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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hier und da graste Wild, und ein Gebirgsbach strömte zwischen den Felsen hinunter. Sie stopfte Wattebäusche mit einer Häkelnadel in die Rückseite des Stoffes. Das Wild wurde dreidimensional ausgebeult, umgeben von Stichen, so daß sich ein Steppeffekt ergab.
    »Was ist das?« fragte ich und setzte mich. »Stopfen Sie es aus?«
    Sie lächelte leicht. Sie hatte nun doch ihrer neuen Dauerwelle freien Lauf gelassen, und ihr Kopf war ein Nest dichter, krauser Locken in der Farbe von Aprikosen. »Ja, genau. Man nennt es Trapunto. Wenn ich fertig bin, lasse ich es auf Holz ziehen und einrahmen. Ich mach das für den Kirchenbazar im Herbst. Dies ist Watte, die ich aus den Deckeln von Tablettengläsern gesammelt habe, also, wenn Sie das nächste Mal ein Tylenol oder ein paar Grippetabletten öffnen, verwahren Sie mir die Packung. Setzen Sie sich. Ich habe Sie seit Tagen nicht mehr gesehen. Was haben Sie gemacht?«
    Ich gab ihr eine Zusammenfassung der Ereignisse seit Freitag, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ich zensierte ein bißchen. Ich erzählte ihr, wie ich den Kater gefunden hatte, aber ich ließ das Drogenversteck weg; das Mike in der Hütte nebenan unterhalten hatte. Ich erzählte ihr von Aubrey Danziger und meiner späteren Konfrontation mit Beverly, von den Koffern, der Reise nach Florida, der drohenden Gerichtsklage und Mikes Geschichte über Leonard Grice, der hier oben eine Freundin haben sollte. An dieser Stelle nahm sie die Brille ab und schlug mit den Bügeln gegen die Ränder.
    »Das glaube ich nicht«, sagte sie tonlos. »Mike muß high gewesen sein.«
    »Nun, natürlich war er high, Tillie, aber ein bißchen Gras läßt ihn nicht gleich halluzinieren.«
    »Dann hat er das erfunden.«
    »Ich erzähle Ihnen nur, was er mir gesagt hat«, meinte ich.
    »Ja, aber wer um alles in der Welt könnte das sein? Ich bin bereit, zu garantieren, daß Leonard mit keiner meiner Bewohnerinnen eine Affäre hatte! Und von seiner Beschreibung her müßte das Elaines Apartment gewesen sein, und das ist einfach unmöglich.«
    »Ach, hören Sie auf, Tillie. Seien Sie nicht naiv. Das ist die perfekte Umgebung. Warum sollte er nicht eine Frau hier gehabt haben?«
    »Weil es niemanden hier in dem Gebäude gibt, auf den die Beschreibung paßt.«
    »Was ist mit der Frau in Apartment 6? Die, von der Sie dachten, daß sie früh aufgewesen sein könnte, an dem Tag, als in Ihrer Wohnung eingebrochen worden war?«
    »Sie ist fünfundsiebzig.«
    »Aber es gibt noch eine Menge anderer Bewohner.«
    »Jungverheiratete Paare. Kinsey, ich habe mehr alleinstehende Männer , die auf Leonard stehen könnten, als alleinstehende Frauen.«
    »Das glaube ich auch. Was ist mit Elaine? Warum sollte sie es nicht gewesen sein?«
    Tillie schüttelte störrisch den Kopf.
    »Was ist mit Ihnen?«
    Tillie lachte und tätschelte sich die Wange. »Nun, ich fühle mich geschmeichelt. Ich möchte gerne daran glauben, daß ich noch in der Lage bin, draußen auf der Straße die Hüften zu schwingen, aber er ist nicht ganz mein Typ. Abgesehen davon kennt Mike mich. Er hätte mich auch im Dunkeln erkannt.«
    Das mußte ich zugeben. Ich konnte mir Tillie in Wirklichkeit auch nicht in einer innigen Umarmung mit Leonard Grice vorstellen. Das paßte einfach nicht.
    »Was ist denn mit Elaine?« beharrte ich. »Was wäre, wenn sie und Leonard eine Sache laufen hatten und beschlossen, seine Frau auszuschalten? Sie führt die Tat aus, während er an dem Abend in der Wohnung seiner Schwester ist. Sie fährt ein paar Tage später nach Florida, taucht das nächste halbe Jahr unter und wartet darauf, daß er seine Sachen geregelt kriegt, damit sie zusammen ins Blaue abhauen können. Als sie merken, daß ich etwas spitzgekriegt habe, geben sie Gas, um aus der Stadt zu verschwinden.«
    Tillie starrte mich lange an. »Wer ist dann Pat Usher?«
    Ich zuckte wieder die Achseln. »Vielleicht haben sie sie als Hilfskraft beteiligt, und sie deckt die beiden.«
    »Aber wer ist eingebrochen und warum? Ich dachte, Sie seien überzeugt, daß Pat Usher das gemacht hat.«
    Ich fühlte, wie ich ärgerlich wurde. »Ich habe nicht auf alles eine Antwort, Tillie! Ich sage nur, daß es möglich ist, daß er sein Schätzchen hier versteckt hatte. Vielleicht war es Pat.«
    Sie sagte kein Wort. Sie setzte nur ihre Brille wieder auf und begann das Gebirge mit Watte zu stopfen. Sie beulte es so aus, daß es wirkte wie der Mount St. Helen, bevor er ausbrach.
    »Kann ich den Schlüssel zu der

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