Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
Vom Netzwerk:
sich vier Frauen zu suchen: Eine, die ihm die Schuhe putzte, eine, die ihn mit Trauben fütterte, eine, die ihm die Muskeln mit Olivenöl einrieb, und eine namens »Peaches«. Er war nicht bereit, sich die selbstgerechten Moralpredigten eines in Mißkredit geratenen Lehrers anzuhören.
    »Mann, hast du Malcolm gesehen?« fragte er Herbert Muhammad. »In dem komischen weißen Gewand, mit einem Bart und mit diesem Stock, der aussah wie der Stab eines Propheten? Mann, der ist erledigt. Der ist so total erledigt, der ist völlig am Ende. Auf Malcolm hört doch keiner mehr.«
    Dem Großteil des Landes, zumal dem weißen Amerika, war es völlig gleichgültig, welche Differenzen zwischen Malcolm und Elijah Muhammad bestanden und welche Position ein zweiundzwanzigjähriger Boxer aus Louisville zwischen ihnen einnahm. Neben der wahrhaft epischen Schlacht, die sich zwischen den Befürwortern der Bürgerrechte und ihren Gegnern auf der Straße, im Kongreß und vor Gericht abspielte, nahm sich diese Spaltung gänzlich marginal aus. Nur sehr wenige (außerhalb des FBI selbstredend) nahmen sich die Zeit, sich ein Bild von diesen Differenzen zu machen. Einige schwarze Nationalisten aber, die Ali als Boxer wie auch als unabhängigen Menschen bewunderten, stellten seine Reife und seine Entscheidung in Frage. Der Dichter und schwarze Nationalist LeRoi Jones, der sich später Imamu Amiri Baraka nannte, meinte, Ali sei zwar nun »mein Mann«, daß er sich aber für Elijah Muhammad und gegen Malcolm X entschieden habe, bedeute, »daßer ein ›
homeboy
‹ ist, denn er gibt sich diesem volkstümelnden Vektor aus dem Herzen des harten Arme-Neger-Spiritualismus anheim, das heißt, er ist jetzt eigentlich nur wütend und nicht intellektuell (soziopolitisch) motiviert«.
    Sonia Sanchez, eine bekannte Dichterin und Aktivistin von CORE , fand Baraka unflexibel und unversöhnlich, besonders im Hinblick auf Alis Position und Alter. »Ali hatte keine Zeit für eine Analyse«, sagte sie. »Er mußte sich im Bruchteil einer Sekunde zwischen Malcolm und Elijah Muhammad entscheiden, und da gab es keinen grauen Bereich, nichts dazwischen. Er war bei der Nation von mächtigen Leuten umgeben, die ihn überzeugen konnten, daß Malcolm ihm wohl nahe gestanden habe, daß der wahre Führer aber Elijah Muhammad sei. Man darf auch nicht vergessen, daß die Spaltung nicht dadurch besser wurde, daß Kräfte von außen, darunter das FBI , die Nation und andere schwarze Gruppierungen infiltrierten, um sie zu schwächen. Das Establishment sah, daß nun selbst Leute aus der Mittelschicht zu einer radikaleren Position – zu Malcolms Position – fanden, und wollte diese unterwandern. Ali war ein großer Mann, doch er war kein Denker, kein Analytiker. Man konnte nicht von ihm erwarten, daß er bessere Blitzentscheidungen traf als andere.«
    Robert Lipsyte von der
Times
war von Ali weniger deshalb enttäuscht, weil er mit Malcolm brach, als vielmehr, weil er so leicht hinnahm, wie ein kleiner Kern von Mitgliedern der Nation of Islam nun gegen Dissidenten vorging. Lipsyte kannte einen Muslim namens Leon 4X Ameer, der als eine Art improvisierter Pressesekretär für Ali fungiert hatte. Ameer war auch Malcolm X’ Leibwächter und Planer vor dessen Suspendierung gewesen. Ameers Verhältnis zu Malcolm machte ihn nun für die Muslims verdächtig. Eines Tages fielen der Captain der Bostoner Moschee der Nationund drei weitere Black Muslims im Foyer des Biltmore Hotels in Boston über Ameer her und schlugen ihn mit Knüppeln zusammen. Ameer hatte Glück; er wurde von einem Wachmann gerettet. In derselben Nacht brach jedoch eine weitere Gruppe Muslims aus der Bostoner Moschee in sein Zimmer ein und schlug ihn halbtot. Am nächsten Morgen fand man ihn in der Badewanne, sein Gesicht glich einem Hamburger; seine Trommelfelle waren geplatzt und mehrere Rippen gebrochen.
    Lipsyte hatte zusammen mit Ameer einen Zeitschriftenartikel über die Muslims geplant. Als Ali nach New York kam, um einen Vertrag über die Rundfunkrechte für einen Rückkampf mit Sonny Liston zu unterschreiben, fragte Lipsyte den neuen Champion, wie er es finde, daß man seinen alten Freund so verprügelt hatte.
    »Ah-meer? Ein kleiner Kerl?« sagte Ali spöttisch. »Ich glaube, ich erinnere mich an einen kleinen Kerl, der sich im Camp herumdrückte, der immer gern runterging und mir die Zeitungen holte. Jetzt höre ich, daß er Lügen erzählt, daß er sagt, er sei mein Pressesekretär gewesen.«
    Lipsyte

Weitere Kostenlose Bücher