beziehungserfahrungen erleben, die ihn spüren lassen, dass er so akzeptiert wird, wie er ist, auf der anderen Seite braucht er dringend Erfolgserlebnisse, um sich selbst über bestimmte Erfolge zu freuen und sich selbst zu mögen. Diese Selbstannahme bringt Entspannung in sein Leben, verbunden mit einer neuen Wahrnehmungsoffenheit für seine unmittelbare Umgebung.

Auffälliges Verhalten
    »Am liebsten wäre ich tot« – Die Sehnsucht nach Ruhe
    Alexander, sechs Jahre alt, hat sich im Laufe seiner Entwicklung von einem lebendigen, spielaktiven, kommunikationsfreudigen und aufgeweckten Jungen zu einem unauffälligen und zurückgezogenen Kind entwickelt. Er spielt am liebsten allein in seinem Zimmer und ist dann über viele Stunden den Augen seiner Eltern entschwunden. Während des gemeinsamen Essens beteiligt er sich nicht an den Unterhaltungen, sondern starrt auf seinen Teller und isst die ihm zubereitete und vorgelegte Essensmenge langsam und widerspruchslos. Auf Fragen seiner Eltern, ob und was ihn bedrücke, gibt er keine Antwort, sondern scheint lediglich den Wunsch zu haben, in Ruhe gelassen zu werden. Freunde sind für Alexander auch nicht interessant. So nimmt er weder Einladungen anderer Kinder an, noch lädt er Kinder aus seiner Kindergartengruppe bzw. aus dem Wohnumfeld zu sich nach Hause ein.
    Bei einem Gespräch der Eltern mit seiner Gruppenerzieherin aus dem Kindergarten erfahren diese, dass er dort weder an gemeinsamen Sing- oder Bewegungsspielen Interesse hat, noch sich an vorgegebenen Angeboten beteiligt. »Wenn es nach ihm gehen würde«, so sagt die Erzieherin, »dann bräuchte er weder den Kindergarten noch die Gruppe. Ihm reichen seine Spielzeugautos, die er sich sofort nach seinem Eintreffen zusammensucht, um sich am liebsten für den gesamten Vormittag in seine Lieblingsecke zu verkriechen und irgendwelche Verkehrssituationen zu spielen. So geht das stunden- und tagelang.« Die Eltern schrecken vor allem bei einer Bemerkung der Erzieherin auf. »Neulich«, so berichtet sie, »bin ich zu Alexander hingegangen, habe mich zu ihm auf den Boden gesetzt und gefragt, wie es ihm denn so gehe. Sein Antwort lautete: ›Am liebsten wäre ich tot.‹«
    Das war auch der Grund, eine therapeutische Behandlung des Kindes in die Wege zu leiten, hat die Eltern doch die Angst erfasst, dass ihr Sohn schon in seinen jungen Jahren offensichtlich Suizidgedanken mit sich herumtrage.
    → Der entscheidende Ausschnitt aus dem biografischen Hintergrund
    Alexander ist in einer Familie aufgewachsen, die ihre Aufmerksamkeit neben dem Beruf (der Vater ist Chirurg, die Mutter Anästhesistin) auf ihren Sohn gerichtet hat. Für die Eltern stand fest: »Aus diesem Kind soll auch einmal etwas ganz Vernünftiges werden.« Um dieses Ziel zu erreichen, gab es für die Eltern nur eines: Alexander musste von Anfang an gefördert und »zu einem klugen Kind« erzogen werden. Schon früh spielten die Eltern Lernspiele mit ihm, er begann mit knapp drei Jahren, Geigenunterricht zu nehmen, ein Kindergarten mit besonders vielen »Bildungsangeboten« wurde ausgewählt und vor allem war der häusliche Alltag von Alexander dadurch geprägt, dass die Eltern ständig sehr »vernünftig« mit ihm sprachen. War sein Sprechverhalten nicht völlig korrekt, wurde er postwendend korrigiert, und war er beispielsweise albern (»ganz Kind«), dann hieß es: »Alexander, du bist doch schon groß. Was soll denn dieses kindische Verhalten?«
    Zusammenfassend kann gesagt werden: Alexander steckte in einem Bündel von Erwartungen, möglichst immer vernünftig, klug und weitsichtig zu sein sowie ein leistungsorientiertes, korrektes Verhalten an den Tag zu legen. Alexander merkte schnell, dass sein Verhalten aus Sicht der Erwachsenen unerwünscht war. Er fühlte sich überall kontrolliert und gemaßregelt, sodass er sich mit der Zeit immer stärker aus der Welt zurückgezogen

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