Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
Vegetation zu sehen und allenfalls ein paar Fische. Das gibt dem Strand ein merkwürdiges Flair, als wären die Gezeiten gefügig gemacht, besänftigt und alle Lebensformen beseitigt worden. Was bleibt, ist zwar vertraut, aber auf feine Weise verändert, wie ein Blick in die Zukunft, wo bestimmte Naturgesetze sich mit der Zeit gewandelt haben. Ich tat einen Tropfen Wasser auf meine Zunge. Der Salzgeschmack war stark. »Ist das Meerwasser?«
    Greg lächelte, offenbar unbeeindruckt von meinem Ausbruch vorhin. Er wirkte sogar freundlicher. »Du brauchst eine Lektion in Geologie«, sagte er. »Ich geb dir eine.« Es war das erste Mal, daß in seiner Stimme eine Spur von Begeisterung mitklang.
    »Sicher, warum nicht?«
    Er hob einen Stein auf und benutzte ihn wie ein Stück Kreide, als er eine grobe Karte in den nassen Sand zeichnete. »Das ist die Küste von Kalifornien, und das ist Baja. Hier drüben ist Mexiko. Direkt an der Spitze des kalifornischen Golfs liegt Yuma — mehr oder minder südöstlich von uns. Wir befinden uns hier«, sagte er deutend. »Der Colorado River kurvt direkt hier lang und da oben an Las Vegas vorbei. Das ist der Hoover-Damm. Dann geht er hier hoch und rüber nach Utah und von dort nach Colorado, aber den Teil können wir uns schenken. So«, sagte er und warf den Stein beiseite. Er begann mit der Fingerkuppe zu zeichnen und blickte zu mir auf, um zu sehen, ob ich zuhörte. »Den Bereich hier unten nennt man die Saltonsenke. Zweihundertdreiundsiebzig Fuß unter dem Meeresspiegel — so ungefähr. Würde der Colorado an der Stelle hier nicht eine Art natürlichen Damm bilden, wäre das ganze Wasser aus dem kalifornischen Golf schon längst in die Saltonsenke gelaufen — bis rauf nach Indio. Gott, ich klinke aus, wenn ich daran denke. Jedenfalls, der Saltonsee wurde vom Colorado selbst gebildet, war also ursprünglich Süßwasser. 1905 strömte er über — der Fluß eben; Millionen Hektoliter Wasser ergossen sich über einen Zeitraum von zwei Jahren hier herein. Mit Stein- und Holzdämmen wurde der Zufluß schließlich gestoppt. Das Salz, das nach und nach das Wasser gesättigt hat, stammt wahrscheinlich aus prähistorischen Zeiten, als diese ganze Gegend überschwemmt war.« Er stand auf und klopfte sich nassen Sand von den Händen. Offenbar war er zufrieden mit seinem Vortrag.
    Wir gingen weiter — er auf der Strandseite, ich mit bloßen Füßen durch das seichte Wasser. »Tut mir leid, wenn ich vorhin stur war«, sagte er leichthin. »Ich bin schlechter Laune, weil mein Boot aus dem Wasser ist. Fürs Land bin ich nicht geschaffen.«
    »Du hast dich immerhin noch gedreht«, bemerkte ich.
    »Weil du >Ficker< gesagt hast. Es kitzelt mich immer, wenn Frauen so reden. Bei dir erst recht. Es war das letzte, was ich aus deinem Mund zu hören erwartet hätte.«
    »Was machst du hier unten?« fragte ich. »Angeln?«
    »Das auch. Meistens segeln. Lesen. Bier trinken. Mich rumtreiben.«
    »Ich würde durchdrehn.«
    Greg zuckte die Achseln. »Ich kam durchgedreht hierher, also werde ich gesund.«
    »Nicht wirklich >durchgedreht<«, sagte ich.
    »Nicht nachweislich, nein.«
    »Sondern?«
    »Verlang nicht, daß ich den ganzen Salat erzähle«, sagte er freundlich. »Es langweilt mich schon. Frag mich was anderes. Drei Fragen. Wie Zauberwünsche.«
    »Wenn ich mich auf drei Fragen beschränken soll, kann ich gleich nach Hause fahren«, sagte ich, aber grundsätzlich war ich bereit, auf das Spiel einzugehen. Ich schaute zu ihm hinüber. Er sah weniger wie sein Vater aus und mehr wie er selbst. »Was weißt du noch aus der Zeit, unmittelbar bevor er starb?«
    »Das hast du mich schon mal gefragt.«
    »Ja, und prompt kamst du mir auf die mürrische Tour. Ich will dir sagen, warum ich das frage. Vielleicht kommen wir dann weiter. Ich würde gerne die Ereignisse, die seinem Tod vorausgegangen sind, rekonstruieren. Vielleicht die ganzen letzten sechs Monate, bevor er umgebracht wurde. Ich meine, vielleicht war er in irgendeinen Rechtsstreit verwickelt — eine Privatfehde. Vielleicht zankte er mit einem Nachbarn wegen einer Grundstücksgrenze. Jemand hat es ja getan, und da muß es eine Kette von Ereignissen gegeben haben.«
    »Damit kenne ich mich nicht aus«, sagte er. »Ich kann dir zwar erzählen, was in der Familie war, aber sonst weiß ich nichts.«
    »Das geht in Ordnung.«
    »Wir fuhren damals im Herbst hier runter. Das ist mit ein Grund, warum ich wieder hergekommen bin.«
    Ich hätte gern noch eine

Weitere Kostenlose Bücher