Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
Vom Netzwerk:
Schiss“, sagte er gerade.
    „Was bleibt uns denn übrig?“ Margot erkannte sofort die sanfte, verschleierte Stimme von Sarah. „Wir können nur abwarten …“
    „Wir können ihn doch nicht einfach im Stich lassen“, protestierte David.
    Margot bekam Gänsehaut. Sie wollte nur noch in ihr Zimmer und zu Lucie zurück. David sprach mit ausdrucksloser, weinerlicher Stimme. Eine unbeholfene Aussprache, die bei einigen Silben ins Schleudern geriet. Als wäre er betrunken - oder high.
    „Diese Sache gefällt mir nicht. Wir können … doch bestimmt was für ihn tun … Mist, wir können … wir können doch nicht einfach die Hände in den Schoß legen …“
    „Halt den Mund!“
    Virginie. Ihre Stimme knallte wie eine Peitsche.
    „Du darfst jetzt nicht einknicken, hörst du?“
    Aber David schien sie nicht zu hören. Durch die Hecke hörte sie ihn schluchzen. Wie ein dumpfes, langanhaltendes Stöhnen. Dazu ein Zähneknirschen.
    „Oh Mist … Mist … Mist“, wimmerte er. „Verdammte Scheiße …“
    „Du bist stark, David. Und wir sind da. Wir sind deine einzige Familie, vergiss das nicht. Sarah, Hugo, ich und die anderen … Wir werden Hugo nicht fallenlassen, ganz bestimmt nicht …“
    Schweigen. Margot fragte sich, was Virginie damit sagen wollte. David stammte aus einer bekannten Familie: Sein Vater war ein Industrieller und Vorstandsvorsitzender des Konzerns Jimbot. Seit zig Jahren sicherte er sich einen Großteil der zahlreichen Autobahn- und Infrastrukturprojekte der Region, indem er auf allen Ebenen schmierte, Abgeordnete umschmeichelte und ihre Wahlkämpfe finanzierte. Davids älterer Bruder, der in Paris und Harvard studiert hatte, leitete das Familienunternehmen zusammen mit seinem Vater. David hasste sie, wie Hugo ihr einmal erzählt hatte.
    „Wir müssen umgehend den Kreis einberufen“, sagte David plötzlich.
    Erneutes Schweigen.
    „Unmöglich. Die Zusammenkunft findet wie geplant am 17. statt. Nicht früher.“
    Wieder Virginie. Die Autorität selbst.
    „Aber Hugo ist im Knast!“, jammerte David.
    „Wir werden Hugo nicht fallenlassen. Niemals. Dieser Bulle wird bald durchblicken, und wenn nicht, helfen wir ihm auf die Sprünge …“
    Margot spürte, wie ihr langsam das Blut aus dem Gesicht wich. Die Art, wie Virginie von ihrem Vater gesprochen hatte, jagte ihr einen frostigen Schauer über den Rücken; in ihrer Stimme war eiskalte Brutalität zu spüren.
    „Dieser Bulle, wie du sagst, ist der Vater von Margot.“
    „Eben.“
    „Eben was?“
    Schweigen. Virginie antwortete nicht.
    „Keine Sorge, wir behalten ihn im Auge“, sagte sie schließlich. „Und seine Tochter auch …“
    „Was erzählst du da?“
    „Ich sage nur, dass wir diesem Bullen klarmachen müssen, dass Hugo unschuldig ist … Auf die eine oder andere Weise … Und ansonsten müssen wir aufpassen …“
    „Hast du nicht gemerkt, dass sie in letzter Zeit jedes Mal, wenn man sich umsieht, da ist?“, mischte sich Sarah ein. „Ganz in der Nähe. Sie ist zufällig immer gerade dort, wo wir sind …“
    „Wer?“
    „Margot.“
    „Willst du damit andeuten, dass Margot uns nachspioniert? Das ist doch absurd!“
    Das war David. Elias wandte den Kopf und sah Margot im Halbdunkel fragend an. Sie blinzelte nervös.
    „Ich will nur sagen, dass wir auf der Hut sein sollten. Mehr nicht. Ich traue ihr nicht über den Weg.“
    Sarahs Stimme war schneidend kalt. Margot hatte plötzlich Lust davonzurennen. Aschfahle Wolken jagten über den in Dunkelheit gehüllten Irrgarten.
    Unvermittelt ließ ihr Smartphone leise, aber deutlich in ihrer Tasche den Klang einer Harfe ertönen. Elias starrte sie aus weit aufgerissenen Augen zornig an. Margot spürte, wie ihr Herz in ihrer Brust einen gefährlichen Sprung machte.
    „Ich rede mit ihr, wenn ihr wollt …“, setzte David an.
    „Pst! Was war das für ein Geräusch? Habt ihr das nicht gehört?“
    „Welches Geräusch?“
    „Wie von … von einer Harfe oder so … Da … Ganz in der Nähe …“
    „Ich hab nichts gehört“, sagte David.
    „Ich hab´s auch gehört“, sagte Sarah. „Hier ist wer!“
    „NICHTS WIE WEG!“, flüsterte Elias in ihr Ohr. Dann fasste er sie bei der Hand, und sie spurteten zum Ausgang, ohne den Versuch zu machen, ihre Anwesenheit zu verbergen.
    „Verdammt!“, schrie David. „Da war wer!“
    Sie hörten, wie er mit Virginie und Sarah im Schlepptau ihre Verfolgung aufnahm. Elias und Margot rannten, so schnell sie konnten; sie liefen durch die

Weitere Kostenlose Bücher