Kings of Cool: Roman (German Edition)
lässt.
»Wie Ferienlager«, sagte John später, »nur dass man auch noch einen geblasen bekam.«
Dann ist der Sommer vorbei, und die Schule fängt wieder an.
46
John will nicht nach Hause.
»Du kannst nicht das ganze Jahr in der Höhle leben«, sagt der Doc. September bis Ende Oktober vielleicht, das würde noch gehen, aber dann schlägt das Wetter um, und Laguna ist nachts kalt und feucht. Die Atmosphäre bei John zu Hause ist nicht weniger kalt und feucht, inzwischen ist seine Mutter nicht mehr ansprechbar und sowieso meistens betrunken.
John zieht also mehr oder weniger beim Doc ein.
Das passiert ganz allmählich – John kommt nach der Schule und bleibt bis zum großen Spaghettiessen am Abend, danach kiffen alle ein bisschen. Er schläft auf der Couch oder in einem der drei Schlafzimmer bei einem der Mädchen, Docs Harem.
Irgendwann ist John dann einfach immer da, gehört schon fast zur Einrichtung, wird zum Maskottchen.
Docs Baby.
Er geht mit dem Doc surfen, hilft ihm, Tacos zu verteilen, und so langsam kapiert er, woher der Doc sein Geld hat.
Dope.
Allmählich bekommt John eine Vorstellung davon, was die Association ist und wer dazugehört. Die Jungs lassen in seiner Gegenwart dürftig verschleierte Andeutungen über ihre Fahrten nach Mexiko und die größeren Expeditionen nach Südasien fallen.
Eines Tages sagt John zum Doc: »Ich will mitmachen.«
»Wobei?«
»Komm schon«, sagt John.
Der Doc guckt ihn mit diesem charismatischen, schiefen Grinsen an und sagt: »Du bist vierzehn!«
»Fast fünfzehn«, sagt John.
Er mustert ihn. John ist ein ganz gewöhnlicher Grem, aber irgendwie hat er was. Der Junge war immer schon ein kleiner Erwachsener, jedenfalls behandeln ihn die Mädchen im Haus wie einen, ganz so klein kann er also nicht mehr sein.
Und der Doc hat ein Problem, bei dem ihm John möglicherweise helfen kann.
Geld.
Der Doc hat nämlich zu viel davon.
Das heißt, vielleicht nicht zu viel Geld an und für sich, niemand hat zu viel Geld – aber zu viel Bares in kleinen Scheinen.
Deshalb passiert jetzt Folgendes:
John rollt auf dem Skateboard mit einem Rucksack voller Dollarnoten aus dem Straßenverkauf, Ein-Dollar-Scheinen, Fünfern und Zehnern, zu den Banken in Laguna, Dana Point und San Clemente. Er marschiert rein und tauscht die kleinen Scheine gegen Fünfziger und Hunderter in Bündeln mit Banderole.
John weiß genau, zu welchen Kassierern er gehen muss, wer Geburtstagsgeschenke und Weihnachtszuschläge vom Doc bezieht.
Die Cops sehen einen langhaarigen dünnen Jungen in T-Shirt und Surferhose auf einem Skateboard – einen von Dutzenden nervtötenden Skatern auf dem Gehweg – und kommen im Leben nicht auf die Idee, dass ihm Tausende und Abertausende Dollar von der Schulter baumeln.
Manche Kinder tragen Zeitungen aus, John Bargeld.
Dafür macht der Doc fünfzig Tacken täglich locker.
Das Leben ist schön.
John lässt die Schule über sich ergehen, dreht seine Runden, holt sich seinen Fünfziger ab, fährt wieder zum Haus und steigt mit Mädchen ins Bett, die inzwischen immer häufiger auch schon mal über zwanzig sind und ihm eine Erziehung angedeihen lassen, wie er sie im Klassenzimmer nicht bekommt.
Klar ist das Leben schön.
Aber es könnte noch besser sein.
47
»Ich will mein eigenes Zeug dealen«, sagt er eines Tages zum Doc, als sie im Line-up auf die nächste Welle warten.
»Wieso?«, fragt der Doc. »Du verdienst doch gut.«
»Mit deinem Geld«, erwidert John. »Ich will mein eigenes Geld.«
»Ich weiß nicht, Mann.«
»Ich aber«, sagt John. »Hör zu, wenn du mich nicht belieferst, geh ich woanders hin.«
Der Doc denkt, wenn der Junge woanders hingeht, machen die ihn fertig oder ziehen ihn über den Tisch oder er tappt direkt in eine Polizeifalle. Wenn ich ihm das Zeug verkaufe, denkt der Doc, weiß ich wenigstens, dass er in Sicherheit ist.
Also dreht John jetzt nicht nur seine Cashrunde, sondern klebt sich auch fette Joints unter sein Skateboard und verkauft sie für fünf Dollar das Stück.
Jetzt verdient John richtig Geld.
Er gibt es nicht für Platten, Klamotten oder für Dates mit Mädchen aus. Er spart es. Er ist noch keine sechzehn, als er dem Doc ein Bündel Geldscheine in die Hand drückt und ihn bittet, ihm einen Wagen zu kaufen.
Einen wunderschön erhaltenen 1954er Plymouth Station Wagon.
48
Seht ihn euch an, unseren John.
Siebzehn Jahre alt und mietet nicht eins, sondern zwei Häuser in Dodge City.
In einem lebt er, in
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