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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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gerade der Nation beitreten, doch wir liebten Ali wegen dieser ungeheuren Trotzhandlung. Es war Trotz dagegen, der gute Neger sein zu müssen, der gute Christ, der darauf wartet, von dem rechtschaffenen weißen Versorger belohnt zu werden. Wir liebten Ali, weil er so schön und mächtig war und weil er so eine dicke Lippe riskierte. Doch er verkörperte damals auch viele Gefühle der Schwarzen, unsere Wut, unsere berechtigten Ansprüche, die Notwendigkeit, besser zu sein, nur um den Durchschnitt zu bekommen, das Gefühl, sich gegen die Furien zu stellen.«
     
    Clay fuhr nach Norden, nach New York, und stieg im Hotel Theresa in Harlem ab. Er fuhr in einem Cadillac mit Chauffeur vor, beeilte sich aber, den Reportern zu beschreiben, wie er auf seiner Zweitagesreise von Miami in verschiedenen Restaurants abgewiesen worden sei. (»Man it was really a letdown drag / For all those miles I had to eat out of a bag.« – »War das vielleicht öde, meine Güte, / Die vielen Meilen nur Essen aus der Tüte.«) Das Theresa, ein Wahrzeichen von Harlem, war da viel einladender. Joe Louis hatte dort gewohnt, ebenso Dutzende weiterer schwarzer Berühmtheiten, wenn sie in Manhattan waren. Fidel Castro hatte dort gewohnt. Nahezu jede Demonstration in Harlem begann vor dem Hotel Theresa.
    Während der ersten Märztage hielt Clay im Hotel hof und ging mit Malcolm X überallhin – machte Spaziergänge in Harlem, am Times Square, er besichtigte die Vereinten Nationen und gab dort eine Pressekonferenz. Ein Reporterschrieb, der Boxer und der politische Führer hätten in der UN für die größte Aufregung gesorgt, seit Nikita Chruschtschow mit dem Schuh auf das Rednerpult geschlagen habe. Malcolm, dem viel daran lag, Clay für die neuen Koalitionen zu gewinnen, die er zu bilden gedachte, ging mit ihm sogar nach Long Island, um ihn zu überreden, sich in der Nähe von ihm, in Queens, ein Haus zu kaufen. Doch Clay konnte seine Loyalität nicht mehr lange strapazieren. Der Riß zwischen Muhammad und Malcolm X war tief; die Führung der Nation duldete wohl nicht länger, daß Clay einerseits Mitglied und andererseits mit dem Feind befreundet war. Noch während er in der Öffentlichkeit weiterhin Muhammad die Treue schwor, hatte Malcolm gesagt, er wolle versuchen, eine neue, unabhängige Gruppe zu bilden – eine Gruppe, die die Nation sogleich als Bedrohung ansehen mußte.
    Am 6. März erklärte Elijah Muhammad in einer Rundfunkrede, dem Namen Cassius Clay mangele es an »göttlicher Bedeutung«, er müsse durch einen Muslim-Namen ersetzt werden. »Ich werde ihm den Namen ›Muhammad Ali‹ geben, solange er an Allah glaubt und mir folgt.« Früher hatte der Boxer immer den geschichtlichen Hintergrund und den Wohlklang seines Namens bewundert. »Dabei fallen einem doch gleich das Kolosseum und die römischen Gladiatoren ein. Cassius Marcellus Clay. Sagen Sie sich das mal vor. Ein schöner Name.« Nun aber hatte er andere Anweisungen bekommen: »Muhammad« bedeutete Lobenswerter, und »Ali« war der Name eines Vetters des Propheten. Die meisten Mitglieder der Nation hatten ein X als Nachnamen; Elijah Muhammad verlieh »vollständige« islamische heilige Namen hauptsächlich als große Ehre an langjährige führende Muslims, die der Bewegung schon Jahrzehnte angehört hatten. Elijah brauchte Clay nicht nur alsDukatenesel und Werbevehikel, sondern auch als Waffe im Krieg gegen Malcolm X.
    Malcolm hörte die Rede im Autoradio und war außer sich. »Das ist ein politischer Schachzug!« sagte er. »Das hat er getan, damit er nicht mit mir kommt.«
    Natürlich hatte Malcolm damit recht. Aus Chicago kamen Emissäre ins Hotel Theresa, um Appelle an den neuen Champion, an Muhammad Ali, zu richten. Sie appellierten an Alis Treue und seinen Glauben, sagten, er solle sich erinnern, wer der wahre »Sendbote« sei und wer nur der Prätendent. Sie versprachen Ali sogar eine Frau, eine von Elijah Muhammads Enkelinnen, wenn er wollte.
    Ein paar Tage später kam Alex Haley im Auftrag des
Playboy
ins Hotel. Er stand Malcolm schon sehr nahe; ein-, zweimal die Woche kam Malcolm in Haleys Wohnung, um sich ausführlich für das Buch interviewen zu lassen, das seine Autobiographie werden sollte. Haley merkte sehr schnell, daß Ali sich entschieden hatte.
    »Man lehnt sich nicht ungestraft gegen Mr. Muhammad auf«, sagte Ali. »Ich möchte nicht mehr über ihn reden.«
    Die Härte, mit der Ali sich von Malcolm X trennte, ist kaum zu übertreiben. Ali begab sich auf

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