Kindheit bei Scientology: Verboten (German Edition)
hinterfragt er nicht, ob sie diesen Versuch vergeblich unternommen hat, als sie mit ihm schwanger war. Er weiß die Antwort aus seiner »Auditing-Sitzung« …
Es ist stark davon auszugehen, dass es häufig und überall auf der Welt, wo Dianetik und Scientology an Kindern praktiziert werden, zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern kommt. »Erkenntnisse« über »Fehlverhalten« von Mutter oder Vater erschließen sich dem Nachwuchs und stimmen entsprechend feindselig.
Warum sonst hätte L. Ron Hubbard unter anderem Folgendes formulieren sollen:
»Nun kommt er nach Hause und seine Mutter sagt: ›Also, tritt dir die Füße ab, bevor du hereinkommst; deine Füße sind ganz schmutzig.‹ usw. Er gibt etwas wie ›Ach, kannst du nicht bitte still sein‹ zur Antwort, und darüber ist sie (die Mutter, d. Verf.) schockiert. In diesem Punkt besteht für den Dianetikauditor die Gefahr, dass man ihn beschuldigt, den Jungen seiner Familie zu entfremden (…).«
(Hubbard, Lafayette Ronald: Forschung und Entdeckung Serie.
Band 1, Kopenhagen 1954, S. 194)
Gerade die Technik des »Auditing«, also die Befragung durch eine andere Person, führt immer wieder dazu, dass Außenstehende Scientology und Gehirnwäsche in einem Atemzug nennen. Immer wieder steht auch der Vorwurf im Raum, die »Auditing-Befragungen« ähnelten oder glichen Hypnoseverfahren.
Da sich bisher die Scientology-Organisation stets geweigert hat, an unabhängigen wissenschaftlichen Verfahren wie z. B. des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren oder der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages teilzunehmen, um diese Annahme zu widerlegen, kann man Antworten nur von dem ableiten, was über eine hypnoseähnliche Vorgehensweise geschrieben steht. Die Vorschläge für den Auditor im Buch Kinder-Dianetik, die darauf abzielen, das Kind in frühere Geschehnisse zurückzuführen, müssen sich wohl bei neutraler Betrachtung den Anschein der hypnoseähnlichen Technik gefallen lassen:
Auditor: Wie fühlst du dich? Sollen wir weitermachen?
Jimmy: Gut. Einverstanden.
Auditor: So, lass uns nun ein ganzes Stück bis vor deine Geburt zurückkehren, zum ersten Moment, als du dir deiner bewusst warst. Kehre ein ganzes Stück vor deine Geburt zurück. Wenn ich die Buchstaben A bis E sage und mit meinen Fingern schnippe, wirst du die ersten Worte hören. A-B-C-D-E (schnipp). Was hörst Du?
Jimmy: Nichts.
Auditor: Wenn ich die Buchstaben A bis E sage, wirst du die ersten Worte hören. A-B-C-D-E (schnipp). Was hörst du?
Jimmy: Nichts.
Auditor: Was geschieht?
Jimmy: Meine Mutter war draußen und ging spazieren. Sie geht ein paar Blocks weit, kehrt um und geht nach Hause.
Auditor: Nimm das Geschehnis am Beginn auf und gehe noch einmal hindurch.
Jimmy: Meine Mutter war draußen und ging spazieren.
Auditor: Was hörst Du?
Jimmy: Vorbeifahrende Autos.
Auditor: Was sagt deine Mutter?
Jimmy: Nichts.
Auditor: Was siehst du?
Jimmy: Nichts.
Auditor: Wie alt bist du?
Jimmy: Acht.
Auditor: Ja oder Nein. Sind es acht Tage?
Jimmy: Ja.
Auditor: Geh weiter.
Jimmy: Mutter geht ein paar Häuserblocks weit, kehrt um und geht nach Hause.
Auditor: Wie fühlst du dich? Fühlst du dich irgendwie unbehaglich?
Jimmy: Ja, am ganzen Körper.
Auditor: Wo bist du?
Jimmy: Im Bauch meiner Mutter.
Auditor: Beginne am Anfang. (…)
(Hubbard, Lafayette Ronald: Kinder-Dianetik, Kopenhagen 1983, S. 143)
Und so weiter und so fort. Zwischendurch findet sich für den das Buch Kinder-Dianetik »studierenden« Scientologen auf Seite 144 der Hinweis:
»In der vorgeburtlichen Periode gibt es keine Visio, wohl aber andere Wahrnehmungen.«
Bei dem kleinen Edwin kam wohl irgendwann eine scientologisch zu interpretierende »Wahrnehmung«, dass seine Mutter ihn abtreiben wollte.
Seitenlang wird in Kinder-Dianetik dieses Frage-und-Antwort-System dokumentiert. Wohlgemerkt als Beispiele dafür, in welcher Form mit Kindern auditiert werden soll. Und zwischendrin taucht immer wieder der Hinweis auf, dass der Auditor mit dem Buchstaben-Herunterzählen von A bis E und einem darauf folgenden Fingerschnippen mit Worten wie »Wenn ich die Buchstaben sage und mit meinem Finger schnippe, wirst du am Beginn des Geschehnisses sein« die nächste Runde der Sitzung einleitet.
Erwachsene haben nach diesen häufig stundenlangen Sitzungen berichtet, dass sie sich anschließend zum Teil orientierungslos fühlten, Gedächtnislücken hatten, sich in einer Art Trance-Zustand glaubten, ein
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