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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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noch nicht mal, daß Diane ihn von nahem sah. Sie rief die Abdecker, und die kamen ihn abholen. Er war schon einige Zeit tot. Es hat uns alle deprimiert. Er war ein großartiges Tier.«
    »Guter Wachhund?«
    »Super«, sagte er.
    »Was ist mir Mrs. Voss, der Haushälterin? Was war sie für ein Typ?«
    »Ganz nett wohl. Sie kam anscheinend mit jedem aus«, sagte er. »Ich wünschte, ich wüßte mehr, aber das ist so ungefähr alles, was ich sagen kann.«
    Ich trank mein Bier aus, stand auf und streckte ihm meine Hand hin. »Danke, Greg. Es kann sein, daß ich dich noch mal sprechen muß. Falls du einverstanden bist.«
    Er küßte meinen Handrücken, als wäre es ein Jux, aber ich war fast sicher, daß er etwas anderes meinte. »Glückliche Reise«, sagte er sanft.
    Ich lächelte vor unerwartetem Vergnügen. »Hast du mal den Film Young Bess gesehen? Mit Jean Simmons und Stewart Granger? Da sagt er das zu ihr. Er war dem Untergang geweiht, oder vielleicht auch sie — ich hab’s vergessen. Zerriß mir das Herz. Paß mal auf, ob er nicht eines Tages im Spätprogramm kommt. Ich fand ihn stark, als ich jung war.«
    »Du bist bloß fünf oder sechs Jahre älter als ich«, sagte er.
    »Sieben«, erwiderte ich.
    »Dieselbe Ecke.«
    »Ich laß dich wissen, was ich herausfinde«, sagte ich.
    »Viel Erfolg.«
    Als ich losfuhr, sah ich durch das Wagenfenster zurück. Greg stand im Eingang des Wohnwagens, und das Fliegengitter erzeugte noch einmal das geisterhafte Trugbild von Laurence Fife.

15

    Ich erreichte Claremont um sechs Uhr, indem ich über Ontario, Montclair und Pomona fuhr; alles Stadtbezirke ohne richtige Städte, ein Phänomen, das für Kalifornien bezeichnend ist. Eine Reihe von Einkaufszonen und Siedlungsgebieten erhält eine Postleitzahl und wird auf der Landkarte Realität. Claremont ist eine Besonderheit insofern, als es einem schmucken mittelwestlichen Dorf mit Ulmen und Lattenzäunen ähnelt. Die jährliche Parade zum 4. Juli setzt sich zusammen aus Kazoo-Kapellen, einem Kinderzug auf kreppapiergeschmückten Fahrrädern und einem sich selbst karikierenden Team von Ehemännern in Bermudashorts, schwarzen Socken und Straßenschuhen, die in geschlossener Ordnung mit elektrischen Rasenmähern exerzieren. Abgesehen vom Smog, könnte man Claremont direkt als »malerisch« betrachten, mit dem Mount Baldy als ungeschlachtem Hintergrund.
    Ich hielt an einer Tankstelle und rief die Nummer an, die Gwen mir von Diane gegeben hatte. Sie war nicht da, aber ihre Zimmergenossin sagte, sie käme gegen acht nach Hause. Ich lenkte den Indian Hill Boulevard hinauf und bog links in die Baughman. Meine Freunde Gideon und Nell wohnen dort im zweiten Haus mit zwei Kindern, drei Katzen und einem Whirlpool. Nell und ich kennen uns seit meinen Collegetagen. Sie ist ein Wesen von klugem Verstand und sarkastischem Humor, das gelernt hat, über mein Erscheinen vor ihrer Tür nicht allzu erstaunt zu sein. Sie schien sich ungeachtet des Überfalls zu freuen, und ich setzte mich in ihre Küche und sah ihr beim Suppenkochen zu, während wir uns unterhielten. Nach dem Abendbrot rief ich noch mal bei Diane an, und wir verabredeten uns zum Lunch. Danach schlüpften Nell und ich aus den Kleidern und stiegen in den Whirlpool auf der Terrasse. Wir hatten eisgekühlten Wein und uns noch eine Menge Neuigkeiten zu erzählen. Gideon hielt gnädig die Kinder in Schach. Ich schlief diese Nacht auf der Couch mit einer zusammengerollten Katze auf der Brust und sann darüber nach, ob es so ein Leben jemals auch für mich geben könnte.

    Ich traf mich mit Diane in einem jener Roggenbrot-und-Körner-Restaurants, die alle gleich aussehen: viel leinölgestrichenes Holz und gesunde Hängepflanzen, Makramee und bleiverglaste Fenster, dazu Kellner, die keine Zigaretten rauchen, aber wahrscheinlich an allem anderen ziehen würden, was qualmt. Unserer war dünn, mit schütteren Haaren und einem dunklen Schnurrbart, den er sich unentwegt strich, und er nahm unsere Wünsche mit einem Ernst entgegen, den meines Erachtens kein Sandwich verdient. Ich bestellte Avocadobirne mit Schinken. Sie nahm ein »Vegetarisches Vergnügen«, in Pitabrot verpackt.
    »Greg sagt, er hat dich erst mal wie Dreck behandelt, als du da runter kamst«, meinte sie und lachte. Irgendeine Soße troff aus einem Spalt in ihrem Pitabrot, und sie schleckte sie ab.
    »Wann hast du denn mit ihm gesprochen? Gestern abend?«
    »Klar.« Sie nahm wieder einen unhandlichen Mundvoll, und ich sah zu, wie

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