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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und wissen Sie auch, warum nicht? Ich glaube, Marty Grice wird kehrtmachen und uns ebenfalls ermorden. Sie muß.«
    Keine Reaktion. Vielleicht war das, was ich sagte, für sie genauso wenig Realität wie für diese Idiotin mit dem Geburtstagskuchen. Die war jetzt dabei, Eier aufzuschlagen, und ihr Gesicht wurde mit Eigelb bespritzt. Hier wurden einfache Gesetzmäßigkeiten der Natur verletzt, um sie zur Zielscheibe des Spottes zu machen. Nun kommt der Ehemann herein. Angesichts des Chaos, das sie angerichtet hat, fällt ihm die Kinnlade herunter. Neue Lachkrämpfe brachen aus. Ich fragte mich, ob ich jemals im Leben dermaßen über etwas gelacht hatte.
    Ich fragte: »Wo sind sie gerade hingefahren? Verlassen sie die Stadt?«
    Lily lachte laut. Die Blondine hatte die Backschüssel auf dem Kopf ihres Mannes entleert. Sie zeigte es ihm. Ein paar Takte der blöden Titelmelodie der Show wurden gespielt, und der Sender schwenkte auf Werbung um. Ich langte hinüber und stellte den Ton ab. Lautlos rutschte ein Hund auf der Jagd nach einer Dose gehackter Leber über das Linoleum.
    »Heh«, drängte ich, »Leonard ist in Schwierigkeiten. Werden Sie ihm helfen oder nicht?«
    Sie schaute zu mir hinüber, und ich sah, wie ihre Lippen sich bewegten. Ich beugte mich näher zu ihr.
    »Entschuldigung. Wie bitte?«
    Die Anstrengung stand ihr im Gesicht geschrieben, und ihre Augen schienen fahrig. Sie beobachtete mich mit der ganzen Konzentration einer Betrunkenen, abhängig und unkontrolliert. »Leonard hat nie jemandem etwas zuleide getan«, meinte sie. »Er hatte keine Ahnung, was sie da tat, bis es zu spät war.«
    Ich dachte an Mikes Bericht über die leidenschaftliche Liebe Leonards zu seiner Frau. Ich betrachtete ihn zwar nicht als unschuldiges Opfer dieser ganzen Geschichte, aber ich hielt meine große Klappe. »Solange er etwas weiß, ist er in Gefahr. Wenn Sie mir sagen würden, wohin sie unterwegs sind, könnte ich ihn da rausholen.«
    Sie flüsterte: »Bloß nach Los Angeles, bis der neue Reisepaß für Marty ankommt, und dann fliegen sie nach Südamerika.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Vielleicht sehe ich ihn niemals wieder«, sagte sie. »Und wir haben uns immer so nahegestanden. Ich kann ihn nicht hintergehen. Ich kann ihn nicht verraten, verstehen Sie das nicht?«
    »Sie versuchen, das Beste für ihn zu tun, Lily. Er wird das verstehen.«
    »Es war grauenvoll. Es war ein Alptraum. Als Sie auftauchten, dachte ich, er würde sterben vor Angst. Er hatte beinahe einen Herzanfall, und da kam sie dann zurück. Sie glaubt, Sie hätten Elaines Reisepaß mitgenommen, und sie tobt wegen der Verzögerung. Er fürchtet sie. Er hatte immer schon Angst vor ihren Wutanfällen...«
    »Natürlich. Ich fürchte mich selbst vor ihr. Sie ist verrückt. Haben sie die Koffer bei sich im Wagen?«
    Jetzt brach sie zusammen und gab klein bei. Die Vorstellung, daß Leonard sie verlassen hatte, schmerzte zu sehr, und das Bild der gepackten Koffer brach ihr das Herz. Es war zu viel. Was spielte schon noch eine Rolle, jetzt, wo er sie verließ?
    »Sie sind weggefahren, um zu packen«, erwiderte sie. Ihre Stimme kam keuchend, und ihre Nase hatte zu laufen angefangen. »Deshalb sind sie weg. Ins Motel oben am Paß und dann ins Haus. Sie stritten sich darum, aber sie wollte sie nicht zurücklassen, weil sie ein Beweis wäre.«
    »Was zurücklassen?«
    »Die... äh... wissen Sie...«
    »Die Mordwaffe?«
    Lily nickte und nickte. Ich dachte, sie könnte nicht mehr aufhören. Es war, als ob sich Bänder im Nacken gelöst hätten und ihr Kopf nun dazu bestimmt wäre, unaufhörlich zu wak-keln. Sie sah aus wie einer dieser Hunde mit dem lockeren Kopf, die sich manche Leute in das Rückfenster ihres Wagens setzen. »Lily, hören Sie mal zu. Ich möchte, daß Sie die Polizei rufen. Gehen Sie in ein Nachbarhaus und bleiben Sie da, bis jemand kommt. Verstehen Sie? Kommen Sie. Brauchen Sie noch etwas? Einen Pullover, eine Handtasche?« Ich hätte sie am liebsten angeschrien, sich zu beeilen, aber ich wagte es nicht. Mit ihren erschöpften, traurigen Augen schaute sie mich an, und ihr Blick war so vertrauensvoll wie der eines Hundes. Ich half ihr auf die Beine, stellte den Fernseher aus und schaffte sie dann nach draußen. Ich suchte die Straße ab, aber niemand war in Sicht. Ich konnte nicht glauben, daß Leonard zuließ, daß Marty ihr was antat, aber wir wußten ja alle, wer das Kommando hatte. In mancher Hinsicht hatte ich das Gefühl, Zeit zu

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