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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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genau richtig so.«
    »Es hätte ja sein können, dass der Entführer noch gar nicht weiß, dass er das falsche Mädchen entführt hat. Und da wollte ich nicht riskieren, dass ich derjenige bin, der ihm dies mitteilt. Wer weiß schon, wie solch ein skrupelloser Mensch reagiert. War das wirklich nicht falsch?«
    »Nein, nein, Herr Krehbiel, machen Sie sich bitte keine Gedanken. Sie haben absolut richtig gehandelt«, zerstreute Mertel seine Bedenken. »Aber dieser Anruf war tatsächlich mehr als merkwürdig.« Er legte den Finger an die Lippen und brummte nachdenklich. »Wenn wir davon ausgehen, dass es sich bei dem Anrufer um einen Trittbrettfahrer handelt, dann verstehe ich nicht, wieso er …«
    »Sie meinen, dass ein Trittbrettfahrer sich garantiert sehr genau informiert hätte, bevor er eine Erpressung versucht«, schnitt ihm Krehbiel das Wort ab.
    »Genau«, bestätigte Mertel. »Und den Zeitungen war ja wohl eindeutig zu entnehmen, dass Emma und nicht Ihre Enkelin entführt wurde. Aber damit ist doch die Lösegeldforderung an Ihre Familie hinfällig geworden. Sein Verhalten ist völlig irrational.«
    »Somit kommt wohl nur ein Verrückter in Betracht«, bemerkte Krehbiel.
    »Ja, sieht ganz danach aus. Ich werde trotzdem Kollege Tannenberg über diesen Anruf informieren. Er soll sich sicherheitshalber mal die Stimme auf dem Band anhören. Vielleicht kommt sie ihm ja zufällig bekannt vor.« Mit einem bitteren Lächeln auf den Lippen schob er nach: »Zumal der Anrufer ja sowieso gefordert hat, dass er um 15 Uhr hier sitzen soll. Als ob er zurzeit nichts Besseres zu tun hätte. Obwohl, eigentlich …« Aus naheliegenden Gründen behielt er Tannenbergs Beurlaubung für sich.
    »Vielleicht war es ja doch der Entführer«, meinte August Krehbiel mit gepresster Stimme. Man sah ihm an, dass ihm bei dieser Vorstellung sehr unbehaglich zumute war.
    »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Mal was anderes, Herr Mertel. Ich bin natürlich kein Experte. Aber für einen Laien wie mich hat sich die Stimme des Anrufers ganz normal angehört, völlig ohne Verzerrungen.« Schmunzelnd ergänzte er: »Ganz anders, als man es oft in Fernsehkrimis hört.«
    »Ja, scheint mir auch so. Und genau das würde der tatsächliche Entführer hundertprozentig nicht tun.«
     
     
    14 Uhr 15
     
    Zum Zeitpunkt von Mertels Anruf hielt sich der vom Dienst freigestellte Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission gerade auf der Aussichtsplattform des Humbergturms auf und blickte über seine Heimatstadt. Die Tatsache, dass Alexander Fritsche urplötzlich mit einem offenbar hieb- und stichfesten Alibi aufwarten konnte und ihn der Oberstaatsanwalt daraufhin aus dem Polizeigewahrsam entlassen musste, hatte Tannenberg den Rest gegeben. Er war im Sturmschritt aus der engen, überhitzten Stadt geflüchtet. Der anstrengende Fußmarsch durch die bedeutend angenehmere Waldluft hatte seine Aggressionen abgebaut und seinen von dunklen Wolken vernebelten Geist ein wenig gelichtet.
    Mit anderen Worten: Er hatte Kraft geschöpft, Kraft, die er nun dringend benötigte, als er wieder ins Zentrum des Geschehens zurückkehrte.
    Auf sein Läuten hin erschien Ann-Sophies Mutter an der Eingangspforte der krehbielschen Villa. Als Tannenberg den Salon betrat, saßen Mertel, August Krehbiel und dessen Ehefrau Elfriede in recht ausgelassener Stimmung am Kaffeetisch beisammen. So, als sei der Kriminaltechniker gerade in flagranti bei einer Straftat ertappt worden, schoss er in die Höhe und schritt mit einer entschuldigenden Geste auf seinen Kollegen zu.
    »Ich wusste ja nicht genau, wann du kommst«, sagte Mertel, unterlegt mit einem nervösen Hüsteln. Nachdem er sich ein paar Schritte von den Krehbiels entfernt hatte, flüsterte er: »Wolf, du denkst jetzt hoffentlich nicht, mich würden die schrecklichen Ereignisse nicht berühren.«
    Tannenberg legte ihm den Arm auf die Schulter. »Quatsch, Karl, mach dir mal keinen Kopf. Ich weiß, wie sehr du mit uns leidest.«
    Mertel nickte dankbar.
    »Spiel mir lieber mal das Band vor.«
    Erleichtert leuchtete Mertels Gesicht auf. »Schon vorbereitet«, sagte er, nahm vor den Geräten Platz und reichte seinem Kollegen den Kopfhörer.
    Tannenberg hörte sich mehrmals den Gesprächsmitschnitt an. Er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und wiegte unentwegt den Kopf hin und her.
    »Du kennst die Stimme also nicht?«
    »Nein, Karl, ich glaube nicht. Aber lass das Band bitte mal in Zimmerlautstärke laufen.

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