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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und beobachtete ihn dabei, wie er im Näherkommen den Helm abnahm. Oh verdammt, es war Mike. Da hätte ich drauf kommen können. Das Rosa seines Irokesenkamms schien zu verbleichen, und ich fragte mich, ob er es mit Rye-Tönung, Lebensmittelfarbe oder gekochter Roter Bete wieder auffrischte. Er war verärgert.
    »Mein Gott, ich hupe Sie schon seit einigen Blocks an! Wieso haben Sie mich nie zurückgerufen? Ich habe am Montag eine Nachricht auf Ihrem Anrufbeantworter hinterlassen«, sagte er.
    »Sorry. Mir war nicht klar, daß du das hinter mir warst. Ich dachte, du hättest gesagt, du würdest mich wieder anrufen.«
    »Ja, hab ich ja versucht, aber ich habe ständig diese Maschine dranbekommen, da hab ich’s aufgegeben. Wo waren Sie?«
    »Nicht in der Stadt. Ich bin gestern abend erst wiedergekommen. Warum? Was ist los?«
    Er zog die Motorradhandschuhe aus und steckte sie in den Helm, den er in der Armbeuge umfaßt hielt. »Ich glaube, mein Onkel Leonard hat eine Freundin. Ich dachte, das könnte Sie interessieren.«
    »Ach, tatsächlich? Wie hast du das herausgefunden?«
    »Ich war dabei, dieses... äh... Zeug aus der Hütte an seinem alten Haus zu räumen, und ich sah ihn in das Gebäude nebenan gehen.«
    »Die Wohnanlage?«
    »Hm, ja, so nennt man das wohl. Das große Apartmentgebäude.«
    »Wann war das?«
    »Sonntag abend. Deshalb hab ich Sie am Montag morgen so früh angerufen. Zuerst war ich nicht sicher, ob er das war. Ich habe zwar gedacht, daß es sein Wagen war, der da draußen anhielt, aber es war fast dunkel, und ich konnte nicht so viel erkennen. Ich dachte, er würde wegen irgend etwas zum Haus kommen und hab wie verrückt Dope in meine Taschen gepackt. Mensch, ich wußte nicht, wie ich erklären sollte, was ich da machte. Schließlich war ich so in Panik, daß ich in die Hütte geflitzt bin und die Tür zugehalten und durch den Spalt gelinst hab. Statt dessen ging er dann da hinüber.«
    »Und wie kommst du darauf, daß er eine Freundin hat?«
    »Weil ich ihn mit ihr gesehen habe. Ich hatte nichts anderes zu tun, also ging ich über die Straße und versteckte mich hinter einem Baum und wartete, bis sie rauskamen. Er war nur fünf oder zehn Minuten da drin, und dann ging das Licht aus, im zweiten Stock links. Kurz darauf kamen sie raus und packten irgendein Zeug in den Kofferraum und stiegen in den Wagen.«
    »Hast du sie gut erkennen können?«
    »Nicht genau. Von da aus, wo ich stand, war es schwierig, richtig zu sehen, und sie liefen ziemlich schnell. Dann, als sie im Wagen saßen, fielen sie übereinander her. Er sprang ihr fast auf den Schoß da vorne auf den Vordersitzen. Es war irgendwie verrückt. Ich meine, gewöhnlich sieht man es Leute in dem Alter nicht mehr miteinander treiben, verstehen Sie, was ich meine? Und überhaupt habe ich ihn mir nie so vorstellen können. Ich dachte, er wär einfach so ein vertrockneter Furz, der keinen mehr hochkriegt. Ich hätte nicht gedacht, daß noch so viel in ihm steckt.«
    »Mike, der Mann ist vielleicht zweiundfünfzig Jahre alt. Würdest du wohl damit aufhören! Wie sah sie aus? Hast du sie vorher schon einmal gesehen?«
    Mike hielt sich eine Hand ans Kinn. »Sie ging ihm ungefähr bis hier. Das ist mir aufgefallen. Sie hatte ihre Haare mit einem Tuch zurückgehalten — wie eine Babuschka, oder wie immer das heißt. Ich glaube nicht, daß ich sie vorher schon mal gesehen habe. Ich meine, es war nicht so, daß ich dachte, ach ja, das ist ja die alte Dingsbums oder so. Sie war einfach irgendeine Alte.«
    »Paß auf, tu mir einen Gefallen. Such dir einen Stift und Papier und schreibe das alles auf, solange es dir noch frisch im Gedächtnis ist. Notiere das Datum und die Uhrzeit und alles, was dir sonst noch einfällt. Du brauchst nicht zu sagen, was du hier getrieben hast. Du kannst immer behaupten, daß du rüberkamst, um etwas im Haus zu kontrollieren oder so was. Würdest du das tun?«
    »Okay, klar. Was werden Sie unternehmen?«
    »Darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht«, meinte ich.
    Ich ging zum Wagen zurück und wurde fünf Minuten später durch den Türöffner unten in die Halle und zu Tillies Wohnung gelassen.
    Sie wartete an der Tür auf mich, und ich folgte ihr in das Wohnzimmer. Tief auf der Nase trug sie eine Brille und schaute mich über deren Ränder hinweg an. Sie setzte sich in den Schaukelstuhl und nahm eine Handarbeit auf. Es sah aus wie ein großes Stück Polsterstoff, das mit Bildern von Gebirgen und Wald bedruckt war;

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