King of the World
so viele unserer Hoffnungen, vielleicht sogar Träume von Rache.«
Die Verehrer Joe Louis’ reichten von Count Basie, der ihm zu Ehren einen Song schrieb (»Joe Louis Blues«), bis hin zu Richard Wright, der über seine Kämpfe für
The New Masses
berichtete (»Joe Louis zeigt Dynamit«). In
Warum wir nicht warten können
erinnerte sich Martin Luther King: »Vor über fünfundzwanzig Jahren führte einer der Südstaaten eine neue Methode der Todesstrafe ein. Giftgas ersetzte den Galgen. In den Anfängen wurde ein Mikrofon in die abgedichtete Todeskammer gestellt, damit wissenschaftliche Beobachter die Worte des sterbenden Häftlings hören konnten, um sich ein Bild zu machen, wie sich das Opfer in dieser neuen Situation verhielt. Das erste Opfer war ein junger Neger. Als das Kügelchen in den Behälter fiel und das Gas frei wurde, kamen durch das Mikrofon die folgenden Worte: ›Joe Louis, rette mich. Joe Louis, rette mich. Joe Louis, rette mich …‹«
Anfang der sechziger Jahre, als aus der Bürgerrechtsbewegung verschiedene Richtungen militanter Politik hervorgingen, fanden viele Schwarze, daß die Amerikaner ihren Sporthelden zuviel und dem Leiden von Millionen normaler Menschen zuwenig Beachtung schenkten. 1962, am Tag des ersten Kampfs zwischen Patterson und Liston, berichtete Bob Lipsyte in der
Times
über einen Marsch in New York, mit dem gegen Wohnungsdiskriminierung demonstriert wurde. Einer der jungen Schwarzen im Zug sagte ihm: »Wir sind darüber hinweg, daß wir uns über einen Neger, der einen Homerun schlägt oder eine Meisterschaft gewinnt, begeistern.«
Doch die Begeisterung am Sport ist in Amerika eine Konstante des zwanzigsten Jahrhunderts. Das Boxen wurde in den sechziger Jahren verstärkt zur Rassenmetapher. Und auch wenn Ali nicht jeden Artikel über sich gelesen hat, war er sich seiner Position im Verhältnis zu Jack Johnson wie auch Joe Louis sehr bewußt. Ali konnte die vorhersehbaren Beschimpfungen ertragen: die Zeitungen, die ihn weiterhinClay nannten, die Attribute, die er von Jimmy Cannon und Dick Young erhielt. Was ihn allerdings schmerzte, war die Ablehnung durch den Helden seiner Kindheit, Joe Louis.
»Clay wird sich wegen seiner Verbindung mit den Black Muslims den Haß der Öffentlichkeit zuziehen«, sagte Louis Reportern gegenüber. »Was sie predigen, ist das genaue Gegenteil dessen, woran wir glauben. Der Schwergewichtschampion sollte ein Champion aller Menschen sein. Er trägt Verantwortung allen Menschen gegenüber.
Clay hat für eine Million Dollar Selbstvertrauen und für zehn Cent Mut«, fuhr Louis fort. »Er hat keinen Punch. Er kann einem nicht weh tun, und ich glaube, er kann auch nicht einstecken. Er hat Glück, daß es zur Zeit keine guten Kämpfer gibt. Ich würde ihn auf eine Stufe mit Johnny Paycheck, Abe Simon und Buddy Baer stellen … Ich hätte ihn verprügelt. Er hat keine Ahnung, wie man an den Seilen kämpft, und genau da wäre er bei mir. Ich würde weniger versuchen, besser zu boxen, als vielmehr, härter zu schlagen. Ich würde ihn unter Druck setzen, ihn durch den Ring prügeln, ihn fertigmachen, mit allem, was ich habe, auf ihn eindreschen, sein Tempo bremsen, ihm auf die Rippen gehen. Clay hätte Schwellungen am Körper. Er hätte Schmerzen. Vor Schmerz würde er den Mund fest zusammenpressen, und in seinen Augen würden Tränen brennen.«
Ali hätte Louis ignorieren können. Anfang der sechziger Jahre war Louis kokainsüchtig, hatte mit verkorksten Liebesgeschichten, geistigem Verfall und horrenden Steuerproblemen zu kämpfen. Um seine Schulden abzubezahlen, versuchte Louis sich als Berufswrestler, eine Karriere, die an dem Tag endete, als ein 135 Kilo schwerer Klotz namens Rocky Lee auf seiner Brust landete, ihm zwei Rippen brach und den Herzmuskel verletzte. Ash Resnik, Sonny Listons guter Freund, besorgte Louis schließlich einen Job im CaesarsPalace als Grußonkel. Louis bekam Lohn und aß und spielte kostenfrei, als Gegenleistung stand und saß er herum und war Joe Louis. Für jeden mit einem Gedächtnis und einem Herz war Louis ein geschlagener Mann, einer, der sich seines Beitrags nie so recht bewußt war. »Manchmal«, sagte er einmal, »wünschte ich, ich hätte das Feuer eines Jackie Robinson, dann würde ich mich äußern und die Geschichte der Schwarzen erzählen.« Als Louis schließlich 1981 im Alter von sechsundsechzig Jahren starb, wurde er im Caesars Palace feierlich aufgebahrt.
Es fiel dem stolzen jungen Ali schwer, Louis
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