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Kinderstation

Kinderstation

Titel: Kinderstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie weinte vor Wut. Als Dr. Julius herauskam, stürzte sie auf ihn zu, als wolle sie ihn anspringen.
    »Schaff das Weib weg!« zischte sie. »Ich bitte dich, schaff diese Schlange weg! Ich vergesse mich eines Tages –«
    »Das hast du bereits. Vor wenigen Minuten. Dein Benehmen ist unwürdig.«
    »Unwürdig nennst du das?! Und du wirfst mich vor ihren Augen aus dem Zimmer? Mich, deine Braut?! Ist das etwa nicht unwürdig? Das ist flegelhaft!«
    »Renate!«
    »Ich habe gesehen, wie du sie gestreichelt hast –«
    »Dummheit! Ich hatte ihr gerade das neue Gerät umgelegt.«
    »Gekitzelt hast du sie.«
    »Himmel noch mal! Bin ich ein Primaner, der seine Flamme krault?« Dr. Julius' Stimme wurde laut. »Wenn du so wenig Vertrauen hast, Renate –«
    »Ihr traue ich nicht! Ihr! Sie geht um dich herum, als erwarte sie, daß du ihr die Kleider vom Leib reißt!«
    »Du bist total verrückt!« Dr. Julius wandte sich ab. »Wenn du weiter in diesem Ton sprichst und eine grundlose Eifersucht dich so blind macht, ist es besser, wir brechen die Unterhaltung ab.«
    Er wollte gehen, aber sie hielt ihn an seinem weißen Kittel fest. Sie riß ihn fast zu sich. Ihr Gesicht zuckte.
    »Du gehst zu ihr zurück?«
    »Nein! Ich gehe an meine Arbeit, bei der mir Fräulein Heintel hilft!«
    »Das ist ja das gleiche! Bernd!« Sie klammerte sich an ihm fest. »Wenn du jetzt zu ihr gehst, wenn du jetzt, gerade jetzt nicht bei mir bleibst, wenn du mich hier draußen stehen läßt wie einen alten Regenschirm … Bernd … ich zieh das Aufgebot zurück!«
    Eine Weile standen sie sich stumm gegenüber und starrten sich an. Dann löste Dr. Julius sachte die Finger Renates von seinem Kittel.
    »Wir sind doch erwachsene, real denkende Menschen, Renate«, sagte er ruhig. »Wir sollten uns doch nicht in solche Verbohrtheiten verrennen. Geh auf deine Station zurück … wir sehen uns dann heute abend nach dem Dienst.«
    »Wie Sie befehlen, Herr Oberarzt«, antwortete Renate Vosshardt zwischen den Zähnen. »Noch eine fröhliche Kitzelei –«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, wandte sich ab und rannte die Treppe hinunter. Dr. Julius sah ihr mit einem Kopfschütteln nach. Er begriff das alles nicht. Er benahm sich korrekt wie immer, ihn interessierte Lisa Heintel als Frau nicht im geringsten. Sie war ein Mädchen aus einem Lebenskreis, den er nicht kannte und dem er sogar etwas spöttisch gegenüberstand. Sie war schon eine Generation unter ihm, und wenn auch die Jahre sie nicht so sehr trennten, so doch der Lebensernst, den Dr. Julius verkörperte. Es war ihm undenkbar, Lisa Heintel in den Arm zu nehmen wie Renate Vosshardt, er wäre sich irgendwie lächerlich vorgekommen. Gewiß, sie war hübsch … aber das war auch alles. Für ihn reichte es nicht. Unter Liebe verstand er mehr als nur den Körper.
    Sinnend ging er zurück in die ›Bastelkammer‹. Lisa Heintel stand an einem Bunsenbrenner, die Gasflamme zischte, und sie hielt einen kleinen Topf über das Feuer.
    »Was machen Sie denn da?« fragte Dr. Julius zerstreut.
    »Ich koche Wasser. Simples Wasser. Dort steht eine Büchse Pulverkaffee. Ich meine, eine Tasse Kaffee täte uns ganz gut.«
    »Das ist eine vorzügliche Idee.« Dr. Julius setzte sich an den Experimentiertisch. »Und bitte zwei Stückchen Zucker.«
    So ging die Verlobung zwischen Dr. Julius und Dr. Renate Vosshardt zunächst auseinander.
    Dr. Julius wartete an diesem Abend über eine Stunde auf Renate. Als sie nicht kam, war er versucht, zu ihrer Appartementwohnung zu gehen, aber dann siegte auch bei ihm der Stolz. Nein, dachte er. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe nicht zu Kreuze zu kriechen. Wenn sie glaubt, kein Vertrauen mehr zu haben, dann hat es keinen Sinn, ihr dies einreden zu wollen.
    Er fuhr nach Hause, sah sich ein dummes Fernsehprogramm an, trank ein paar Kognaks und schlief dann ohne große Gedanken ein.
    Am Vormittag des nächsten Tages ließ ihn Prof. Karchow rufen.
    »Julius«, sagte er. »Was ist mir Dr. Vosshardt? Sie hat sich krank gemeldet und gleichzeitig eine Kündigung eingereicht. Haben Sie Krach?«
    »Ja, Herr Professor.« Dr. Julius nagte an der Unterlippe. »Sie hat gekündigt?«
    »Es ist zum Kotzen!« Karchow setzte sich hinter seinen mächtigen Schreibtisch. »Der Inder haut ab, Wollenreiter wird seit der Entführung von Maria Ignotus trübsinnig, die Renate legt sich schmollend ins Bett – es fehlt nur noch, daß Sie nun anfangen, sich etwas auszudenken!«
    »Keine Sorge, Herr

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