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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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habe ich einen wichtigen Repräsentations-Termin wahrzunehmen. Eine ausländische Juristen-Delegation, begleitet von hochrangigen Beamten des rheinland-pfälzischen Innenministeriums.«
    Scheinbar unbeeindruckt von diesem effekthascherischen Statement schaute sich Richter suchend um und wurde schon bald fündig: Auf einem Beistelltischchen neben dem Schreibtisch seines Golfpartners entdeckte er einen Stapel offensichtlich unberührter Tageszeitungen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung lag obenauf.
    »Hast du heute schon in die FAZ reingeschaut?«
    »Nein, mein lieber Eberhard, dazu bot sich mir leider bislang noch keine Gelegenheit. Du weißt, als leitender Oberstaatsanwalt ist man sehr beschäftigt. Immer und überall muss man diesen dilettantischen Provinzermittlern auf die Finger schauen, damit sie nicht allzu viel Chaos anrichten.« Um seiner Aussage noch mehr Bedeutung zu verleihen, führte er dabei theatralisch seine Hände im spitzen Winkel zusammen und legte die Zeigefinger für einen kurzen Moment auf die Lippen. Dann öffnete er die Hände wieder und fuhr fort: »Aber, warum fragst du, was steht denn heute in der FAZ ?«
    Der PALZ- Chefredakteur hatte währenddessen sein eigenes FAZ -Exemplar aus der Tasche gezogen und es vor dem Oberstaatsanwalt ausgebreitet. »Na, was sagst du dazu?«, fragte er, während er mit dem Finger auf Tannenbergs Todesanzeige deutete.
    Dr. Hollerbach, Erzfeind des nach seiner Meinung extrem störrischen, unfähigen und unkooperativen Kommissariatsleiters, schlug entsetzt die Hand vor den Mund. »Um Himmels willen!« Er schnappte ein paar Mal nach Luft. »Also, ich hab ihm ja vieles gewünscht, aber doch nicht so was. Wie ist das passiert? Wieso hab ich davon nichts mitbekommen?« Fassungslos starrte er Richter an.
    Der fing den fragenden Blick auf, antwortete jedoch nicht, sondern grinste dafür über alle Backen.
    »Warum freust du dich darüber? Und dann auch noch so unverhohlen?« Mit empörter Klangfärbung versetzt, ergänzte der Oberstaatsanwalt: »Das ist wirklich ausgesprochen pietätlos, Eberhard. Der arme Mann.«
    Eberhard Richter nahm ihm diese plakativ zur Schau getragene Betroffenheit offenbar nicht ab, denn er veränderte sein provokatives Mienenspiel nicht einen Deut. Nur allzu gut erinnerte er sich an die vielen abschätzigen Bemerkungen in Bezug auf den Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission und die fiesen Intrigen, mit denen sich Dr. Hollerbach ihm gegenüber in der Vergangenheit des Öfteren gebrüstet hatte.
    Urplötzlich veränderte sich die Mimik des Chefredakteurs, sein Gesicht nahm wieder bedeutend ernstere Züge an. »Du musst dir keine Gedanken über mein Seelenheil machen, mein lieber Sigbert«, verkündete er und zauberte ein schadenfrohes Schmunzeln auf die Lippen. »Dein Busenfreund erfreut sich auch weiterhin bester Gesundheit.«
    »Was?« Dr. Hollerbachs Verwunderung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Gott sei Dank«, schob er eilends nach. Doch das kurze Aufleuchten seiner dunklen, tief liegenden Augen hatte bereits seine wahren Gefühle verraten. Verzweifelt versuchte er, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und plapperte weiter. »Ich bin ja so erleichtert, er hätte eine riesige Lücke …«
    Weiter sprach er nicht, denn auch er erinnerte sich just in diesem Moment daran, dass Richter schon mehrfach Zeuge der auf seinen Intimfeind gerichteten Hasstiraden gewesen war.
    So als ob er gerade Hollerbachs Gedanken gelesen hätte, fuhr der Journalist fort: »Ja, mein lieber Sigbert, du wirst dich wohl noch eine Weile mit diesem sympathischen Herrn herumschlagen müssen. Bei seiner Todesanzeige handelt es sich nämlich bloß um einen üblen Scherz.«
    »Woher weißt du das eigentlich so genau?«
    Richter ließ einen Augenblick verstreichen, dann rückte er die randlose Brille zurecht. »Tja, ich habe eben überall meine Informanten sitzen«, entgegnete er nebulös. Er räusperte sich, lehnte sich nach vorne und legte seine Unterarme auf die Schreibtischplatte. »Und das ist bei Weitem noch nicht alles, mein lieber Sigbert«, flüsterte er. »Wobei deine Reaktion auf die Todesanzeige meine Vermutung bestärkt, dass du auch noch nichts von der anderen Neuigkeit weißt.«
    Dr. Hollerbach rümpfte verblüfft die Nase und schob seine buschigen schwarzen Augenbrauen zusammen. »Welche andere Neuigkeit?«, fragte er.
    Genüsslich suhlte sich Richter noch ein paar Sekunden in seinem Informationsvorsprung, dann ließ er die Katze aus

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