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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Esel eine Ladung Bananen um die Kurve zog und ein anderer Karren seinen Platz einnahm. Nicht verwunderlich, daß die Hausspezialitäten sich auf Cuba Libres und Banana Daiquiries beschränkten, doch es hatte auch keiner was dagegen, wenn man etwas für Erwachsene bestellte. Derek trank einen Beefeater-Martini und ich ein Glas Weißwein, von dem sich mir der Mund zusammenzog wie eine Vorhangkordel. Ich hatte gesehen, wie der Barkeeper ihn aus einer Literflasche eingegossen hatte, die man an jedem Kiosk billig bekommt. Das Etikett war von einer der Kfellereien, bei denen die Traubenpflücker ständig streiken, und ich erwog die Möglichkeit, daß sie auf die Ernte gepinkelt hatten, um sich für die unfairen Arbeitsbedingungen zu rächen.
    »Was denken Sie über diese Geschichte mit Bobby?« fragte ich Derek, als ich meinen Mund schließlich entkräuselt hatte.
    »Seine Behauptung, daß es ein Mordversuch war? Ach Gott, ich weiß nicht. Mir klingt es ganz schön weit hergeholt. Er und seine Mutter glauben daran, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum jemand so was machen sollte.«
    »Was ist mit Geld?«
    »Geld?«
    »Ich habe überlegt, wem es finanziell zugute kommt, wenn Bobby stirbt. Ich habe Glen schon das gleiche gefragt.«
    Derek begann sich über sein Doppelkinn zu streichen. Das Übergewicht ließ ihn aussehen, als habe er ein normal großes Gesicht über ein viel größeres gestülpt. Die Wangen waren nichts als überflüssiges Fleisch, das ihm an den Seiten hinunterhing. »Das wäre aber ein ziemlich auffälliges Motiv, würde ich sagen«, meinte er. Er hatte den skeptischen Gesichtsausdruck eines Mannes, der in einem Bühnenstück spielt: ein übertriebener Effekt für das Publikum fünfundzwanzig Reihen weiter hinten.
    »Ja, aber ihn die Brücke hinunterzudrängen, war ebenfalls auffällig. Klar, wenn er in dem Wrack gestorben wäre, hätte niemand etwas gemerkt«, sagte ich. »Es kommt sowieso jedes halbe Jahr oder so ein Wagen von der Paßstraße ab, weil jemand die Kurve zu schnell genommen hat, also hätte es als ein einfacher, selbstverschuldeter Unfall abgetan werden können. An der hinteren Stoßstange, wo der andere Fahrer aufgefahren ist, wären ein paar Beulen gewesen, aber wenn sie Bobbys Wagen erstmal den Berg hochgehievt hätten, wäre wohl keiner mehr darauf gekommen, was wirklich passiert war. Ich nehme an, es gab keine Zeugen.«
    »Nein, und ich bin nicht sicher, ob man darauf zählen kann, was Bobby sagt.«
    »Und das heißt?«
    »Nun, er hat offensichtlich ein begründetes Interesse daran, jemand anderem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Der Junge will nicht offen zugeben, daß er getrunken hatte. Er ist sowieso fast immer zu schnell gefahren. Sein bester Freund wurde getötet. Rick war Kittys fester Freund, wissen Sie, und sein Tod warf sie völlig aus der Bahn. Ich habe nicht die Absicht, an Bobbys Version der Geschichte zu zweifeln, aber sie kam mir immer schon in einem gewissen Maße eigennützig vor.«
    Erstaunt über seinen veränderten Tonfall betrachtete ich Dereks Gesicht. Das war eine interessante Theorie, und ich hatte den Eindruck, daß er eine Weile darüber nachgedacht hatte. Doch es schien ihm Unbehagen zu bereiten, daß er vorgab, beiläufig und objektiv zu sein, während er tatsächlich dabei war, Bobbys Glaubwürdigkeit zu untergraben. Ich war sicher, daß er nicht gewagt hatte, seine Theorie Glen gegenüber zu erwähnen. »Sie meinen, Bobby hat das erfunden?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete er ausweichend. »Ich denke schon, daß er daran glaubt. Aber nebenbei kann er auf diese Art den Kopf aus der Schlinge ziehen, oder?« Sein Blick glitt von meinem fort, und er signalisierte dem Barkeeper, daß er noch mal das gleiche wolle. Dann sah er mich wieder an. »Sind Sie bereit für das nächste Glas?«
    »Sicher, warum nicht?« Ich hatte zwar meinen Wein noch nicht ausgetrunken, aber ich hoffte, er würde sich wohler fühlen, wenn er glaubte, daß ich Drink für Drink mit ihm mitzog. Martinis bringen einen zum Reden, und ich war neugierig, was dabei herauskommen würde, wenn seine Zunge erst gelöst war. Ich konnte bereits diesen besonderen Blick in seinen Augen ausmachen, etwas Schlüpfriges und Rosafarbenes, das auf seinen Hang zum Alkohol hinwies. Er fummelte in seiner Hemdtasche herum und nahm die Schachtel Zigaretten heraus. Sein Blick war auf das Diorama geheftet, wo ein kleiner mechanischer Mexikaner mit einer Machete gerade wieder den Baum

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