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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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mit Schreien wie »Lyncht ihn! Bringt den Nigger um!« verfolgt. Obwohl es die Zeit Booker T. Washingtons und der Strategien vonVerständigung und allmählicher Annäherung war, bliebJohnson rebellisch. Er war wahrscheinlich der geschmähteste Schwarze seiner Zeit, und er versuchte zu zeigen, daß ihn das nicht kümmerte. Er spielte sogar mit dem sexuellen Subtext des Hasses, der gegen ihn gerichtet war. Er hatte Affären mit jungen weißen Frauen und Prostituierten; seine Frau, eine Weiße namens Etta Duryea, erschoß sich 1912, ein Jahr nach ihrer Heirat. Als er Reporter einlud, ihm beim Training zuzusehen, wickelte er seinen Penis in Gaze und stellte seine Pracht in knappen Shorts zur Schau. Johnson war wunderbar in seinem Rebellentum. Er besaß grotesk teure Autos und trank alte Weine mit dem Strohhalm. Er las englische, französische und spanische Literatur (besonders angetan hatten es ihm die Romane von Dumas) und spielte Baßviole. Als er das Cabaret de Champion in Chicago eröffnete, stattete er das Etablissement mit silbernen Spucknäpfen aus.
    Schließlich setzte sich das weiße Establishment gegen ihn durch und zwang ihn zu einem längeren Exil. Johnson wurde nach dem Mann Act angeklagt, das die gewerbliche Prostitution und die Beförderung von Frauen über Staatsgrenzen zu unmoralischen Zwecken verhindern sollte. Johnson entging dem Gefängnis, indem er durch Kanada und Europa reiste. Schließlich kehrte er in die USA zurück und saß seine Strafe in Leavensworth ab; 1915 verlor er seinen Titel in Havanna an Jess Willard; später behauptete er, er habe absichtlich verloren. Er beendete seine Karriere als Promoter seines eigenen Nachlasses und als Anekdotenerzähler in einem Kuriositätenkabinett. Muhammad Ali war sich der Parallelen mit seinem eigenen Leben durchaus bewußt. Jahre später sagte er im Gespräch mit James Earl Jones, der Johnson in
Die große weiße Hoffnung
spielte, in seiner Verbannung aus dem Ring, nachdem er den Kriegsdienst verweigert hatte, habe sich »die Geschichte wiederholt«.
    »Allmählich fand ich Gefallen an Jack Johnsons Image«, sagte er. »Ich wollte grob, hart, arrogant sein, ein Nigger, den die Weißen nicht mochten.«
    Nach Johnsons Abschied vom Ring blieb die Krone bis Anfang der dreißiger Jahre bei weißen Champions. Daß sie systematisch alle schwarzen Herausforderer mieden, lag so klar auf der Hand, daß die führenden schwarzen Schwergewichtler um die Ehre, Champion ihrer Rasse zu werden, untereinander kämpften. Als Jack Dempsey 1919 gegen Jess Willard den Titel gewann, beeilte er sich, der Nation zu versichern, er werde die Herausforderungen der großen schwarzen Boxer jener Zeit, darunter Sam McVey, Sam Langford und Harry Wills, keinesfalls annehmen. Wills und Langford durften achtzehnmal gegeneinander antreten, während die offizielle Weltmeisterschaft über zwei Jahrzehnte hin ausschließlich von Weißen ausgetragen wurde: Willard, Dempsey, Gene Tunney, Max Schmeling, Jack Sharkey, Primo »the Ambling Alp« (»der gemächliche Alpenberg«) Carnera, Max Baer und Jim Braddock.
    Die endlose Ära der Weißen wurde schließlich 1937 von Joe Louis beendet, als er Braddock schlug und Weltmeister im Schwergewicht wurde. Louis behielt den Titel bis zu seinem ersten Rücktritt 1948. Einige Organe der Sportpresse waren von dieser Entwicklung so schockiert, daß sie überzeugt waren, Louis habe
wegen
seiner Rasse gewonnen, als hätte er dadurch einen unfairen Vorteil gehabt. In einem Leitartikel im New Yorker
Daily Mirror
war zu lesen, daß es »in Afrika Zehntausende kräftiger junger Wilder (gibt), die mit ein wenig Unterricht Mr. Joe Louis in die Pfanne hauen könnten«. Paul Gallico von der New Yorker
Daily News
, auch einer jener legendären, für seine aufgeklärten Ansichten bewunderten Sportjournalisten, konnte sich Louis nur als dummen, wenn auch prachtvollen Rohling vorstellen, alsBestie, die »lebt wie ein Tier, kämpft wie ein Tier, der die ganze Grausamkeit und Grimmigkeit eines wilden Wesens eignet«.
    »Ich konnte mich des starken Eindrucks nicht erwehren, daß vor mir ein gemeiner Mann war«, schrieb Gallico, »ein wahrhaft wilder Mensch, ein Mann, auf dem die Zivilisation nicht sicherer ruhte als ein Schal, den man sich über die Schulter wirft, kurz, daß vor mir vielleicht zum ersten Mal seit vielen Generationen der ideale Preisboxer stand. Ich hatte das Gefühl, mit einem wilden Tier im Raum zu sein.«
    Louis war der Sohn eines Farmpächters in

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