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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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zu viele Wahlfächer zu nehmen, nur weil sie sich, sagen wir, absichern wollen … Die Arbeitsbelastung ist erheblich, und eine solche Auswahl würde sich zwangsläufig negativ auf die Qualität Ihrer Leistungen auswirken.“
    Er zählte an den Fingern ab.
    „Im ersten Jahr haben Sie bereits fünf Wochenstunden Französisch, vier Stunden Philosophie, fünf Stunden Geschichte, vier Stunden erste Frendsprache, drei Stunden Sprache und Kultur der Antike, zwei Stunden Geographie, zwei zweite Fremdsprache und zwei Stunden Sport, und …“
    „Ich weiß bereits, welche Wahlfächer ich belegen will“, unterbrach ihn Margot. „Wahlpflichtkurse in Latein und Griechisch für Fortgeschrittene. Und Theater. Als erste Fremdsprache wähle ich Englisch, als zweite Deutsch.“
    Der Füller des Schulleiters kratzte über das Papier.
    „Sehr schön. Diese Auswahl ist für das gesamte erste Jahr bindend, da sind wir uns einig?“
    „Ja.“
    Da wandte er sich mit strahlendem Lächeln zu Servaz.
    „Da haben wir mal jemanden, der weiß, was er will.“

8
     
    Musik
    Servaz kehrte in das Zimmer zurück. 2.30 Uhr morgens. Müdigkeit und Angst spiegelten sich im Gesicht des Jungen wider. Servaz spürte sofort, dass sich die Atmosphäre verändert hatte. Der Druck war einfach zu groß geworden, die Angst ebenso. Die Stunde des Geständnisses näherte sich. Ein spontanes Geständnis, ein Alibigeständnis, ein wahrheitsgetreues Geständnis, ein frei erfundenes Geständnis, ein abgenötigtes Geständnis … Ich gestehe, weil mich das von der Last meiner Schuld erleichtert, ich gestehe, weil ich es satt habe, weil ich zu erschöpft bin, zu machtlos, weil ich unbedingt pissen muss, ich gestehe, weil dieser Dreckskerl da mir unentwegt seinen Ekel erregenden Atem ins Gesicht bläst, ich gestehe, weil er mich mit seinem Geschrei in den Wahnsinn treibt und weil er mir Angst macht, ich gestehe, weil sie das im Grunde alle wollen, und weil ich zu guter Letzt noch einen Herzschlag bekomme, einen Myokardinfarkt, weil meine Nieren versagen, ich einen epileptischen Anfall erleide oder mein Blutzucker zu stark absinkt … Er zündete eine Zigarette an und hielt sie trotz des Rauchverbots Hugo hin. Der junge Mann nahm sie. Den ersten Zug machte er mit der Dankbarkeit eines Schiffbrüchigen, dem man eine Trinkflasche mit Süßwasser reicht, und er ließ das Gift langsam in seine Luftröhre und seine Lungen hinabgleiten. Servaz bemerkte, dass er den Rauch nicht tief inhalierte, doch schien er sich danach fraglos besser zu fühlen. Hugo sah ihn schweigend an. Draußen nahm der Regen eine Reihe von Mülltonnen unter lautes Trommelfeuer.
    Sie waren allein. Wie immer, wenn sich in einer Gruppe von vernehmenden Beamten zeigt, dass einer von ihnen und der Beschuldigte gut miteinander können. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um den Leiter des Teams oder einen Untergebenen handelt: Es kam allein darauf an, einen Dialog zu knüpfen.
    „Willst du noch einen Kaffee?“
    „Nein, danke.“
    „Ein anderes Getränk? Noch eine Zigarette?“
    Der junge Mann schüttelte den Kopf.
    „Ich habe aufgehört zu rauchen“, sagte er.
    „Wann?“
    „Vor acht Monaten.“
    „Macht es dir was aus, wenn wir weitermachen?“
    Servaz´ Frage wurde mit einem ängstlichen Blick quittiert.
    „Ich dachte, wir wären fertig?“
    „Noch nicht ganz … Ich muss noch einige Punkte klären“, sagte Servaz und schlug seinen Notizblock wieder auf. „Willst du, dass wir später weitermachen?“
    Wieder schüttelte Hugo den Kopf.
    „Nein, nein. Ist schon okay.“
    „Sehr gut. Noch ein oder zwei Stunden, und du kannst dich aufs Ohr legen.“
    „Wo denn?“, fragte der junge Mann mit aufgerissenen Augen. „Im Gefängnis?“
    „Vorerst in der polizeilichen Gewahrsamszelle. Aber wir müssen dich nach Toulouse überstellen. Die dortige Kripo wird die Ermittlungen übernehmen.“
    Er sah, wie sich Hugos Miene verdüsterte.
    „Ich möchte meine Mutter anrufen …“
    „Das kannst du, sobald wir hier fertig sind, okay?“
    Der junge Mann lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände im Nacken. Er streckte seine langen Beine unter dem Tisch aus.
    „Versuch dich zu erinnern, ob dir an diesem Abend irgendetwas seltsam vorgekommen ist.“
    „Was zum Beispiel?“
    „Ich weiß nicht … irgendetwas … Ein Detail … Irgendetwas, was dir aufgefallen ist, zum Beispiel ein Gegenstand, der nicht an seinem Platz war … Alles, was dir einfällt.“
    Hugo zuckte mit

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