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Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Kindspech: Tannenbergs achter Fall

Titel: Kindspech: Tannenbergs achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Ulrike, ein eineiiges Zwillingspaar, wurden in der DDR geboren und kamen bereits als Babys in ein Kinderheim, wo sie von verschiedenen Eltern adoptiert wurden. Erst 26 Jahre später erfuhren sie voneinander und trafen sich.«
    Sein energischer Blick hüpfte zu den beiden Brüdern. »Die ebenfalls verblüffenden Gemeinsamkeiten will ich euch diesmal ersparen. Für unseren Fall ist nicht nur von Bedeutung, dass dieses Zwillingspaar in der DDR das gleiche Schicksal erlitten hat wie Lars und sein Bruder, bedeutend interessanter ist die Beschreibung ihrer Gefühle, nachdem sie erfahren hatten, dass sie eine eineiige Zwillingsschwester haben.«
    »Sie waren zunächst bestimmt ganz schön geschockt«, warf Heiner ein.
    »Das kann man wohl sagen«, gab der Rechtsmediziner nickend zurück. »Die beiden Schwestern verspürten exakt die gleichen Gefühle, nachdem sie von der Existenz der jeweils anderen erfahren hatten: Am Anfang durchlebten die Zwillinge nach eigenen Worten eine extrem labile Achterbahnfahrt der Emotionen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ja, Heiner, aber das war bald vorbei. Denn ziemlich schnell entwickelte sich bei beiden eine geradezu euphorische und sehr stabile Grundstimmung. Die Vorfreude auf den anderen wurde nicht enttäuscht. Nun sind sie seit ihrem ersten Zusammentreffen nach 26 Jahren ein Herz und eine Seele. Weil sie festgestellt haben, wie sehr sie einander ähneln und wie sehr sie aufeinander angewiesen sind. Eine von ihnen sagte in einem Interview: ›Wenn meiner Schwester etwas zustoßen sollte, wäre es so, als ob man mir das Herz aus dem Leibe reißen würde. Ich könnte dann nicht mehr weiterleben.‹«
    Dr. Schönthaler fixierte Tannenberg mit einem stechenden Blick. »Und jetzt kommt der springende Punkt: Der Verlust des identischen eigenen Abbildes führt bei vielen Zwillingen offenbar zu einem extremen psychischen Schock, dem vielfach unkalkulierbare Panikreaktionen folgen, unter anderem die Selbsttötung.«
    »Du meinst also, Lars’ Zwillingsbruder ist zu einem ähnlich fatalen Entschluss gelangt: Suizid aufgrund dieses Verlusterlebnisses?«, fragte Tannenberg mit dünner Stimme.
    Sein bester Freund seufzte auf. »Ja, das ist wohl zu befürchten.«
    »Verstehe ich euch richtig?«, meldete sich Heiner zu Wort. »Ihr glaubt, dieser Irre hat von vornherein seinen Tod eingeplant, sozusagen als finaler Showdown seines makaberen Rachefeldzuges?«
    »Es läuft wohl immer mehr darauf hinaus. Schließlich weiß er schon länger vom Tod seines Bruders. Sicherlich hat er sein perverses Spiel akribisch geplant. Wenn wir davon ausgehen, dass die identische genetische Grundausstattung der beiden Zwillinge nicht nur deren äußerliche Merkmale betreffen, sondern auch maßgeblich deren Persönlichkeitsentwicklung gesteuert haben, dann lautet wohl die erschreckende Quintessenz: Dieser Knut ist genauso verrückt, skrupellos und gemeingefährlich wie sein Bruder.«
    Trotz der hochsommerlichen Temperaturen lief es dem Kriminalbeamten bei diesen Worten eiskalt den Rücken hinunter. Betreten blickte er hinunter auf seinen rechten Arm, wo sich die Haare inzwischen steil aufgerichtet hatten.
     
     
    21 Uhr 40
     
    Vor etwa einer Stunde hatte sich Wolfram Tannenberg in seiner Wohnung den Rucksack über die Schultern gehängt, der eine Million Euro Falschgeld enthielt. Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass er sein eingeschaltetes Handy und seine Dienstwaffe auch tatsächlich dabeihatte, war er zu seiner Familie gegangen und hatte sich von jedem Einzelnen mit einer innigen Umarmung verabschiedet.
    Aus Furcht vor Journalisten und Fotografen fuhr er eine Weile ziellos mit seinem Auto durch die Gegend. Erst als er sich völlig sicher war, dass er nicht verfolgte wurde, stellte er seinen alten BMW in der Conradstraße ab und machte sich zu Fuß auf den Weg zum Hauptbahnhof.
    Obwohl er seit der Entführung kaum mehr als ein paar Stunden geschlafen hatte und inzwischen wie ein Todkranker aussah, verspürte er nicht die geringste Müdigkeit. Sein ausgemergelter Körper war vollgepumpt mit Adrenalin.
    Innerlich kochte er vor Wut.
    Das ist doch der pure Irrsinn: dieselbe Summe, dieselbe Uhrzeit, derselbe Bahnsteig. Duplizität der Ereignisse – das Teufelswerk eines kranken Zwillingshirns, grollte er in Gedanken.
    Von wegen › Simon says‹ – Knut befiehlt, und ich Idiot muss die Befehle dieses Psychopathen ausführen, schimpfte er tonlos weiter. Wenn ich dich Scheißkerl erwische, zermalme ich

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