Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
Vom Netzwerk:
war seine Wut noch weiter angestiegen. Bereits vor Sonnenaufgang hatte er sich am Rhein wiedergefunden, wo er das Doppelte seiner üblichen Strecke gerannt war. Dann musste er noch eine geschlagene Stunde auf seine Anwältin warten. Die ließ sich nicht anmerken, ob sein Auftauchen sie überraschte. Mit flinken Schritten sprang sie die Stufen zum Eingang hinauf und ließ Niklas ein.
    »Wollen Sie Ihr Fahrrad nicht abschließen?«
    »Ach, das klaut schon niemand. Und wenn doch, ist es für mich ein Leichtes, so eine Sache zu regeln.«
    Während er ihr in die Kanzlei folgte, fragte er sich, ob die Erfolgsaussichten in seinem Fall ähnlich günstig lagen. Er hatte es satt, dass Petra diktierte, wann und wo er die Kinder sehen durfte. Bei den heimlichen Treffen unter Vermittlung seiner Mutter kam er sich vor wie Romeo, der sich zu seiner Julia schlich und dem das Zeichen zum Aufbruch weder die Lerche im Granatapfelbaum gab noch der Gesang der Nachtigall, sondern das dumpfe Poltern der herannahenden Neandertalerin beim Passieren der Stadtgrenze. Ihr Vorhaben, Hannes und Lotte zu adoptieren, diente nur einem einzigen perfiden Ziel: ihm die Kinder endgültig wegzunehmen.
    Petra wollte Krieg? Krieg sollte sie bekommen!
    Die Anwältin begrüßte Sozius mit einem Kuss auf die Schnauze; dann versorgte sie den Kater, der offenbar in der Kanzlei wohnte, mit Frühstück. Währenddessen berichtete Niklas von den jüngsten Provokationen der Gegenseite. Tita Parese lauschte ungerührt und beobachtete Sozius beim Fressen.
    »In einem Punkt kann ich Sie beruhigen, Herr Tiedemann: Die von Frau Bayer angestrebte Adoption ist erst nach einem Jahr rechtskräftig, so lange währt die Einspruchsfrist der leiblichen Eltern.«
    »Da muss ich Sie leider enttäuschen, beruhigend klingt das für mich überhaupt nicht. Schließlich ist Petra mit dem leiblichen Vater verheiratet – der dürfte kaum Einspruch erheben.«
    Es brachte Niklas auf, wie ruhig seine Anwältin war. Er wollte den Erstschlag, seine Feldherrin ein Friedensabkommen.
    »Alles, worauf ich Ihnen im Moment Hoffnung machen kann, wenn wir vor Gericht ziehen sollten, ist eine Regelung, nach der Sie die kleinen Racker sehen dürfen. Eine Art Besuchsrecht.«
    Ungläubig sah er seine Anwältin an. Sie hatte es offenbar immer noch nicht verstanden. »Ich will kein Besuchsrecht, ich will die Kinder.«
    Frau Jacobs erschien nun zur Arbeit. Auch sie küsste Sozius zur Begrüßung die Schnauze; dann begann sie Kaffee zu kochen und die Post zu sichten.
    Endlich führte Tita Parese den wartenden Niklas in ihr Büro.
    »Machen Sie es sich und den Kleinen nicht so schwer, Herr Tiedemann. In ein paar Jahren können die selber entscheiden, wo sie leben wollen.«
    »Und so lange sollen sie bei diesem frömmelnden Ungeheuer bleiben? Sie wissen nicht, was Sie da vorschlagen.«
    Erschöpft ließ er sich auf das geblümte Sofa fallen. Tita Parese warf ihre lederne Aktentasche auf den Schreibtisch und zog Inkens Tagebuch und das gefälschte Testament hervor.
    »Es tut mir leid, aber damit kommen Sie vor Gericht niemals durch.«
    »Sie wollen mir also nicht helfen!«
    »Falsches Hilfsverb, Herr Tiedemann: Damit kann ich Ihnen nicht helfen.« Die Anwältin wollte Niklas das Kuvert überreichen, doch er weigerte sich, es anzunehmen, und so legte sie es neben ihn auf das Sofa. Das Tagebuch hielt sie noch zurück.
    »Was hat denn der Gutachter gesagt?«
    »Er schwört Stein und Bein, dass das Testament echt ist.«
    »Na also!« Niklas wusste, dass man sich auf Mattis verlassen konnte.
    »Ich habe daraufhin den Rat eines Zweiten hinzugezogen. Er sagte, er könnte nicht ausschließen, dass das Schriftstück wirklich von Ihrer Schwester stammt.«
    Er verstand nicht, was der Kobold ihm mitteilen wollte. »Ist es nicht das, was Sie hören wollten?«
    »Es reicht mir nicht, Herr Tiedemann.«
    Niklas nahm Inkens Testament und erhob sich. »Glücklicherweise sind Sie nicht die einzige zugelassene Anwältin in dieser Stadt.«
    Parese zuckte mit ihren schmalen runden Schultern. »Von mir aus klappern Sie sämtliche Kollegen an Rhein und Ruhr ab. Mit einem gefälschten Testament werden Sie jeden Prozess verlieren. Noch dazu eine Menge Geld!«
    »Was heißt schon gefälscht! Es … wurde lediglich fixiert, wofür meine Schwester weder Zeit noch Kraft hatte.«
    Niklas wandte sich zur Tür, maßlos enttäuscht, wie viel Zeit er mit dem Kobold vergeudet hatte.
    »Aber sprechen wir doch lieber über unsere Chancen.«
    Er

Weitere Kostenlose Bücher