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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wegen! Das liegt im Körbchen und hat Hunger!«
    »Lassen Sie die faulen Witze, Wollenreiter.«
    »Kommen Sie runter, und sehen Sie sich das an. Die Hepatitis ist wie weggeblasen. Keine Gelbfarbe mehr, Körperchen schön braun, keine Leberschwellung mehr, Zunge völlig frei, Augäpfel weiß – das leuchtendste Weiß meines Lebens –, das Kind ist gesund bis auf die Knochen!«
    »Dummheit!« Oberarzt Dr. Julius legte auf und war nach fünf Minuten selbst im Zimmer 9. Was Dr. Wollenreiter berichtet hatte, war wahr. Der Säugling, auf dessen Exitus man hatte warten können, war gesund. Über Nacht.
    Eine halbe Stunde stand Prof. Karchow am Körbchen und starrte auf den kleinen, braunen, nackten Körper. Um das linke Handgelenk war ein Leukoplast mit dem Namen: Roland Honnemann.
    Die Diagnose auf dem Krankenblatt aber stimmte nicht. Das Kind war gesund.
    »Wie erklären Sie das, meine Herren?« fragte Karchow und deckte das Kind zu. »Wenn ich nicht selbst gesehen hätte, wie infaust der Fall war. Und über Nacht –. Wer hatte Wache?«
    »Schwester Karin Degen.«
    »Ach, unsere Indienkennerin! Und was sagt die?«
    »Sie hat am Morgen gemeldet, daß die Nacht ruhig gewesen sei. Fünfmal hat sie Zimmer 9 kontrolliert. Da schlief der Säugling.«
    »Er hat seine Hepatitis weggeschlafen«, sagte Prof. Karchow sarkastisch.
    »So etwas gibt es doch nicht«, meinte Dr. Julius.
    »Wie Sie sehen, Julius … es ist alles möglich! Mich wundert in der Medizin überhaupt gar nichts mehr! Oder haben Sie eine Erklärung für diesen Fall?«
    »Nein –«, antwortete Dr. Julius gedehnt.
    »Die Mutter wird sich freuen.« Dr. Wollenreiter verzog sein Gesicht. »Daß der Junge wieder gesund ist, wird sie uns nie verzeihen. Eine einfachere Trennung von einem Fehltritt gab es nicht. Und nun strotzt das Baby vor Gesundheit. So können Wunder zu Schicksalen werden.«
    »Was rätselhaft bleibt, ist die Spontaneität der Heilung.« Prof. Karchow schüttelte den Kopf. »Sie widerspricht allen bekannten Verläufen einer Hepatitis. Bei Kindern, gerade bei Säuglingen, muß man vieles anders sehen als bei Erwachsenen. Vor allem in den ersten Lebenstagen können gewisse hormonale und auch andere Funktionen erst später einsetzen. Aber was eine echte Hepatitis ist, die sitzt! Und braucht ihre Zeit! Aber, bumm – über Nacht –, weg ist sie … das ist ein wahres Rätsel.«
    Und es blieb ein Rätsel. So gerne Prof. Karchow sonst Erfolge aus der Klinik ›Bethlehem‹ in medizinischen Fachblättern veröffentlichte, was ihm den Geruch einer gewissen Pressegeilheit einbrachte – diesen Fall des Negermischlings Roland Honnemann publizierte er nicht. Ihm war die ganze Angelegenheit selbst zu dubios, zu undurchsichtig, zu unerklärbar. Hier konnte man sagen: Es war eine Fehldiagnose. Wer konnte das Gegenteil beweisen?
    Die Mutter, die am zweiten Tag in die Klinik kam, beunruhigt, weil noch kein Anruf über das Ableben des kleinen Roland gekommen war, führte Wollenreiter selbst an das Bettchen in Zimmer 9.
    »Ein Prachtkerl«, sagte er mit Wonne in der Stimme. »Sehen Sie sich das an, Fräulein Honnemann – er quiekt vor Gesundheit!«
    Fräulein Helga Honnemann wurde in diesem Augenblick ohnmächtig. Sie konnte nicht mehr sagen, ob vor Freude oder aus Schreck.
    Keiner wußte, wie es geschehen konnte. Nun, da es aber geschehen war, empfand man es als sinnlos, noch lange Nachforschungen anzustellen: In einer großen Wochenzeitung erschien ein Artikel mit der Überschrift: ›So wird verschleiert!‹
    Autor: Peter Kallenbach.
    Der Artikel schilderte prägnant die beiden Fälle der interstitiellen Lungenentzündung in der Klinik ›Bethlehem‹ und das Versagen des berühmten Prof. Karchow. Noch schlimmer – es war die Rede davon, daß hohe Kreise diese Vorfälle bagatellisieren oder gar verschleiern wollten.
    »Sind große Namen tabu?« fragte Peter Kallenbach seine Leser. »Dürfen nur kleine Assistenzärzte Fehler machen? Irrt sich ein Ordinarius nie? Was hier in der berühmten Kinderklinik ›Bethlehem‹ geschah, war ein Betrug an den Eltern, die ihre kleinen Lieblinge voll Vertrauen in ein Krankenhaus gaben, damit sie geheilt, aber nicht infiziert werden.«
    Ein Artikel, der auf die Tränendrüsen von Millionen Müttern drückte. Prof. Karchow erfuhr davon durch einen Anruf seiner Frau, der geborenen Baronesse. Sie lag mit Migräne darnieder, nachdem der Gärtner gesagt hatte: »Gnä' Frau, unser Herr Professor wird in der Presse zur Sau

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