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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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noch mal mit Tillie zu sprechen. Ich schloß den Wagen auf und stieg ein, als mir plötzlich das Papierknistern in meiner Jeanstasche auffiel. Ich zog das Bündel Rechnungen heraus, das Tillie mir gegeben hatte, und ein unwillkürliches »Ooohh« entschlüpfte mir. Gerade hatte mir gedämmert, was Pat Usher da oben gesucht haben könnte. Elaines Reisepaß. Als ich die Wohnung das zweite Mal durchsucht hatte, war er mir zugefallen, und ich hatte ihn in meine hintere Jeanstasche gesteckt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn mit ins Büro genommen zu haben, also mußte er irgendwo in meiner Wohnung liegen. War Pat eingebrochen, um ihn zu suchen? Wenn sie ihn gefunden hatte, saß sie wahrscheinlich schon in einem Flugzeug Richtung Ende der Welt. Andererseits hatte Leonard das Geld von der Versicherung noch nicht kassiert, also waren die beiden vielleicht noch irgendwo in der Stadt.
    Ich ließ den Wagen an und fuhr los, entschlossen, aus der Gegend zu verschwinden, bevor die Cops auftauchten. Verbissen dachte ich nach. Pat und Leonard mußten zuerst Marty ausgeschaltet haben, dann hatten sie Elaine Boldt erledigt, vielleicht, weil sie dahintergekommen war, was passierte. Auf jeden Fall muß ihnen ihr Tod völlig neue Möglichkeiten eröffnet haben. Sie hatten nun Zugang zu ihrem Eigentum und allen ihren Bankkonten erlangt und bedienten sich aus ihrem Guthaben, während Leonard die erforderlichen sechs Monate abwartete, um Martys Nachlaß einzustreichen. Die Auszahlung daraus war vielleicht nicht besonders groß, aber zusammen mit Elaine Boldts Vermögen wuchs der Profit. Wenn Leonard einmal die alleinigen Besitzrechte an dem Eigentum an der Via Madrina erlangt hatte, konnte er es für hundertfünfzehntausend verkaufen. Wahrscheinlich war das Grundstück ohne das Haus sowieso noch mehr wert. In der Zwischenzeit mußte er nun den gramgebeugten Gatten spielen und Desinteresse an dem Fortgang der Dinge heucheln. Dadurch sammelte er nicht nur Sympathien, sondern lenkte die Aufmerksamkeit von seiner wirklichen Motivation ab, die von Anfang an finanzieller Art gewesen war. Der Plan hätte reibungslos funktionieren können, wenn nicht Beverly Danziger aufgetaucht wäre und eine Routineunterschrift unter ein unwichtiges Dokument gebraucht hätte. Pats Behauptung, Elaine sei mit Freunden in Sarasota, würde keiner genaueren Nachforschung standhalten, weil Elaines Aufenthalt nicht wirklich begründet werden konnte. Aber wie sollte ich jemals irgend etwas davon beweisen? Ich spekulierte wie verrückt und stellte hier und da wahrscheinlich ein paar falsche Vermutungen an. Aber selbst wenn ich alles genau vor der Nase hätte, müßte ich irgendeinen konkreten Beweis haben, den ich mit zur Polizei nehmen konnte.
    In der Zwischenzeit hatte Leonard mir erfolgreich den Weg blockiert und hielt mich im Zaum, zumindest, was die Versicherungsgesellschaft anging. Ich wagte nicht, zurückzufahren und ihn nochmals zu befragen, und ich wußte, daß ich besser mit allen Befragungen dieser Welt vorsichtig sein sollte. Jede Spur, die ich verfolgte, würde aus seiner Sicht als Verleumdung, Belästigung oder Diffamierung interpretiert werden. Wo hatte ich mich da hineinmanövriert? Leonard Grice und Pat Usher würden meine Nachforschungen abblocken müssen, oder das ganze Unternehmen würde einstürzen und sie unter sich begraben.
    An einem Baumarkt machte ich halt und kaufte eine Fensterscheibe, dann fuhr ich nach Hause. Ich mußte Elaines Reisepaß finden. Ich durchsuchte die Abfalltüten, schaute hinter Sofakissen und unter Möbel und in all die anderen Verstecke, in die ich Krimskrams zu stecken pflege. Ich erinnerte mich nicht, ihn abgeheftet zu haben, und es war mir nicht in den Sinn gekommen, ihn zu verstecken. Ich wußte, daß ich ihn nicht weggeworfen hatte, was hieß, daß er hier irgendwo sein mußte. So blieb ich dort stehen, machte eine 3 60-Grad-Drehung und suchte jede Ecke des Zimmers ab — Schreibtischplatte, Bücherregal, Kaffeetischchen, die kleine Theke, die die Kochnische abteilt.
    Ich ging zum Wagen hinaus und sah ins Handschuhfach, in den Kartenköcher, hinter die Sitze, hinter die Sonnenblende, in die Aktentasche, die Jackentasche — Scheiße. Zurück in die Wohnung und noch mal von vorn. Wo hatte ich das verdammte Ding hingelegt? Er könnte im Büro sein. Ich entschied mich, es da noch mal zu versuchen, nachdem CF geschlossen hatte und Andy Montycka nach Hause gegangen war. Mein Gott, was wußte der schon? Ich hatte

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