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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Mertel zu.
    »Trotzdem werde ich heute Abend seine Forderungen erfüllen. Auch wenn er jetzt nicht mehr anrufen sollte.«
    »Aber warum denn das?«
    »Weil ich mir nicht den geringsten Fehler erlauben kann. Auch wenn die Chance noch so klein wäre, Emmas Entführer zu fassen, würde ich sie nutzen. Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn ich nicht alles versucht hätte. Außerdem kann ich dann wenigstens etwas tun. Diese verdammte Warterei treibt mich noch in den Wahnsinn.«
    In Gedanken an seine kleine Enkeltochter seufzte Krehbiel: »Ich würde mich ganz genau so verhalten wie Sie, Herr Hauptkommissar.«
    Mertel blickte auf seine Armbanduhr. »Schon zehn nach drei. Ich glaube nicht, dass dieser Irre sich noch mal meldet. Wahrscheinlich hat er Angst vor der eigenen Courage bekommen. Wie du vermutet hast, Wolf.«
    »Oder er hat inzwischen endlich kapiert, dass Emma entführt wurde, und nicht der Spross einer reichen Unternehmerfamilie.« Mit einem Seitenblick auf August Krehbiel ergänzte Tannenberg. »Bei uns ist ja leider nichts zu holen.«
    »Wieso ›leider‹, Wolf? Das ist doch eigentlich Emmas Glück.«
    »Ja, aber warum hat ihr Entführer sie dann noch immer nicht freigelassen?«
     
     
    21 Uhr 45
     
    Nach kurzer Beratung mit seinen engsten Mitarbeitern hatte Tannenberg am Nachmittag beschlossen, weder seinen unmittelbaren Vorgesetzten noch die Staatsanwaltschaft über den Erpresseranruf und die geplante fingierte Geldübergabe zu informieren. Aufgrund der Beurlaubung konnte er seine Kollegen natürlich nicht zu diesem Einsatz dienstverpflichten. Er konnte sie lediglich um ihre Teilnahme bitten. Alle sagten spontan zu.
    Für den Fall, dass doch irgendjemand von dieser ungenehmigten Aktion Wind bekommen sollte, hatte Sabrina schnell eine Notlüge parat. Diese war zwar nicht sonderlich glaubwürdig, aber das spielte im Vergleich zur Chance, möglicherweise Emma aus den Klauen ihres Entführers zu befreien, keine Rolle. Insgeheim glaubte keiner der Kriminalbeamten an einen Erfolg dieser Maßnahme, doch aus Solidarität mit ihrem Chef behielten sie ihre ausgeprägte Skepsis für sich.
    Wolfram Tannenberg verbrachte einen großen Teil der Nachmittags- und Abendstunden in den Räumen der Kriminaltechnik im Keller seiner Dienststelle. Mertel hatte ihm die Aufnahme des Erpresseranrufs und weitere Bänder mit Verhörmitschnitten zur Verfügung gestellt, die sich der offiziell zur Tatenlosigkeit verdammte Leiter des K 1 in einem abgelegenen Archivraum mehrmals zu Gemüte führte. Sabrina versorgte ihren Chef zudem mit den Ermittlungsakten seiner alten Fälle, die er noch einmal durcharbeitete. Beides allerdings ohne Erfolg.
    Seine Familie wurde ebenfalls nicht über die geplante Aktion informiert. Als er gegen Viertel vor zehn sein Elternhaus verließ, gab er an, sich ein wenig die Beine vertreten zu wollen und anschließend Dr. Schönthaler zu besuchen. Was er dann auch tat, allerdings auf direktem Wege. Der Rechtsmediziner erwartete ihn bereits. An der Haustür übergab er ihm eine Plastiktüte. Sie war mit unzähligen Bündeln aus Zeitungspapier gefüllt. Tannenberg machte seinem Freund deutlich, dass er aus Sicherheitsgründen leider auf seine Begleitung verzichten müsse. Doch der eigenwillige Pathologe zeigte sich wie immer unbeeindruckt und heftete sich selbstredend seinem Freund an die Fersen.
    Erst im Bahnhofsgebäude gelang es Tannenberg, den treuen Kumpanen zur Revision seines Verhaltens zu bewegen. Und zwar dadurch, dass er ihm eine angeblich wichtige Aufgabe übertrug: Er bat ihn eindringlich, den Eingangsbereich im Auge zu behalten. Dr. Schönthaler schien etwas Derartiges vorausgeahnt zu haben, denn statt Protest dagegen einzulegen, zog er eine Digitalkamera aus der Tasche und begann, wie ein Bahnhofsfetischist wild draufloszufotografieren.
    Wie am Nachmittag verabredet, saß Mertel auf dem zur Übergabe vorgesehenen Bahnsteig auf einer Bank, als Reisender getarnt. Sabrina inspizierte den gegenüberliegenden Bahnsteig. Allerdings hielt sie sich nicht im Freien auf, sondern in einem kleinen, normalerweise nur für Bahnpersonal zugänglichen Abstellraum. Ihr Ehemann Michael beobachtete den vermeintlichen Übergabeort von dem südlich des Bahngeländes gelegenen Parkplatz aus. Nach Ablage der Plastiktüte wollte Tannenberg sich zu ihm begeben und ihm dabei Gesellschaft leisten. Im Halbstundenrhythmus sollten Michael, Sabrina und Mertel ihre Spähpositionen tauschen.
    Eigentlich sollte die

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