King of the World
zurückholt. Wenn er das täte, wäre sie die glücklichste Frau der Welt, und auch er wäre glücklicher. Ich kenne ihn besser als jeder andere.«
Sonji fing sich gut. Harold Conrads Frau bat sie, sie solle doch einmal ihr verführerisches rotes Kleid vorführen, worauf sie aufstand und darin umherging. Ali sah zu ihr hin, aber nicht lange. Später, als Ali mit den Muslims und den pakistanischen Mädchen am Tisch saß, saß Sonji bei Cassius Clay senior auf dem Schoß. Schließlich ging Ali schlafen, und Sonji ging mit Bundini zu einem Konzert Dean Martins in einem der Hotels. »Er sang ›Agita‹«, sagte Bundini. »Das perfekte Lied.«
Patterson besuchte Frank Sinatra in seiner Suite und entschuldigte sich für seine Leistung. Kein Weltmeister im Schwergewicht hat sich je mehr entschuldigt. Der Sänger wollte nichts davon hören. »Sinatra war nach meiner Niederlage ein völlig anderer Mensch«, sagte Patterson damals. »Ich unterhielt mich mit ihm in seiner Suite, und dann machte er etwas Seltsames. Er stand auf, ging auf die andere Seite des Raums und setzte sich dort hin, so weit weg, daß ich kaum mehr mit ihm reden konnte. Ich verstand. Dann ging ich.«
Schließlich mußte Ali noch den Verlierer trösten. Da er seine Überlegenheit im Ring nun bewiesen hatte, konnte Ali auch Großmut zeigen. Bei einem Fototermin für die Aprilausgabe von
Esquire
fragte er Patterson, wie es seinem Rücken gehe und ob er auf die Behandlungen anspreche.
Patterson sagte gegenüber Reportern, sie sollten den Champion anerkennen. »Er ist erst zweiundzwanzig«, sagte er, »ein Entertainer, ein sehr individualistischer junger Mann, dessen Leben alles andere als einfach ist. Das sollten sie ihm zugute halten.«
»Floyd, dafür, was du durchgestanden hast, müßtest du Ehrungen und Auszeichnungen kriegen, du bist ein guter, anständiger amerikanischer Junge, der für Amerika gekämpft hat«, sagte Ali. »Die ganzen Filmstars, die hinter dir stehen, die sollten zusehen, daß du keinen einzigen Tag in deinem Leben mehr arbeiten mußt. Es wäre eine Schande für die Regierung, wenn du dich irgendwo mal durchs Leben schlagen müßtest.«
Dann machte Patterson dem Champion das größte Kompliment, zu dem er fähig war. Er nannte ihn bei seinem richtigen Namen.
EPILOG
ALTE MÄNNER AM KAMIN
Berrien Springs, Michigan, 1989. Mit Lonnie.
Drei Monate nach Alis Sieg gegen Patterson begann sein Kampf mit der Regierung der Vereinigten Staaten. Die ohnehin schon komplizierte Geschichte mit seiner Musterungsbehörde wurde noch komplizierter. 1960, als er achtzehn war, hatte er sich in Louisville registrieren lassen. 1962 war er als 1-A eingestuft. Zwei Jahre später, nur wenige Wochen vor dem ersten Kampf gegen Liston, wurde er zur Musterungsbehörde der Armee nach Coral Gables bestellt, wo er sich den körperlichen und schriftlichen Tests unterziehen sollte, die für alle Wehrpflichtigen Pflicht waren. Er bestand den fünfzigminütigen Eignungstest nicht und erreichte dabei einen so niedrigen Wert, daß die Armee seinen IQ mit 78 bewertete.
Anschließend erklärte er schüchtern, er habe nicht nur nicht die Antworten gewußt, sondern auch die Fragen nicht verstanden. Das war eine Demütigung für ihn, doch wie immer versuchte er, das alles mit Humor zu überspielen. »Ich habe gesagt, ich bin der Größte«, sagte er allen. »Nicht der Klügste.« Die Armee stufte ihn auf sechzehn Prozent ein – vierzehn Punkte niedriger als Bestanden – und gab ihm eine 1-Y, untauglich für den aktiven Dienst. Zwei Monate später, Ali war nun Weltmeister, testete die Armee ihn erneut, um sicherzugehen, daß er nicht Unwissenheit vorschützte. Das war nicht der Fall.
Zwei Jahre später, nach dem Kampf gegen Patterson, kam Bob Lipsyte nach Miami, um einige Artikel über Ali zu schreiben und über den Beginn des Frühjahrstrainings zu berichten. »Ich weiß noch, wie ich an dem Morgen in meinem Hotel aufwachte und mir im Fernsehen eine Sitzungdes Senatsausschusses für Auswärtige Beziehungen ansah, die ersten wirklich hitzigen Debatten über Vietnam«, erinnerte sich Lipsyte. »Der Vorsitzende war William Fulbright, und er und Senator Wayne Morse nahmen General Maxwell Taylor so richtig in die Zange. Taylor trat mit einer sehr maskulinen Bestimmtheit auf, wie Generale es damals taten. Es war Anfang 1966. Die Stimmung im Land war noch immer gegen die Peaceniks und für den Krieg. Sie war noch nicht umgeschlagen. Doch in
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