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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Einzelbett ergab, einem Segeltuchstuhl, der völlig den Durchgang zur Spüle versperrte, einer chemischen Toilette und einer Kochplatte. Er öffnete zwei Flaschen Bier, die er aus einem kartongroßen Kühlschrank unter der Spüle geholt hatte.
    Er bot mir die Polsterbank an und klappte den kleinen Tisch zwischen uns auf. Ein einzelnes Bein schwang als Stütze herunter. Ich war effektiv eingeklemmt und konnte es mir nur bequem machen, indem ich mich seitwärts drehte. Greg nahm den Segeltuchstuhl und lehnte sich zurück, so daß er mich studieren konnte, während ich ihn studierte. Er sah Laurence Fife sehr ähnlich — glatte, dunkelbraune Haare, ein kantiges, glattes Gesicht, das sauber rasiert war, dunkle Augen, dichte dunkle Brauen, eckiges Kinn. Er wirkte jünger als fünfundzwanzig, aber sein Lächeln hatte den gleichen Anflug von Arroganz, den ich von seinem Vater her kannte. Er war sehr braun, die Wangenknochen leicht getönt von Sonnenbrand. Seine Schultern waren breit, sein Körper hager, seine Füße nackt. Er trug einen roten, baumwollenen Rollkragenpullover und abgeschnittene Jeans, die unten ausgefranst waren, fast zottig von gebleichten Fäden. Er nahm einen Schluck Bier.
    »Findest du, daß ich wie er aussehe?«
    »Ja«, sagte ich. »Paßt dir das?«
    Er zuckte die Achseln. »Ist doch kaum noch von Bedeutung«, sagte er. »Wir waren uns überhaupt nicht ähnlich.«
    »Wieso?«
    »Gott«, meinte er frotzelnd, »sparen wir uns die Vorreden und gehen gleich ins Persönliche, ja?«
    Ich lächelte. »Ich bin nicht sehr höflich.«
    »Ich auch nicht«, sagte er.
    »Worüber willst du denn zuerst reden? Übers Wetter?«
    »Geschenkt«, sagte er. »Ich weiß, weshalb du hier bist, also komm zur Sache.«
    »Erinnerst du dich noch gut an diese Zeit deines Lebens?«
    »Nicht, wenn ich es vermeiden kann.«
    »Nur für die Seelenklempner«, tippte ich an.
    »Da war ich, um meiner Mama eine Freude zu machen«, sagte er und lächelte flüchtig, als sei er sich bewußt, daß die Wendung »meine Mama« für sein Alter zu jungenhaft klang.
    »Ich habe einige Male für deinen Vater gearbeitet«, sagte ich.
    Er fing an, zum Zeichen seines Desinteresses mit dem Daumennagel das Flaschenetikett abzuschälen. Ich fragte mich, was er über seinen Vater alles gehört hatte, und beschloß kurzerhand, Laurence Fife keine posthumen Orden anzuhängen, damit ich nicht leutselig oder unaufrichtig klang.
    Ich sagte: »Ich hab gehört, er war ein echter Scheißkerl.«
    »Nicht verkehrt«, sagte Greg.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich selbst fand ihn gar nicht so übel. Er war korrekt zu mir. Ich vermute, er war ein komplizierter Mensch, und ich glaube, daß nicht viele Leute mit ihm vertraut geworden sind.«
    »Sie denn?«
    »Nein«, sagte ich. Ich setzte mich etwas anders. »Wie stehst du zu Nikki?«
    »Nicht besonders.«
    Ich lächelte. »Faß deine Antworten möglichst kurz, damit sie auch alle auf eine Zeile gehen«, sagte ich. Er biß nicht an. Ich trank eine Zeitlang Bier, dann stützte ich mein Kinn in die Faust. Manchmal bekomme ich es wirklich satt, Leuten Informationen aus der Nase zu ziehen, die nicht dazu in Stimmung sind. »Klapp doch den Tisch zusammen und laß uns nach draußen gehen«, sagte ich.
    »Wozu?«
    »Damit ich an die Luft komme, Ficker, oder was meinst du?«
    Er kicherte plötzlich und nahm seine langen Beine weg, als ich aus meiner Ecke glitt.
    Es hatte mich selbst überrascht, daß ich bissig zu ihm geworden war, aber es hängt mir zum Hals heraus, wenn die Leute glatt, mürrisch, vorsichtig oder verschlossen sind. Ich wollte offene Antworten, und zwar eine Menge. Und ich wollte wenigstens einmal eine Beziehung, die auf einer Art gegenseitigem Austausch beruhte, anstatt immer tricksen und manipulieren zu müssen. Ich wanderte ziellos umher, Greg auf den Fersen, und gab mir Mühe, mich zu beruhigen. Ihn traf keine Schuld, das wußte ich, und es ist mir sowieso verdächtig, wenn ich mich im Recht glaube und mißverstanden fühle.
    »Entschuldige, daß ich dich so angeschnauzt habe«, sagte ich.
    Der Wohnwagen war etwa zweihundert Meter vom Ufer entfernt. Mehrere größere Wohnwagen standen in der Nähe, alle zum See hin, wie eine sonderbare Tierhorde, die sich eingefunden hatte, um zu trinken. Ich zog meine Tennisschuhe aus, band sie an den Schnürsenkeln zusammen und hing sie mir um den Hals. Der Saltonsee hat eine milde bis nicht vorhandene Brandung, wie ein völlig gezähmtes Meer. Im Wasser ist keine

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