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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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Seele.«
    »Ich schaffe das schon. Außerdem muss die Kampagne für den Frauenversteher fertig werden.«
    Wittenberg sprang vom Schreibtisch und wandte Niklas den Rücken zu. »Darum kümmert sich jetzt Nadja.«
    »Aber das ist mein Kunde!«
    »Jetzt nicht mehr, Tiedemann. Jetzt nicht mehr.«

    Wittenberg hatte recht. Tatsächlich konnte Niklas ein bisschen Freizeit gut gebrauchen. Er zögerte nicht lange und nahm das Angebot, eine Woche Urlaub zu nehmen, noch am selben Tag an, denn es gab viel zu tun. Zunächst entsorgte er seine bisherigen Plakat-Entwürfe für das Frauenauto im Innenhof. Wittenberg hatte ihn gebeten, sie an Nadja auszuliefern, doch er dachte nicht daran. Niklas riss seine Entwürfe in Stücke. Der erste Frauenversteher auf vier Rädern? Ein Auto zum Verlieben? Die ganze Arbeit war umsonst. Das Echo des zufallenden Containerdeckels knallte ihm von allen Seiten um die Ohren. Er schaute hinauf zu den Büros und entdeckte Nadja, die am Fenster stand. Sie zuckte zurück, als sich ihre Blicke trafen.
    Zu Hause holte ihn die Müdigkeit ein. Er legte sich aufs Sofa und war binnen Sekunden eingeschlafen. Im Traum begegnete ihm Jay, der plötzlich mit französischem Akzent sprach und es ihm ordentlich besorgte, ihn regelrecht durchpflügte wie ein Feld nach dem letzten Frost, und als Niklas am Nachmittag erwachte, traute sich er kaum in den Spiegel zu sehen.
    Beim Duschen fiel ihm die Begegnung mit Petra wieder ein. Während er den halben Tag verschlafen hatte, war sie womöglich schon den nächsten Schritt in Richtung einer Adoption gegangen. Das musste er verhindern. Er würde ihr Hannes und Lotte nicht kampflos überlassen. Wenn die Neandertalerin so scharf war auf Kinder, sollte sie doch zusehen, wo sie welche herbekam!
    Plötzlich hatte er eine Idee. Er fragte sich, warum er nicht schon früher darauf gekommen war, und sprang aus der Dusche. Es handelte sich nur um einen Verdacht, aber es gab nichts zu verlieren. Noch im Handtuch setzte er sich an seinen Computer und suchte sämtliche Adoptionsvermittlungen im Umkreis von 100 Kilometern heraus. Er telefonierte eine nach der anderen ab. In der Rolle eines Mitarbeiters des Mettmann’schen Jugendamtes versuchte er herauszubekommen, ob ein gewisser Wolfram Bayer mit Gattin bei ihnen registriert war. Nachdem die ersten fünf Gesprächspartner eine telefonische Auskunft verweigert hatten, änderte er seine Strategie. Er gab sich nun als Wolfram selber aus, der wissen wollte, ob sich seine Position auf der Warteliste verändert hatte. Da auch das nicht funktionierte, ließ er sich von der Auskunft mit Petras Mutter in Krefeld verbinden.
    »Mein Name ist Niklas Tiedemann, Sie haben sicher schon von mir gehört.«
    Die arme Frau war halb taub, und er musste seine Vorstellung wiederholen.
    »Tie-de-mann. Ich bin Wolframs früherer Schwager. Der Onkel der Kinder.«
    Wie aufs Stichwort begann die alte Frau zu weinen.
    »Es muss schwer für Sie sein, aber bitte beruhigen Sie sich!«
    Petras Mutter hörte nicht nur schlecht, auch ihre Aussprache war verwaschen. Er konnte ihr kaum folgen, aber ihr Tonfall klang vorwurfsvoll.
    »Ich weiß, ich habe Ihrer Tochter ganz schön zugesetzt. Aber ich hatte ja keine Ahnung, wie wichtig ihr die Sache mit den Kindern ist.«
    Die Frau begann wieder zu weinen, was es unmöglich machte, weiter mit ihr zu sprechen. Doch Niklas glaubte, das Wort ›Innomitrose‹ verstanden zu haben. Er legte auf und versuchte es zu googeln, aber leider vergeblich. Erst ein Gespräch mit seiner eigenen Mutter konnte ihm Klarheit verschaffen. Nun hatte Niklas endlich etwas gegen Petra in der Hand.
    Berauscht von seinem Erfolg, machte er eine Liste und plante das weitere Vorgehen. Am nächsten Tag fuhr er zum Kindergarten. Die Frauen wollten ihn zunächst nicht hereinlassen, aber Niklas weigerte sich zu verschwinden. Endlich erbarmte sich eine Erzieherin, ihm mitzuteilen, dass Hannes’ Eltern ihn aus der Gruppe genommen hätten. Sie wollten ihn lieber zu Hause betreuen. Nachdem er den Schock überwunden hatte, wollte er wissen, ob sie an dem Jungen in letzter Zeit Auffälligkeiten beobachtet hätte. Weinte er viel oder hatte sich sein Sprachfehler weiter verschlimmert?
    Nachdenklich knibbelte die junge Frau an den Trägern ihrer Latzhose, doch plötzlich wurde sie durch einen schrillen Schrei eines Mädchens aufgeschreckt, dem ein rothaariger Junge Knete ins Ohr gesteckt hatte, und die Kindergärtnerin beeilte sich, den Streit zu schlichten.
    Lotte

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