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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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bis er wusste, was. Servaz hatte manchmal den Eindruck, mit dem raschen technologischen Fortschritt nicht mehr mitzukommen; vor drei Jahren hatte er sich als einer der Letzten ein Handy zugelegt, und Margot hatte ihm geholfen, seine Kontaktliste zu erstellen. Er erinnerte sich noch ganz genau, dass sie zusammen „Vincent“ eingegeben hatten.
    Nicht: „Espérandieu“.
    Er suchte in der Kontaktliste nach dem Vornamen seines Mitarbeiters. Bingo! Zwei verschiedene Nummern! Jemand hatte ohne sein Wissen sein Handy benutzt und ihm unter falscher Identität eine Nummer untergeschoben, ehe er ihm von derselben Nummer aus eine SMS geschickt hatte! Er versuchte sich zu erinnern, wann er sein Handy unbeaufsichtigt irgendwo liegen gelassen hatte, aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    Er wählte Samiras Nummer und bat sie, umgehend die Gendarmerie zu ihm zu schicken. Er wollte sie gerade bitten, auch seblst zu kommen, als das Wort „Ablenkung“ in seinem Kopf aufblinkte. Und wenn der Schütze ihn gar nicht töten wollte? Keine der Kugeln hatte ihn gestreift, alle hatten ihn deutlich verfehlt. Entweder es war ein schlechter Schütze oder …
    „Sei doppelt wachsam!“, schrie er. „Und fordere Verstärkung an! Ruf Vincent an und sag ihm, er soll so schnell wie möglich aufkreuzen. Und sag den Gendarmen, dass der Typ bewaffnet ist! Beeil dich!“
    „Was ist denn bloß los, Chef?“
    „Ich hab keine Zeit, es dir zu erklären. Beeilt euch!“
     
    Servaz sagte sich, dass er entsetzlich aussehen musste, als er sah, was für ein Gesicht die Gendarmen zogen, als sie ihn mit Hilfe eines Seils und eines Hüftgurts die Steilwand hinaufzogen.
    „Da hätten wir ja einen Krankenwagen rufen sollen“, äußerte Bécker.
    „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“
    Sie kehrten durch den Wald zum Haus zurück. Der Schütze hatte sich in Luft aufgelöst, aber der Leiter der Gendarmerie-Brigade von Marsac hatte mehrere Anrufe getätigt. In weniger als einer Stunde würden wieder die Kriminaltechniker vom Erkennungsdienst Elvis‘ Haus unter die Lupe nehmen, die Geschosshülsen einsammeln und jede Spur sichern, die der Schütze womöglich zurückgelassen hatte.
    Servaz ging ins Bad, während im und rings um das Haus geschäftiges Treiben herrschte. Als er sein Spiegelbild erblickte, erschrak er. Bécker hatte recht. Wäre er sich selbst auf der Straße begegnet, dann hätte er die Seite gewechselt. Seine Haare waren voller Erdklümpchen, er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und im Weiß seines linken Auges waren Äderchen geplatzt, so dass es fast schwarz war. Seine geweiteten, leuchtenden Pupillen ließen ihn aussehen, als wäre er auf dem Trip. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und angeschwollen, und auf seinem Rumpf, seinem Hals, seinen Armen und sogar seiner Nase bildeten lauter schwarze Schleifspuren und Blutkrusten ein ausgedehntes Muster von Flecken, Punkten, Streifen und Kratzern.
    Er hätte sich am Waschbecken waschen sollen, aber stattdessen holte er seine Schachtel Zigaretten heraus, starrte sich weiter im Spiegel an und steckte sich in aller Ruhe eine Kippe zwischen die Lippen. Seine Nägel waren so schmutzig wie bei einem Kohlenhändler, und am Ringfinger und kleinen Finger seiner rechten Hand fehlten sie sogar. Dennoch ließ er sein Spiegelbild nicht aus den Augen und zog gierig an seiner Zigarette, bis er sich daran verbrannte.
    Da brach er, scheinbar grundlos, in schallendes Gelächter aus, und mehrere Köpfe drehten sich zum Haus um.
     
    Sie versammelten sich in einem Raum der Gendarmeriekaserne von Marsac. Espérandieu, mehrere Gendarmen der Brigade, Pujol, Sartet, der Untersuchungsrichter, den Pujol aus dem Schlaf gerissen und im Auto hergebracht hatte, und Servaz. Müde Gesichter, Männer, die nun abwechselnd besorgt zu ihm herüberblickten. Sie hatten auch einen Notarzt gerufen. Er untersuchte und säuberte Servaz‘ Wunden.
    „Wann haben Sie sich zum letzten Mal gegen Tetanus impfen lassen?“
    Servaz wusste es nicht. Zehn Jahre? Fünfzehn Jahre? Zwanzig? Er mochte weder Krankenhäuser noch Ärzte.
    „Krempeln Sie die Ärmel hoch“, sagte der Arzt, während er in seinem Koffer wühlte. „Ich werde Ihnen 250 Einheiten Immunglobuline in einen Arm spritzen und eine Dosis Impfstoff in den anderen. Und ich will, dass Sie so schnell wie möglich in meine Praxis kommen, um einen Test zu machen. Ich nehme an, heute Nacht haben Sie keine Zeit dazu?“
    „Da haben Sie ganz recht.“
    „Ich glaube, Sie

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