Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
Vom Netzwerk:
aufgestanden sei und Liston in der neunten Runde »existentiell« geschlagen habe. Mailer hatte einiges getrunken.
    »Es war eine revolutionäre Idee, das muß ich zugeben«, sagte mir Jack McKinney, ein Sportreporter der
Philadelphia Daily News
und enger Freund Listons. »Wir waren praktisch die ganze Nacht im Playboy Mansion, und jedesmal, wenn Mailer wieder damit anfing, rückte ich ein Stück weiter von ihm weg. Ich glaube, er betrachtete mich als besondere Brücke zu Listons Leuten. Ich wollte ihn nicht beleidigen, aber was soll man da schon sagen?«
    Statt sich zwischen der Party und der Pressekonferenz aufs Ohr zu legen, verbrachte Mailer zwei Stunden damit, das Zimmermädchen anzubaggern, und ging dann in den Ballsaal des Hotels, in dem Liston erscheinen sollte. Er setzte sich ziemlich weit vorn auf einen Stuhl. Doch es zeigte sich, daß er nicht über die entsprechenden Papiere verfügte, jedenfalls glaubten das die Leute vom Hotel, und so wurde er aufgefordert zu gehen. Mailer beharrte darauf, er sei gebeten worden, auf der Pressekonferenz zu sprechen, und wurde laut.
    »Wenn Sie nicht gehen, müssen wir Sie mit Gewalt entfernen«, sagte einer der Sicherheitsleute.
    »Dann entfernen Sie mich mit Gewalt«, beharrte Mailer. Doch bevor sie sich daranmachen konnten, bat ein Reporterder
Times
Mailer (wie um die eigenartige Situation noch zu verschärfen) um eine Erklärung.
    »Ja«, sagte Mailer, »ich bin in der Absicht hergekommen, darzulegen, daß ich der einzige Mann im ganzen Land bin, der den zweiten Kampf Patterson–Liston zu einem Zwei-Millionen-Ding statt einer Zweihunderttausend-Dollar-Pleite in Miami machen kann. Für diesen zweiten Kampf möchte ich die Pressearbeit machen. Aus diversen, auch privaten Gründen muß ich während der nächsten beiden Monate eine Menge Geld verdienen.«
    Daraufhin legte ein Sicherheitsmann Mailer die Hand auf die Schulter und fragte: »Kommen Sie jetzt mit?«
    »Nein.«
    »Dann müssen wir Sie hinaustragen.«
    »Tragen Sie mich hinaus.«
    Und so wurde Norman Mailer wie Graf Rotz am Ärmel auf seinem Stuhl aus dem Ballsaal getragen. Als er sich dann endlich wieder die Treppe hinauf und in den Ballsaal gezetert hatte, saß Liston schon auf dem Podium und beantwortete die üblichen Fragen nach dem Kampf. Ob er verletzt worden sei? (Nein.) Ob er gegen alle Guten antreten werde? (Selbstverständlich. Bringen Sie sie.) Was mit seiner Vergangenheit sei? (Was soll damit sein?) Jack McKinney hatte den Eindruck, daß einige Reporter Liston reizen, ihm die Rolle des Rüpels, des Ganoven aufzwingen wollten. »Sonny war von diesen Typen so oft getriezt worden«, sagte McKinney. »Er hatte das, was man ›Mutterwitz‹ nennt, ein schwarzes Konzept, es bedeutet das natürliche Bewußtsein, mit dem man geboren ist, das, was man von seiner Mutter mitbekommen hat. Hätte es eine Möglichkeit gegeben, Sonnys IQ dahingehend zu messen, hätte man ihn den Genies zurechnen müssen. Die Weißen wären schockiert gewesen, doch in den Billardsälen von West Philly wußten sie, daß esstimmte, auch wenn er manchmal dumm und naiv sein konnte. Er betrachtete jede Frage als Fangfrage und war entsprechend vorsichtig.«
    Dann erhob sich Mailer, um etwas zu sagen. Einige aus der Sportjournaille, Erzkonservative wie Dick Young von der New Yorker
Daily News
, die um ihre Vorrechte als Angehörige einer Bruderschaft bangten und die Mailers Ansehen in der Welt der Literatur nervös machte, fingen an zu grummeln. Für sie war Mailer keiner von ihnen. Er war ein Romanschreiber, ein Kunsttyp, kein Kampftyp. Manche sahen in Mailer einen Greenwich Village-Freak, einen Idioten, der erst zwei Jahre zuvor seine Frau mit einem Taschenmesser niedergestochen hatte. Doch Mailer ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und begann die Phantasien der vergangenen Nacht zu wiederholen, seinen Eindruck, daß Patterson gewonnen habe, seine Pläne, einen Rückkampf zu promoten. Das Gegrummel im Raum wurde lauter. Der Champion, der Mailer nicht kannte, wirkte neugierig, auch wenn er es nicht besonders lustig fand.
    »Also, ich bin zwar kein Reporter, aber ich möchte sagen …«, sagte Mailer.
    Jetzt versuchte jemand, Mailer niederzubrüllen.
    »Stopft der Nulpe das Maul!«
    »Nein«, sagte Liston, »laßt die Nulpe reden.«
    »Ich habe getippt, daß Floyd Patterson mit einem einzigen Schlag durch K. o. in der sechsten gewinnt«, sagte Mailer, »und ich glaube
immer
noch, daß ich recht hatte.«
    »Sie sind immer noch

Weitere Kostenlose Bücher