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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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blieb ihnen der Weg zu ihrer Herkunftsfamilie meist versperrt. Ihre alten Namen sind die notwendigen Schlüssel zur Vergangenheit. Lange waren sie verschollen, nun sind sie endlich wiederaufgetaucht. Der Weg zurück zu den eigenen Wurzeln wird für die geraubten Kinder sehr beschwerlich werden, und er wird mit vielen Überraschungen gepflastert sein.
    »Auf solch einen Weg hat sich wahrscheinlich auch dieser Knut begeben«, spekulierte Dr. Schönthaler. »Nehmen wir mal an, seine Adoptiveltern haben ihm irgendwann gebeichtet, dass er adoptiert wurde. Dann liegt doch nahe, dass er sich auf die Suche nach seinen leiblichen Eltern begeben hat. Und irgendwie muss er dabei von der Existenz seines Zwillingsbruders erfahren haben.«
    Er stockte, dann fasste er sich an die Stirn. Sein Gesicht leuchtete auf. »Ja, sicher. Der ist bestimmt im Internet oder in einem Zeitungsarchiv auf ein Foto gestoßen, auf dem einer abgebildet war, der ihm täuschend ähnlich sah: sein Zwillingsbruder Lars Mattissen. Von dessen Existenz er bis zu diesem Moment nichts wusste, noch nicht einmal etwas ahnte.«
    »Ja, aber seine Adoptiveltern …«
    »Wolf, die hatten vielleicht gar keine Kenntnis von einem mit der Mutter in den Westen geflüchteten Zwilling. Diese Chose lief garantiert völlig anonym ab.«
    »Durchaus möglich«, pflichtete Heiner bei.
    »Was mag wohl in diesem Knut vorgegangen sein?«, fragte der Gerichtsmediziner. Ohne eine Antwort abzuwarten, fügte er an: »Wahnsinn! Stellt euch das bitte einmal vor: Ihr findet plötzlich euren Zwillingsbruder, ihr flippt vor Freude aus. Und dann müsst ihr gleich darauf lesen, dass der Mensch, der euch genetisch am nächsten steht, der sogar ein genetisches Abbild von euch ist, am 9. August 2002 mit einem Kopfschuss getötet wurde.« Mit dem Zeigefinger stach er auf Tannenberg ein. »Und zwar von dir.«
    »Nicht von mir, sondern von Kreilinger«, schrie der Kriminalbeamte mit hochrotem Kopf.
    Dr. Schönthaler beschwichtigte mit einer Handbewegung. »Natürlich, Wolf, das wissen wir doch alle.«
    »Warum knöpft er sich den nicht vor, wenn er seinen Bruder rächen will?«
    »Du weißt doch genau, wie ich das meine: Emmas Entführer macht nicht den Rambo-Förster, sondern dich für Mattissens Tod verantwortlich. Für ihn würdest du auch dann die Schuld am Tod seines Zwillingsbruders tragen, wenn er bei einer Verfolgungsjagd einen tödlichen Unfall erlitten hätte. Denn hättest du ihn nicht gnadenlos gejagt, wäre er wahrscheinlich noch am Leben. – So jedenfalls denkt dieser Knut!«
    »Ja, verdammt, hätte ich diesen psychopathischen Serienmörder denn damals laufen lassen sollen?«
    »Du hast gerade eben den Nagel auf den Kopf getroffen.«
    »Was?«, fragte Tannenberg verwirrt.
    »Genau das ist der springende Punkt an der ganzen Sache. Stellt euch einmal vor, euer Leben verlief bislang in einigermaßen geordneten Bahnen. Dann erfahrt ihr nicht nur von der Existenz eines Zwillingsbruders und gleich anschließend von dessen Tod, sondern zudem auch noch, dass euer genetisches Duplikat ein psychopathischer Serienmörder war. Würdet ihr dann nicht auch ausflippen?«
    »Du meinst, durch diesen Schock ist Knut psychisch kollabiert?«, bemerkte Heiner.
    »Und rechtfertigt seinen Rachefeldzug damit, dass er gar nicht anders kann, weil er aufgrund seiner Gene ebenfalls psychisch krank ist?«, vollendete Tannenberg.
    »Also, Jungs, wenn das keine schlüssige Erklärung ist«, überschüttete sich der Hobbykriminalist mit Eigenlob.
     
     
    14 Uhr
     
    Margot hatte ihre Söhne angerufen und sie gebeten, so schnell wie möglich zur Krehbiel-Villa zu kommen. Als die beiden Brüder zu Fuß am Stadtpark eintrafen, erwartete sie ihre Mutter vor dem Gebäude. Sie machte einen sehr angespannten, nervösen Eindruck.
    »Ich hab’s zu Hause nicht mehr ausgehalten und hab mich mit Elfriede getroffen«, erklärte die alte Dame und setzte, nachdem sie in kleinen Stößen die trockenheiße Sommerluft eingesogen hatte, mit gebrochener Stimme hinzu: »Genau an der Stelle, wo Emma …« Sie stockte und kämpfte ein paar Sekunden lang gegen ihre aufsteigenden Gefühle an. Dabei zuckten ihre verwelkten, blassen Lippen wild, und ihre Augen schwammen regelrecht in Tränen. Wimmernd vollendete sie den begonnenen Satz: »Und Ann-Sophie am Sonntagmorgen so schön miteinander gespielt haben.«
    Es war ein herzzerreißender Anblick. Tannenberg und Heiner nahmen ihre Mutter in den Arm und versuchten, sie zu trösten.
    »Ich

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