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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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zuletzt noch Frau Tiedemann die Station und wirkte etwas verloren. Von ihren Entbindungen und denen ihrer Tochter abgesehen, hatte sie Aufenthalte oder auch nur Besuche in Krankenhäusern bislang vermieden. Sie brachte Inken einen Obstkorb mit Weintrauben und Erdbeeren, die um zwei pralle runde Wassermelonen drapiert waren.
    »Oma, tomm!« Hannes konnte nicht schnell genug bei seiner Mutter sein.
    Es war früher Nachmittag. Ein Pfleger mit roten Birkenstock-Sandalen schob einen Wagen mit Kaffee, Tee und verschiedenen Säften über den Gang und musste einer jungen Frau ausweichen, die einen älteren Herrn im Rollstuhl spazieren fuhr. Jemand erkundigte sich in der Anmeldung nach dem Zimmer eines Patienten. Von irgendwo war Karnevalsmusik zu hören. Es war etwas Leben eingekehrt auf der Station.
    Inken lächelte matt, als ihre Familie das Zimmer betrat. Die Prinzessin und der Pirat stürzten sich von beiden Seiten auf ihre Mutter und wurden in die Arme geschlossen. Hannes hatte die Hosentaschen voller Kamelle, die er beim Rosenmontagsumzug gesammelt hatte und nun ins Bett entleerte. Inken wischte sich die Tränen aus dem blassen Gesicht.
    Das Bett ihrer Nachbarin war verlassen. Ihr Mann hatte sie zu einem Spaziergang abgeholt.
    »Ich werde dafür sorgen, dass sie dich in ein anderes Zimmer verlegen«, sagte Niklas.
    »Ist nicht nötig, Nik«, sagte Inken durch die Blumen, die Lotte ihr in die Hand gedrückt hatte.
    »Ich will nicht, dass du dir weiter das Gequatsche dieser Kuh anhören musst!«, beharrte er.
    »Eine Tuh?« Hannes suchte mit neugierigen Blicken das Zimmer ab.
    Inken warf Niklas einen vorwurfsvollen Blick zu, den er postwendend zurückschickte. Dann formte sie mit ihren schönen Lippen einen Kussmund und berichtigte ihren Sohn. »Es heißt Kuh, Cowboy!«
    »Mann, Mama! Ich bin doch Pirat!«
    »Hat der Arzt nochmal mit dir gesprochen?«, erkundigte sich Niklas.
    »Nicht vor den K.i.n.d.e.r.n«, bat Inken, die plötzlich auch ihre Lust am Buchstabieren entdeckt hatte.
    Wie aufs Stichwort sprang Mutter Tiedemann auf und nahm die Kinder an der Hand. »Sollen wir mal eine schöne Vase holen gehen für Mamas Blumen?«
    Hannes war sofort dabei, aber Lotte ließ sich nur widerwillig aus dem Zimmer bewegen, weil sie genau spürte, dass hier eine wichtige Angelegenheit ohne sie besprochen werden sollte.
    »Dr.Danzig sagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Aber könnt ihr nicht die Kinder nehmen, solange ich im Krankenhaus bin?«, fragte Inken leise, als sich die Tür hinter ihnen schloss. »Hannes spricht schon wieder wie ein Baby.«
    »So behandelt sie ihn ja auch«, sagte Niklas.
    »Das ist doch nicht ihre Schuld«, nahm Oliver ihre Mutter in Schutz.
    »Ihr wisst, was ich meine. Sie fallen jedes Mal um ein Jahr in ihrer Entwicklung zurück, wenn sie ein Wochenende bei ihr waren.«
    »Wir machen das gerne«, versuchte Niklas seine Schwester zu beruhigen. »Ich fahre nachher in die Agentur und sehe, was ich zu Hause erledigen kann. Und Oliver hat sowieso gerade Urlaub, dann bringt er Lotte zur Schule und Hannes in den Kindergarten.« Er legte den Arm um seinen Freund. »Dann kannst du das schon mal üben.«
    »Jawohl, Herr Direktor.« Oliver grinste. Er hielt es nicht mehr aus, die gute Nachricht für sich zu behalten, und begann, von Eva zu schwärmen. Doch Inkens Begeisterung hielt sich in Grenzen. Sie schloss die Augen und drehte den Kopf zur Seite.
    »Mach dir keine Sorgen!« Niklas massierte etwas ungelenk ihre Schulter. Da kehrte Oma Tiedemann mit den Kindern zurück. Lotte trug stolz eine große bauchige Vase aus Glas vor sich her, und Hannes hatte die rote Pappnase von Erika auf.
    »Tuck mal, Mama!«, rief er strahlend und schoss mit seiner Pistole in die Luft.

    Inken wurde am späten Nachmittag zu einer weiteren Untersuchung abgeholt. Oliver fuhr mit den Kindern in ihre Wohnung, um das Nötigste für die nächsten Tage zu holen und zu Niklas zu schaffen. Der versprach nachzukommen, sobald Inken auf die Station zurückgekehrt wäre. Gemeinsam mit seiner Mutter wartete er in der Cafeteria. Er nahm einen Espresso, sie trank Weinbrand. Den ganzen Nachmittag hatte sie kaum einen Ton gesagt. Jetzt, da sie allein waren, fand sie ihre Sprache wieder.
    »Warum macht ihr euch so viel Arbeit mit den Kindern, Niklas? Ich habe doch den ganzen Tag Zeit und kann mich kümmern.«
    Sie versuchte es wie einen gutgemeinten Vorschlag klingen zu lassen, doch ihr missbilligender Blick sprach Bände.
    »Inken hat uns darum

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