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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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gehört?«
    Während Heiner den Kopf schüttelte, ignorierte Tannenberg zunächst die Frage und berichtete mit stolzgeschwellter Brust von seiner vermeintlich genialen Falschgeld-Idee. Dann ging er in den Flur und telefonierte mit Mertel. Der Kriminaltechniker erklärte sich ohne Zögern zur Beschaffung des Falschgeldes bereit. Tannenberg bat ihn eindringlich, weder irgendwo einen Peilsender anzubringen noch die Banknoten zu markieren. Mertel versprach es ihm.
    Erst nach diesem Telefonat kam Tannenberg auf die von Dr. Schönthaler gestellte Frage zurück: »Minnesota-Studie? Nee, davon hab ich noch nie etwas gehört.«
    »Vor fast 30 Jahren hat ein amerikanischer Psychologe eine spektakuläre Studie durchgeführt«, eröffnete der Pathologe seinen kleinen Vortrag. Er suchte in einem Stapel DIN-A4-Blätter, die er zu diesem Thema ausgedruckt hatte, nach dem betreffenden Text. »Und zwar, um Aufschluss über die Bedeutung der Gene für die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen zu erhalten. Dazu hat er auf der ganzen Welt nach getrennt aufgewachsenen eineiigen Zwillingen gesucht. Er konnte 70 Zwillingspaare ausfindig machen, die in ihrer Kindheit voneinander getrennt wurden und die zum Teil jahrzehntelang keinen Kontakt untereinander hatten. Die Zwillingspärchen wiesen zwar identische Gene auf, doch die Umweltbedingungen, in denen sie lebten, unterschieden sich vollkommen. Nicht selten wuchsen sie sogar in verschiedenen Kulturkreisen oder anderen Kontinenten auf.«
    »Interessanter Forschungsansatz«, bemerkte Heiner.
    »Ja, durchaus. Aber die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Studie sind noch viel, viel interessanter.« Dr. Schönthaler trank einen großen Schluck Wasser, bevor er die Forschungsergebnisse präsentierte: »Der Psychologe hat schier unglaubliche Dinge zutage gefördert. Zu den ersten der untersuchten eineiigen Zwillinge gehörten Jim Lewis und Jim Springer. Die beiden wurden im Alter von nur vier Wochen getrennt und sind sich erst 40 Jahre später wieder begegnet. Dass sie trotz dieser langen Trennungszeit einander immer noch wie ein Ei dem anderen glichen, mag nicht sonderlich verwundern.«
    »Nee, schließlich haben sie ja dieselben Gene.«
    »Die gleichen, Wolf, nicht dieselben«, korrigierte Dr. Schönthaler mit einem süffisanten Grinsen.
    »Klugscheißer!«
    »Aber was haltet ihr denn von diesen Befunden: Die beiden kauten exzessiv Fingernägel, bevorzugten die gleiche Biersorte, hörten die gleiche Musik, waren Kettenraucher derselben Zigarettenmarke und tischlerten gern. Zum Beispiel hatten beide eine nahezu identisch aussehende Rundbank um einen hohen Baum in ihren Gärten gebaut. Aber das sind noch nicht alle Übereinstimmungen zwischen den Zwillingsbrüdern: Beide gaben ihren Kindern die gleichen Vornamen, beide hielten einen Hund namens ›Toy‹. Beide waren zum zweiten Mal verheiratet, und zwar jeweils mit Linda und Betty – sogar in derselben Reihenfolge. Ist das nicht der blanke Wahnsinn?«
    »Das glaub ich nicht«, sagte Heiner.
    »Es ist aber wirklich so. Der Psychologe hat noch viele andere dieser unglaublichen Duplizitäten bei getrennt aufgewachsenen Zwillingen entdeckt.«
    »Die du uns jetzt aber hoffentlich nicht auch noch alle schildern willst«, stöhnte Tannenberg.
    »Du bist und bleibst einfach ein wissenschaftsfeindlicher Dilettant«, schimpfte der Pathologe.
    »Nein, Rainer, das ist schon ziemlich interessant. Aber ich habe im Moment wirklich andere Sorgen.«
    Dr. Schönthaler zog das Kinn zum Hals und schürzte abschätzig die Lippen. »Sag mal, bist du eigentlich so blöd oder tust du nur so?«
    »Wieso?«
    »Ist dir nicht klar, was diese Forschungsergebnisse für uns bedeuten?«
    »Nee. Mir ist nämlich völlig schnuppe, ob Lars und dieser Knut dieselbe Biersorte trinken.«
    »Mensch, Wolf, darum geht es doch überhaupt nicht.«
    »Worum geht es denn dann?«
    Der Rechtsmediziner wiegte verständnislos den Kopf hin und her. »Unter anderem darum, dass wir aufgrund dieser Studie ein stichhaltiges Persönlichkeitsprofil von Emmas Entführer erstellen können.«
    »Klingt ziemlich logisch, Wolf, findest du nicht?«, meinte Heiner.
    »Ja, sicher, aber wir haben im Moment leider keine Zeit für diesen Profiling-Kram.«
    »Vielleicht wird dir die Relevanz für unseren Fall ja dann klar, wenn du dir das Folgende angehört hast.« Wieder stöberte er in seinen Papieren nach der entsprechenden Textpassage. Nachdem er sich geräuspert hatte, las er vor: »Cornelia und

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