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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Maria ist auf Isolierstation.«
    »Sie – sie ist krank?« schrie Julia auf.
    »Ja.« Wollenreiter wunderte sich über diesen Ausbruch. »Schließlich sind wir ja eine Kinderklinik. Maria hat eine Pneumonie.«
    »Was ist das … wenn ich fragen darf, Herr Doktor?«
    »Eine Lungenentzündung. Nicht schwer, aber bei Säuglingen hat man so etwas nie gern.«
    Julia nickte hilflos. Sie ist krank, Lungenentzündung, sie hat Fieber, wälzt sich in dem Bettchen, und niemand ist da, der bei ihr sitzt, der die Nacht über wacht, nur fremde Menschen, denen es gleichgültig ist, ob sie röchelt oder Durst hat, ob sie Schmerzen empfindet oder stirbt … ein Kind wie hundert in dieser Riesenklinik, ein Fall nur, eine Nummer auf dem Krankenblatt.
    In diesem Augenblick war sie versucht, laut zu schreien: »Ich bin die Mutter! Ich! Ich! Gebt sie mir wieder!« Aber sie schwieg, zurückgehalten durch die fragenden Augen des Arztes, der verwundert die plötzliche Blässe der Besucherin konstatierte und auf einen Kollaps wartete.
    »Ich lasse Ihnen ein Glas Wasser bringen«, sagte er, als er bemerkte, wie Julia wieder tiefer durchatmete.
    Sie schüttelte den Kopf und drückte sich mit den flachen Händen von der Wand ab.
    »Danke, Herr Doktor. Es geht schon wieder. Die Enttäuschung … ich hatte mich so gefreut …«
    »Liebe Frau Bergmann. Sie sind doch noch so jung. Adoptieren … selbst ist die Frau!« Wollenreiter versuchte die Flucht in den Witz. »Oder ist es sicher, daß Sie – oder Ihr Gatte –«
    »Nein, durchaus nicht.« Julia strich sich wieder die Haare aus der Stirn. Sie warf noch einmal einen Blick auf die vielen Bettchen hinter den großen Scheiben und hatte die Kraft, ein paar gerade und sichere Schritte vorwärts zu machen. Wollenreiter blieb an ihrer Seite, er brachte sie bis zum Fahrstuhl.
    »Ich danke Ihnen, Herr Doktor«, sagte sie tapfer.
    »Aber bitte. Es war sehr wenig und nichts Erfreuliches, was ich tun konnte.«
    Sie hatte kein Gefühl mehr für Raum, Zeit und Umgebung, als sie im Aufzug stand und abwärts glitt. Sie wurde erst wieder völlig sie selbst, als sie vor dem kleinen Wagen Franz Höllerers stand und dieser sie auf den Sitz zog.
    »Was ist?« sagte Franz und legte den Arm um Julia. »Wie siehst du denn aus, Kleines? Ich hätte doch mitgehen sollen –«
    »Es ist krank –«, sagte Julia. Ihre Stimme klang unendlich müde. »Lungenentzündung. Es liegt isoliert. Und es heißt Maria Ignotus –«
    Und da erst verließen sie alle Kräfte. Sie warf den Kopf an Höllerers Schulter und weinte haltlos.
    Franz Höllerer fuhr schnell ab.
    Das heimliche und von der Klinik diskret geduldete Liebespaar Dr. Renate Vosshardt und Oberarzt Dr. Bernd Julius traf sich in einem Raum der Klinik, den Professor Karchow die ›Bastelstube‹ nannte. Hier standen Geräte herum, die sowohl Karchow selbst wie auch eine Reihe längst nicht mehr bekannter Ärzte von ›Bethlehem‹ konstruiert hatten, und die mehr oder weniger erfolgreich eingesetzt worden waren, um dann in Vergessenheit zu geraten. Da waren neue Apparate zur völligen Stillegung von Knochenfrakturen (bis heute noch eine Utopie, denn eine völlige Stillegung ist kaum durchführbar), Lichtbögenkästen neuer Art, Trainingsapparate für Rekonvaleszenten von Poliomyelitis, ein halbfertiges Gerät, das den Herztakt akustisch wiedergab, eine Klimakammer für Pertussis-Kranke bis drei Jahre … Apparate voll Ideen und Ringen um den medizinischen Fortschritt, die sich nach der Erprobung aber als zu kompliziert oder zu naiv erwiesen.
    Es war eine Marotte Professor Karchows, solchen Forschungen nicht von vornherein ablehnend gegenüberzustehen. Wenn andere Chefs gleich sagten, wenn jemand mit einer Idee kam: »War schon da und wurde als Scheiße erkannt!« hörte sich Karchow die Vorschläge geduldig an, nickte und sagte: »Machen Sie mal 'nen Probeapparat, mein Lieber. In der Theorie hört sich alles fantastisch an … die Praxis beweist es nur.« Und meist fügte er hinzu: »Vielleicht gelingt Ihnen ein großer Wurf. Wenn Semmelweis nur durch Händewaschen berühmt wurde, warum soll in meiner Klinik nicht mal ein Knüller entstehen?«
    Bisher war er nicht entdeckt worden. Aber nun schien es, als sei der richtige Mann in Aktion getreten: Oberarzt Dr. Julius.
    Renate Vosshardt traf ihn in der ›Gerätekammer‹ an, als er über einer Zeichnung grübelte und ein merkwürdiges Gebilde aus verschlungenen Nylonschnüren in der Hand hielt. In ihnen hingen Kinnbügel

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