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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Massenkonsum und Begehren.“
    Sie starrte ihn verständnislos an, er zuckte mit den Schultern. In der ersten Etage öffneten sich die Türen, und sie hörten eine Stimme schreien:
    „Ihr Idiotenbande, ihr habt kein Recht, mich gegen meinen Willen hier zu behalten. Ruft diesen bescheuerten Knochenflicker, ich will ihn sofort sehen!“
    „Unser Elvis?“, fragte Servaz.
    „Gut möglich.“
    Sie wandten sich zuerst nach rechts, dann nach links. Eine Krankenschwester hielt sie an. Samira schwenkte ihren Ausweis.
    „Guten Tag, wir suchen Elvis Konstandin Elmaz.“
    Das Gesicht der jungen Frau verhärtete sich. Sie zeigte auf eine Mattglastür am Ende des Gangs, hinter einem fahrbaren Bett auf Rollen, in dem ein alter Mann mit einem Schlauch in der Nase wartete.
    „Er braucht Ruhe“, antwortete sie streng.
    „Selbstverständlich“, spöttelte Samira.
    Die Frau warf ihr einen vernichtenden Blick zu, dann ging sie.
    „Scheiße, ihr Bullen habt mir gerade noch gefehlt!“, entfuhr es Elvis, als sie das Zimmer betraten.
    Trotz eines stotternden Ventilators in einer Ecke schlug ihnen feuchte Treibhausluft entgegen. Elvis Konstandin Elmaz saß mit nacktem Oberkörper am Kopfende des Bettes. Er sah auf einen Fernseher mit ausgeschaltetem Ton.
    „ One for the money/Two fort the show“ , summte Samira mit einem Hüftschwung und einem angedeuteten Tanzschritt. „Hi, Elvis.“
    Elvis schien die Polizistin erst jetzt zu bemerken und runzelte die Stirn: An diesem Tag trug Samira ein halbes Dutzend Halsketten auf ihrem T-Shirt, das die Aufschrift „LEFT 4 DEAD“ hinausposaunte.
    „Was ist denn das für eine?“, sagte er an Servaz gewandt. „Ist das die Polizei von heute? So läuft das jetzt also!“
    „Elvis Elmaz?“
    „Nein, Al Pacino. Was wollen Sie von mir? Sie kommen doch nicht wegen meiner Anzeige.“
    „In der Tat.“
    „Nein, natürlich nicht. Das sieht man doch auf den ersten Blick, dass Sie vom KFC sind.“
    Das Kürzel KFC der auf Huhn spezialisierten Fast-Food-Kette hatten die Ganoven zum Spitznamen für das Mutterhaus gemacht, das heißt: die Kripo. Elvis Konstandin Elmaz war klein und sehr stämmig, sein Schädel war vollkommen kahl und glänzend, ein gestutzter Vollbart schmückte seine kräftigen Wangen, und ein kleiner Zirkonstein steckte in seinem Ohr. Vielleicht sogar ein echter Diamant. Um seinen muskulösen Oberkörper war mehrmals eine Binde gewickelt, vom Unterleib bis zum Zwerchfell. Eine weitere verband seinen rechten Bizeps.
    „Was ist Ihnen zugestoßen?“, fragte Servaz.
    „Als wüssten Sie das nicht! Ich wurde abgestochen, Mann. Drei Stiche in den Bauch und einer in den Arm. Ein Wunder, dass diese Arschlöcher mich nicht kaltgemacht haben. ‚Kein lebenswichtiges Organ betroffen, Sie hatten echt Schwein, Monsieur Elmaz‘, hat diese Arzt-Schwuchtel geflötet. Er will mich vor morgen nicht raus lassen; angeblich können die Wunden aufgehen, wenn ich mich zu sehr bewege. Ich bin kein Arzt, er muss es wissen. Aber mir kribbelt‘s in den Beinen, und das Essen hier ist schlimmer als im Knast.“
    „ Diese Arschlöcher – mehrere?“, sagte Samira.
    „Es waren drei. Serben. Ich weiß nicht, ob Ihnen das klar ist, aber diese Arschlöcher von Serben und wir Albaner vertragen uns nicht besonders. Serben sind blos Abschaum und so.“
    Samira nickte. Sie kannte dasselbe Lied von der anderen Seite. Und sie behielt es für sich, aber sie hatte auch ein bisschen bosnisches Blut in ihren Adern und vermutlich auch italienisches: ihre Familie war ziemlich viel herumgekommen ...
    „Was ist passiert?“
    „Wir haben uns in der Kneipe in die Haare gekriegt, und dann haben wir auf dem Gehsteig weitergemacht. Ich hatte ´nen leichten Schwips, muss ich zugeben.“
    Er sah sie abwechselnd an.
    „Diese halbe Portion hatte allerdings zwei Kumpels in der Kneipe, das wusste ich nicht. Die sind wie zwei Irre auf mich losgegangen, ehe ich irgendwas unternehmen konnte, und dann haben sie sich aus dem Staub gemacht. Und ich, ich lag auf dem Bürgersteig und hab geblutet wie ´ne Sau. Ich dachte echt, das war’s dann wohl. Muss aber auch einen Gott für die Bösewichte geben, oder Schätzchen? Haste vielleicht mal ´ne Kippe? Dafür würde ich Vater und Mutter umbringen.“
    Samira widerstand der Versuchung, sich vorzubeugen und ihm durch den Verband einen Zeigefinger zwischen die Rippen zu bohren.
    „Hast du nicht die Verbotsschilder gesehen?“, keifte sie. „ Rauchen verboten … Was war der Grund für

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