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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufgetrieben und rotschwarz. Ein gewaltiges Hämatom hatte sich gebildet. Aus der harmlosen, kleinen Rißwunde über der Kniescheibe aber troff ununterbrochen das Blut auf die rostbraune Gummiunterlage. Der Junge war ohnmächtig. Dr. Wollenreiter kontrollierte gerade Puls und Atmung, während eine Schwester den Infusionsgalgen heranrollte.
    »Was ist denn?« rief Prof. Karchow und beugte sich über das Kind. Er sah die tiefen Ringe unter den geschlossenen Augen und hörte die flache Atmung. Das war alarmierend. »Wo bleibt denn die Transfusion?« brüllte er. »Was ist das denn für eine Lahmarschigkeit! Frischblut ran! Und wo bleiben die Konserven mit dem antihämophilen Globulin AHG? Kreuzdonnerwetter noch mal, es ist doch alles in der Blutbank vorhanden? Wollenreiter, hauen Sie ab, kümmern Sie sich um die Heranschaffung der Cohnschen Fraktion I! Womit haben Sie Blutstillung versucht?«
    »Mit einer Clauden-Tamponade, Herr Professor«, brüllte Wollenreiter im Hinauslaufen zurück.
    »Julius!« Karchow betupfte die Rißwunde wieder mit Clauden. »Bringen Sie Fibrinschaum mit Thrombin ran! Oder halt, nein! Holen Sie Stypven.«
    Dr. Julius zögerte einen Augenblick. Stypven war ein Schlangengift-Thrombokinase-Präparat, das sie bisher wenig in der Klinik ›Bethlehem‹ angewendet hatten. Warum, das wußte Julius auch nicht. Bluter waren selten in der Klinik, daran mochte es liegen.
    Prof. Karchow injizierte, bevor das Stypven gebracht wurde, intravenös zehnprozentige NaCl-Lösung, und zwar 10 ml. Ganz langsam und vorsichtig spritzte er. Die geringste Verletzung erzeugte wieder neue Komplikationen, vor allem mußte jede intramuskuläre Injektion vermieden werden, da von ihnen neue Hämatome ausgingen.
    Dr. Wollenreiter kam zurück mit Frischblut, Plasma und Globulin-AHG-Lösungen. Zunächst wurde Frischblut, von der Blutbank vor einer halben Stunde abgezogen, an den Infusionsgalgen gehängt und die Vene des Kindes zur Transfusion fixiert. Auch Dr. Julius kam zurück mit dem Fibrinschaum und dem Stypven.
    »Blutung steht«, sagte Prof. Karchow nach einigen Minuten und richtete sich auf. Aus der Rißwunde floß kein Tropfen mehr. Die lokale Blutstillung war gelungen. Nun kam es darauf an, daß die inneren Blutungen aufhörten, daß Frischblut und Globulin die Gefahr des Verblutens für den Augenblick hemmten, bis durch die ständig erfolgende Regeneration des Blutes die Gefahr wieder wuchs … die ständige Angst der Bluter, bei der geringsten Verletzung zu sterben.
    Prof. Karchow überzeugte sich, daß Kreislaufmittel und die laufende Transfusion das Kind wieder kräftiger werden ließen. Die fahlbleiche Farbe ließ nach, die Schleimhäute wurden wieder rosig, wie sich Karchow nach einem Blick in den Mund selbst im stillen beglückwünschte. Er wusch sich die Hände und eilte in das Wartezimmer der Privatpatienten zurück.
    Dort saß Frau Prenneis weinend im Sessel, während Landgerichtspräsident Dr. Prenneis erregt hin und her lief. Beim plötzlichen Öffnen der Tür hörte Karchow noch, wie er sagte: »Ich war dagegen! Mich trifft keine Schuld, wenn etwas schiefgeht! Ich wollte ihn zur Universitätsklinik bringen!«
    »Die Gefahr ist vorbei«, sagte Prof. Karchow so laut, daß Dr. Prenneis zusammenzuckte wie unter einem Schlag. Die Mutter fuhr aus dem Sessel hoch. Sie war unfähig, etwas zu sagen; sie schluchzte auf und fiel dann in die Polster zurück. Aber es war ein tiefer Seufzer der Erlösung und des Dankes.
    »Er … er wird nicht verbluten …«, stotterte Dr. Prenneis und wurde rot dabei. Sichtlich schämte er sich. Seine letzten Worte mußte Karchow gehört haben, das war ihm ungeheuer peinlich.
    »Ich habe nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß es ernsthafte Komplikationen gibt«, sagte Karchow mit unbewegter Miene. »Meine Klinik ist mit den modernsten Mitteln eingerichtet, wir haben eine eigene Blutbank … Ihr Sohn bekommt im Augenblick Frischblut und Gerinnungspräparate, nach zwölf Stunden werden diese Fusionen wiederholt, und dann dürfte überhaupt keine Gefahr mehr bestehen. Auch die lokale Blutbildung ist unter Kontrolle. Es besteht gar kein Anlaß zur Sorge mehr.«
    Dr. Prenneis sah kurz auf seine Frau. Sie hatte den Kopf abgewandt und weinte leise. Mit ein paar Schritten trat er auf Karchow zu, den er um zwei Haupteslängen überragte.
    »Ich danke Ihnen aus tiefstem Vaterherzen«, sagte er mit belegter Stimme.
    »Es war meine Pflicht.« Karchow lächelte schwach. »Wozu bin ich

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