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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geheilten Hepatitis war längst von seiner Mutter abgeholt worden. Niemand hatte den Austausch bemerkt, und Karin Degen war glücklich, daß ihr Kind ein gutes Zuhause gefunden hatte und leben durfte.
    Probleme gab es nur bei Fräulein Helga Honnemann, der Besatzungskindsmutter. Ihr Sohn Roland, wie er getauft worden war, entwickelte sich entgegen aller rassischen Gesetze. Der Vater war ein Neger gewesen, breitnasig, wulstlippig, mit krausem Persianerkopf. Helga Honnemann hatte nur einmal mit ihm zu tun gehabt, und da war sie angetrunken. Nüchtern wäre sie weggelaufen. Nun aber war das Kind da, es wurde ein halbes Jahr, und es zeigte keinerlei negroide Züge, im Gegenteil – Rolands Haut wurde heller, milchkaffeebraun, seine dunklen Haare waren glatt und strähnig, seine Lippen schmal, seine Nase gerade. Er konnte der Sohn eines Arabers sein, eines Türken, eines Persers oder Inders, aber niemals der Sohn eines Negers.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Helga Honnemann immer wieder. »Er hat gar nichts von seinem Vater.«
    »Sei doch froh, du dumme Gans!« schimpfte ihre Mutter, die Witwe Honnemann. »Schlimm genug, daß er überhaupt braun ist. Man sollte dir jetzt noch den Hintern blau hauen!«
    So stand es in der Klinik ›Bethlehem‹ und mit den Menschen, die mit ihr verbunden waren, als Oberarzt Dr. Julius an den Wörthersee reiste. Er nahm eine dicke Aktentasche Schrifttum mit … Operationsberichte von allen gelungenen oder mißlungenen Siamesentrennungen aus aller Welt. In aller Ruhe wollte er sie, in einem Liegestuhl unter einem Sonnenschirm, studieren und aus den Erfahrungen seiner Vorgänger lernen.
    An einem herrlichen Sonnentag, über dem Wörthersee stand der Sonnenglast und schwebte die Dunstwolke des aufgesaugten Wassers der Sonne entgegen, mietete er sich ein Segelboot und ließ sich auf den See hinaustreiben. Faul lag er auf den Planken, hatte die Segelstange festgezurrt, sonnte sich und dachte an gar nichts. Er hatte völlig abgeschaltet – er war nichts als ein großes, in der Sonnenhitze schmorendes Stück Fleisch.
    Das Boot glitt langsam vor dem Wind über den See, es schaukelte und hüpfte, fuhr, ganz wie die Windströmung sich drehte, einen weiten Halbkreis und wiegte sich dann durch das blaue Wasser, steuerlos, denn es war ja Platz genug auf dem See.
    So kam es, daß das Segelboot einen Ruderkahn rammte, in dem ebenfalls eine Gestalt lang ausgestreckt in der Sonne lag. Ein Mädchen in einem bunt geblümten Bikini, die Haare unter einem orangenen Tuch zusammengebunden, schillernd von eingeriebenem Fett. Ein schöner, schlanker, schon gebräunter Körper.
    Der Zusammenprall war nicht dramatisch. Es knirschte nichts, es zerbrach nichts … es gab nur einen leichten Stoß, das Ruderboot kippte um, und das schlafende Mädchen rutschte in den See.
    Auch Dr. Julius wachte von dem leichten Ruck auf, blickte über Bord und sah neben sich den Kiel des Kahnes treiben. Aus dem Wasser tauchte jetzt ein Kopf auf, ein orangefarbenes Tuch, braune Schultern, von denen das Wasser abperlte … das Mädchen prustete, spuckte Wasser aus, kraulte zu dem umgestürzten Boot und versuchte, sich daran festzuhalten.
    Aber das mißlang, der Kiel war glatt und mit Algen überzogen.
    »Warten Sie«, rief Dr. Julius und rannte nach hinten, wo ein Rettungsring an einer langen Leine lag. »Ich ziehe Sie herauf. Bleiben Sie längsseits! Können Sie schwimmen?«
    Das Mädchen im See antwortete nicht. Es kraulte neben dem wegtreibenden Segelboot her und duckte sich, als der Rettungsring über sie heranflog.
    Dr. Julius hatte gut gezielt. Der gekalkte Korkring traf genau den Kopf des Mädchens, es gab einen neuerlichen dumpfen Schlag, das Mädchen warf die Arme hoch und versank.
    Mit einem Hechtsprung sprang Dr. Julius über Bord, tauchte neben dem treibenden Rettungsring, faßte ein Bein, zog daran, tauchte wieder auf und zog den Mädchenkörper an sich heran. Ohne lange hinzuschauen, schwamm er zu seinem Segelboot zurück, schob und drückte den schlaffen Körper über Bord und zog sich dann selbst nach.
    Das Mädchen lag auf dem Bauch, besinnungslos, kaum atmend.
    Dr. Julius hatte keine Zeit, sich über die Schönheit des Körpers zu wundern … er drehte das Mädchen auf den Rücken und riß das über das Gesicht gerutschte Tuch weg. Und dann wurde er noch betretener, aber doppelt aktiv. Er löste das Oberteil des Bikinis, begann mit dem Luftpumpen und ging dann zur Mund-an-Mund-Beatmung über, bis er spürte, wie sich

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