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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Wangen. »Er war so ein Scheißkerl, und ich hatte ihn so lieb. Ich weiß, Greg haßte ihn wie die Pest, aber ich fand ihn einfach toll. Mir war es egal, wenn er herumgevögelt hat. Dafür konnte er nichts. Sein ganzes Leben war einfach verkorkst. Wirklich.«
    Sie putzte sich die Augen mit dem Kleenexknäuel ab und holte dann noch mal tief Luft. Sie angelte in ihrer Handtasche nach einer Puderdose.
    »Warum läßt du dein Seminar nicht sausen und fährst heim?« sagte ich.
    »Tu ich vielleicht«, meinte sie. Sie betrachtete sich im Spiegel. »Ach Gott, ich bin ein Wrack. So kann ich nirgends hingehen.«
    »Tut mir leid, daß ich das ausgelöst habe. Ich glaub, ich fühle mich schlimmer als du«, sagte ich einfältig.
    »Nein, laß mal. Es war ja nicht deine Schuld. Es war meine. Jetzt muß ich’s wahrscheinlich auch noch meinem Doktor erzählen. Er wird denken, es ist kathartisch. Er liebt diesen Stuß. Wahrscheinlich wird es jetzt jeder erfahren. Gott, das hat mir noch gefehlt.«
    »Hey, ich muß es vielleicht erwähnen, aber nur vielleicht. Ich weiß das wirklich noch nicht, aber ich denke, daß es keine Rolle mehr spielt. Wenn jemand entschlossen war, deinen Vater umzubringen, hätte er es so oder so getan. Das steht doch fest.«
    »Wahrscheinlich. Jedenfalls ist es nett, daß du es sagst. Ich fühle mich besser. Ich wußte nicht mal, daß mich die Sache noch belastet hat, aber das muß sie wohl.«
    »Bist du jetzt auch bestimmt okay?«
    Sie nickte und schenkte mir ein kleines Lächeln.
    Wir sagten uns auf Wiedersehen, was noch einige Minuten in Anspruch nahm, dann ging sie zu ihrem Auto. Ich sah zu, wie sie wegfuhr, und danach warf ich das Album für Colin auf den Rücksitz meines Wagens und düste los. Obwohl ich es ungern zugab, hatte sie wahrscheinlich recht. Wäre der Hund im Haus gewesen, hätte niemand etwas anrichten können. Aber ob der Hund drinnen oder draußen war, tot oder lebend, Libby Glass hätte er mit Sicherheit nicht geschützt. Und wenigstens ein Stück aus dem Puzzlespiel paßte jetzt. Es schien zwar nicht viel auszusagen, aber offenbar legte es den ungefähren Zeitpunkt des Eindringens in das Haus fest, falls der Mörder auf diese Weise den Austausch vorgenommen hatte. Es kam mir vor, als hätte ich definitiv die erste Lücke geschlossen. Kleiner Fortschritt, doch er gab mir ein gutes Gefühl. Ich fuhr zurück zum San Bernardino Freeway in Richtung L. A.

16

    Als ich zurück zum Hacienda kam, ging ich ins Büro, um mich nach telefonischen Nachrichten zu erkundigen. Arlette hatte vier, aber drei davon waren, wie sich herausstellte, von Charlie Scorsoni. Sie lehnte einen Ellenbogen auf die Theke, während sie etwas Klebriges und Dunkelbraunes kaute, das in Mürbeteig gegossen war.
    »Was ist denn das?«
    »Trimm-Line-Diät-Knabberriegel«, sagte sie. »Sechs Kalorien das Stück.« Etwas von der Füllung schien zwischen ihren Zähnen zu kleben wie Plombiermasse, und sie fuhr sich mit den Fingern über das Zahnfleisch, um wieder Klebzeug hinterherzuschieben. »Sehen Sie sich mal das Etikett an. Ich wette, in diesem Nahrungsmittel ist kein einziger natürlicher Bestandteil. Milchpulver, gehärtetes Fett, Eipulver und ein ganzer Rattenschwanz von chemischen Beimischungen und Zusätzen. Aber wissen Sie, was? Ich habe festgestellt, daß richtige Nahrung nicht so gut schmeckt wie künstliche. Ist Ihnen das mal aufgefallen? Damit muß man sich abfinden. Organisches Essen schmeckt fad und verwässert. Nehmen Sie eine Supermarkttomate. Das ist doch zum Heulen, wie die schmeckt.« Ich bemühte mich, meine Nachrichten durchzugehen, aber sie machte es mir schwer.
    »Bestimmt ist in dem Ding noch nicht mal echtes Mehl«, sagte sie. »Ich meine, die Leute reden zwar, daß Fertigfutter bloß leere Kalorien enthält, aber wer braucht denn volle? Ich mag sie leer. Ich denke mir, dann ist auch Schluß mit dem Zunehmen. Dieser Charlie Scorsoni hat sich wirklich drangehalten, was? Einmal rief er von Denver an und dann von Tucson aus und gestern abend von Santa Teresa. Was er wohl möchte? Er hörte sich süß an.«
    »Ich bin auf meinem Zimmer«, sagte ich.
    »Na, in Ordnung. Ist recht. Falls Sie die Anrufe erwidern wollen, läuten Sie einfach hier an, und ich verbinde Sie.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Ach ja, und Ihre Telefonnummer in Las Vegas hab ich ein paar Leuten gegeben, die keine Nachricht hinterlassen wollten. Das geht hoffentlich in Ordnung. Sie hatten nicht gesagt, ich dürfte keine Anrufe

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