Kings of Cool: Roman (German Edition)
ein kleiner, dicker Hippie mit einer breiten Nase, krausen Haaren, einem vollen schwarzen Bart und einem verzückten Lächeln. Dafür ist Diane dünn, wie es sich gehört, mit langen, glatten, schwarzen Haaren, die sich bei Feuchtigkeit kräuseln, Hüften, die an Mutter Erde erinnern, und Brüsten, die zumindest teilweise für Stans verzücktes Lächeln verantwortlich sind.
Jetzt stehen sie total breit auf der Veranda des baufälligen Gebäudes, aus dem sie einen Buchladen machen wollen. Sie sind kürzlich erst aus Haight-Ashbury zugezogen, weil sich die Szene dort in Auflösung befindet und sie jetzt versuchen wollen, das Gemeinschaftsgefühl hier unten wieder aufleben zu lassen.
Kein Grund, sie zu hassen – sie hatten nie eine verfluchte Chance.
Linke Ostküsten-Eltern (»Die Rosenbergs waren unschuldig«), sozialistische Sommercamps (»Die Rosenbergs waren unschuldig«), Berkeley Anfang der Sechziger, Free Speech Movement, Friedensbewegung und Ronald Reagan (»Die Rosenbergs sind es gewesen«). Haight-Ashbury, Summer of Love, Trauung auf einem Feld in den Berkshires mit Blumenkränzen im Haar und einem Kasper, der Sitar spielt.
Sie sind
perfekte Produkte ihrer Zeit
Baby Boomer
Hippies
die nach Laguna gezogen sind, um dank der billigen Mieten im Canyon eine kleine Utopie zu verwirklichen und die frohe Botschaft der Liebe und des Friedens zu verbreiten, indem sie einen Buchladen eröffnen, wo es außer dem Tibetanischen Totenbuch , dem Anarchist Cookbook und On the Road auch noch Räucherstäbchen, Sandalen, psychedelische Poster, Rockalben, Batik-T-Shirts und Freundschaftsbändchen (wie gesagt: kein Grund, sie zu hassen) gibt, den ganzen Happy-Quatsch eben.
Und: Acid für die eingeweihten Angetörnten.
Doch der Plan hat einen Haken.
Geld.
Beziehungsweise das Nichtvorhandensein desselben.
Man braucht Geld, um eine heruntergekommene Bruchbude zu kaufen, sie zu renovieren und einen Hippiebuchladen draus zu machen, und sie haben keins.
Das ist das Problem mit dem Sozialismus.
Kein Kapital.
Auftritt Taco Jesus, der wie ein Erlöser cowboymäßig auf seinem Pferd ansurft ...
Noch mal scheiß drauf. Der Surfer/Cowboy-Vergleich, der amerikanische Westen, der am Pazifik endet, die Doktrin der Manifest Destiny, der Surfer, der nicht nach Westen reitet, sondern in entgegengesetzter Richtung – wen interessiert's?
Nur so viel soll gesagt sein: In Laguna Beach stießen die Surfer auf die Hippies.
Es musste passieren.
Der Unterschied zwischen einem Surfer und einem Hippie?
Ein Brett.
Im Prinzip sind beide dasselbe. Der Surfer war früher Hippie; genau genommen war er sogar der ursprüngliche Beatnik. Jahre bevor Jack und Dean sich auf den Weg machten, um Dharma zu finden, fuhr der Surfer bereits den Pacific Coast Highway auf der Suche nach einer guten Welle ab.
Dieselbe Sache.
Aber das wollen wir nicht vertiefen. Die Versuchung ist groß, aber wir haben eine Geschichte zu erzählen und die geht so:
Stan, Diane und ihre Leute wollen einen Laden eröffnen, und zwar eine Straßenecke von einem der besten Breaks an der Küste von Orange County entfernt –
Brooks Street –
dort, wo Taco Jesus alias »Der Doc« surft und umsonst Essen an alle und jeden verteilt
(Sozialismus)
und Stan Diane fragt: »Woher hat Taco Jesus das Geld, um Taco Jesus zu sein?«
»Treuhandfonds?«
»Irgendwie sieht er nicht danach aus.«
Stans Intuition täuscht ihn nicht, denn Raymond »Der Doc« Halliday wuchs in einer Arbeiterfamilie in einem Bungalow in Fontana auf und verbüßte zwei Haftstrafen im Jugendknast, einmal wegen Einbruchs und das andere Mal wegen Körperverletzung. Ray senior – ein Dachdecker – vererbte seinem Sohn eine gewisse Geschicklichkeit im Umgang mit dem Hammer, aber Geld?
Fehlanzeige.
Irgendwann zog der Doc runter an die Südküste, wo er das Surfen und Marihuana für sich entdeckte und merkte, dass man genug Geld zur Finanzierung von Ersterem verdient, wenn man Letzteres verkauft.
Jetzt sehen ihm Stan und Diane zu, wie er Tacos verteilt, und sie beschließen, ihn zu fragen, woher er die Kohle dafür nimmt. Sie überqueren den PCH , der sich unter dem Einfluss von Blotter-Acid in einen Fluss (die Autos darauf: Fische) verwandelt
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