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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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für Emmas Entführung in Betracht kommen könnten«, ließ Tannenberg verlauten.
     
     
    10 Uhr
     
    Vom Vorraum her erklangen plötzlich »Wolf«-»Wolf«-Rufe. Nur einen Wimpernschlag später erschien Heiner in der Tür. Er war völlig außer Atem und rang wie ein Asthmatiker nach Luft. Er drückte seinem Bruder eine Jutetasche in die Hand. Sie enthielt ein Päckchen, das demjenigen täuschend ähnelte, das zurzeit im Labor der Kriminaltechnik auf verwertbare Spuren hin untersucht wurde.
    »Wir … haben’s … erst gar nicht … aufgemacht«, hechelte er. »Es wurde uns gerade zugestellt … Von einem anderen … Paketdienst als vorhin.«
    Im ersten Moment hatte Tannenberg das Gefühl, noch einmal den gleichen Film anschauen zu müssen. Zu frappierend war die Duplizität der Ereignisse. Zugleich von Neugierde und Angst getrieben, streifte er Plastikhandschuhe über und stellte das kleine Paket auf Sabrinas Schreibtischunterlage.
    »Michael, gib mir mal dein Messer«, forderte er.
    »Ich hab auch eins«, versetzte Sabrina und reichte es ihm.
    »Diesmal in Zweibrücken abgestempelt«, nuschelte der Leiter des K 1, während er mit zitternder Hand das braune Klebeband durchtrennte.
    »Vielleicht solltest du besser warten, bis der Doc da ist«, empfahl Kommissar Schauß. »Weißt du, ob er noch unten im Labor …?«
    »Nein«, schnitt ihm Tannenberg das Wort ab.
    Man merkte ihm die neuerliche Anspannung deutlich an. Er war von Angst regelrecht gezeichnet und befürchtete offensichtlich das Schlimmste für Emma. Vielleicht war das vorhin nur die harmlose Ouvertüre, und jetzt macht dieser Irre Ernst, pochte es unter seiner Schädeldecke.
    »Ich ruf ihn gleich mal an«, verkündete Michael Schauß.
    Noch nicht einmal eine Minute später traf der Rechtsmediziner im K 1 ein. Er machte sich sogleich an die Arbeit. In dem Päckchen befand sich abermals ein Samttüchlein. Diesmal war es allerdings nicht weiß, sondern es wies ein schwarz-weißes Kuhfleckenmuster auf. Offenbar war es an mehreren Stellen mit einer schwarzen Flüssigkeit getränkt worden. Er zupfte die Spitzen des taschentuchgroßen Stoffes auseinander. Auf weichem, schwarzem Untergrund lag eine blonde Haarlocke. Daneben befanden sich zwei übereinanderliegende, zusammengefaltete Zettel. Der erste war eine Kopie der Todesanzeige.
    »Da wollte wohl einer ganz sichergehen, dass du die Anzeige auch wirklich mitbekommst«, stellte Dr. Schönthaler lapidar fest.
    Dann klappte er den anderen Zettel auseinander. Darauf stand in Maschinenschrift zu lesen:
     
    Emmas Locke auf ihrem Kindspech.
    Verstehst du die Symbolik?
    Nein? Es ist aber ganz einfach:
    Das arme Kind hat eben Pech ,
    dass es zu deiner Familie gehört.
     
    »Das soll Emmas Kindspech sein? Was für ein Blödsinn!«, polterte der Gerichtsmediziner. »Das sogenannte Kindspech ist der erste Stuhl eines Neugeborenen. Und das hier ist nur schwarze Farbe, sonst nichts.«
    Tannenberg deutete auf die Haarlocke, an deren dünnerem Ende es rötlich schimmerte. »Glaubst du, das Rote da unten ist Emmas Blut?«
    »Die Frage, ob es sich dabei um Tier- oder Menschenblut handelt, kann ich beim besten Willen nicht beantworten. Aber es sieht schon wie Blut aus.« Nach einer intensiveren Begutachtung schob er nach: »Ja, das ist hundertprozentig keine Farbe.«
    »Leute, von diesen beiden Päckchen erfährt außer uns hier niemand etwas, weder Geiger noch Eberle noch Hollerbach. Ist das klar?«
    Alle stimmten nickend zu.
    »Ich will nicht, dass morgen etwas darüber in der Zeitung steht. Ihr erwähnt es auch nicht in irgendeinem eurer Berichte. Ich verlass mich auf euch.«
    »Kannst du voll und ganz, Wolf.«
    »Gut.«
    »Das eine Päckchen wurde in Saarbrücken eingeworfen und das andere in Zweibrücken«, bemerkte Michael Schauß eher zu sich selbst. Mit anschwellender Stimme setzte er hinzu: »Das könnte doch ein Hinweis auf diesen Dr. Croissant sein.«
    »Du meinst wegen der Grenznähe zu Frankreich?«, meinte Sabrina.
    »Ja, sicher.«
    Tannenberg wiegte zweifelnd den Kopf hin und her. »Nein, nein, das glaube ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Entführer so blöd ist und uns derart unverblümt einen Hinweis auf seinen tatsächlichen Aufenthaltsort gibt. Das ist garantiert eine Finte! Ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass er und Emma sich hier in unserer unmittelbaren Nähe aufhalten – und nicht irgendwo im Dreieck Saarbrücken-Kaiserslautern-Zweibrücken, wie er uns weißmachen will. Die

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