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Kindersucher

Kindersucher

Titel: Kindersucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grossman
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würden sie glauben.« Freksa schüttelte den Kopf. »Himmel, ich habe Sie gehasst, weil Sie mich aufgehalten haben. Aber trotzdem«, sein ganzer Oberkörper schüttelte sich bei diesem Gefühlsausbruch, »war ich verdammt froh darüber. Denn jetzt weiß ich, dass wir diesen Mistkerl erwischen werden.«
    Kraus brauchte eine Weile, bis er die Bedeutung dieser Bemerkung begriff. »Wir?«
    Freksa beugte sich vor. Er lächelte gequält, und seine Augen schienen blaue Funken zu sprühen. »Kommen Sie schon, Kraus. Sagen Sie nicht, dass Sie nie darüber nachgedacht haben. Sie und ich ... ein Team! Uns beide kann niemand aufhalten!«

SECHZEHN

    Kraus war nicht so naiv, an Wunder zu glauben. Aber Freksas Vorschlag einer Partnerschaft war geradezu teuflisch.
    »Natürlich muss das Ganze unter uns bleiben. Ich darf mich nicht mit Ihnen sehen lassen. Oder die Anerkennung mit Ihnen teilen. Ich muss weiterhin so tun, als würde ich Sie für ein Judenschwein halten. Aber Sie sind der Kopf bei dieser Sache, Kraus, wirklich.« Freksa ließ sich über die Straße führen. »Sie übernehmen das Denken; ich mache, was Sie mir sagen. Ich habe auch schon damit angefangen.«
    Sie hatten mittlerweile den überdachten Bürgersteig auf der anderen Straßenseite erreicht und standen endlich im Trockenen.
    »Was meinen Sie damit, Hans?« Kraus schüttelte den Regen von seinen Kleidern. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn sie nicht beide eine Lungenentzündung bekommen würden. »Womit haben Sie bereits angefangen?«
    Als sie über die Brücke zurück zur U-Bahn-Station trotteten, erklärte ihm Freksa mit wachsendem Stolz, wie Dr. Weiß ihm Kraus’ Theorien über den Markt der illegalen Händler geschildert hatte. Also war Freksa am nächsten Tag in dieser stinkenden Gasse neben der Landsberger Allee herumgelaufen, hatte Visitenkarten verteilt und allen erklärt, dass er jedem fünfzig Mark geben würde, der Informationen über einen großen, kahlköpfigen Kerl hatte, der ...
    Kraus blieb wie angewurzelt stehen.
    Jetzt war er wirklich entsetzt. Er konnte nicht glauben, dass Freksa so etwas getan hatte. An einem einzigen Morgen hatte er die ganze Arbeit ruiniert. Von seinen zahllosen Stunden hinter dem Feldstecher wusste Kraus ganz genau, dass alle auf dem Markt Angst vor dem Ochsen hatten. Freksa hatte diesen brutalen Schläger nicht nur gewarnt, sondern ihn geradewegs verscheucht. Kein Wunder, dass der Ochse spurlos verschwunden war.
    Freksa war jedoch felsenfest davon überzeugt, dass er richtig gehandelt hatte. Jemand hatte bereits angerufen und behauptet, er hätte Informationen, die weit mehr wert wären als fünfzig Mark, prahlte er.
    »Wir treffen uns heute, nur er und ich. Sie werden niemals erraten, wo.« Freksa hob sein Kinn, und sein langes, bleiches Gesicht war immer noch regennass, als er jetzt fast zaghaft lächelte. »Sie hatten recht, Kraus. Auf dem Centralviehhof. Schlachthaus sieben. Um dreiundzwanzig Uhr. In dem Bereich, den vorher Kleist-Rosenthaler gemietet hatten.«
    Kraus spannte sich unwillkürlich an. »Das ist nicht Ihr Ernst. Machen Sie das nicht, um Himmels willen. Sie gehen ins Schlachthaus? Allein und mitten in der Nacht?«
    Freksa legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend. »Wie rührend, Kraus. Sie machen sich Sorgen um mich?« Er klopfte sich auf die Manteltasche. »Keine Angst. Ich reise nie allein.«

    Der Regen hatte nachgelassen, aber es blitzte immer noch, als Kraus in der Beckmannstraße ankam. Er schüttelte seinen Hut aus, bevor er die Eingangshalle betrat. Auf der Treppe stieß er auf Otto Winkelmann, der gerade herunterkam.
    »He, Mensch. Wie geht’s dir?«, fragte Kraus.
    »Ja, ja. Viel besser. Du erinnerst dich doch an meinen Schwager, Klemper? Er hat mich in seiner Firma eingestellt.«
    »Na, ich gratuliere!«
    »Natürlich ist es nicht die Art von Arbeit, die ich gerne hätte.« Otto schüttelte heftig den Kopf. »Ich arbeite in der Poststelle. Außerdem musste ich etliche andere Maßnahmen ergreifen, und zwar nicht gerade freiwillig, das kann ich dir versichern. Aber wenigstens kann ich jetzt meine Rechnungen bezahlen, nicht wahr?« Er wirkte ungeheuer erleichtert und schien es gleichzeitig eilig zu haben. »Also, Wiedersehen, Willi.« Er winkte, als wüsste er nicht genau, wann sie sich wieder sehen würden. »Felix holt mich ab, damit ich ein paar Papiere ausfülle.«
    Wahrscheinlich muss er in eine Gewerkschaft eintreten, dachte Kraus. Angestellter in der Poststelle. Wie

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